Gefahr für deutsche Wirtschaft: Wie China den Markt mit seinen Produkten überschwemmt

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Die drei größten Volkswirtschaften der Welt – die USA, China und Deutschland – ringen um das Thema Überkapazitäten. Denn günstige chinesische Produkte überschwemmen den Weltmarkt.

Berlin – China ist Deutschlands wichtigster Handelspartner. Doch das Verhältnis ist angespannt: Die Volksrepublik wirft große Mengen günstiger Produkte auf den Weltmarkt und bedroht damit ganze Branchen – in Deutschland, den USA und vielen anderen Ländern. Die Politik ruft Peking zum fairen Wettbewerb auf, dabei ist klar: Die chinesische Produktion ist noch längst nicht am Limit ihrer Kapazitäten.

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Ein Mitarbeiter arbeitet an einer Solarzelle in einer Fabrik in der Stadt Huzhou. China beherrscht etwa 80 Prozent des Weltmarktes für Photovoltaik-Panele. © IMAGO / VCG

Deutschland will Abhängigkeiten von China reduzieren, das gelingt nur teilweise

Der Ukraine-Krieg zeigte die Abhängigkeiten der deutschen Wirtschaft schmerzlich auf. Eine vollständige Abkopplung von China ist in einer globalisierten Welt zwar keine Option. Doch Deutschland bemühe sich „Risiken zu reduzieren und unsere Anfälligkeit zu verringern. Diversifizierung ist eine Investition in die Sicherheit“, schrieb Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) im vergangenen Jahr in einem Gastbeitrag für den Guardian. Wenige Tage zuvor hatte Peking die Ausfuhr von wichtigen Metallen in die EU und die USA eingeschränkt.

Diese Rohstoffe sind für die Herstellung von Halbleitern, E-Autos und Produkten in der Telekommunikationsbranche essenziell. Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) ist der Abbau von Abhängigkeiten bisher nur teilweise gelungen. Ein Problem sind auch die günstigen Produkte, die China in Massen auf den Weltmarkt wirft. „Chinas Exportschwemme bedroht die Industrie in vielen Ländern, auch hierzulande“, heißt es in einem Beitrag des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW).

Wettbewerbsvorteile durch Subventionen? Chinas Strategie auf dem Weltmarkt

Staatliche Subventionen sind in China insbesondere in Branchen mit grüner Technologie wie Windkraft oder Elektroautos gang und gäbe. Über 99 Prozent der börsennotierten chinesischen Unternehmen erhielten im Jahr 2022 direkte staatliche Unterstützung, wie Daten des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) zeigen. Die Taktik: Schlüsseltechnologien kommen so schnell zur Marktreife. Unternehmen erhalten zudem bevorzugten Zugang zu kritischen Rohstoffen und können so expandieren und in EU-Märkte vordringen.

Das ist für Deutschland nicht nur negativ: Den billigen Produkten aus China ist es teilweise zu verdanken, dass die Inflation hierzulande so schnell zurückging. Die EU-Kommission startete aber unlängst eine Prüfung der Subventionen für chinesische Solarhersteller, Elektroautos und Windturbinen. Der Verdacht: Diese könnten unerlaubt sein, um China einen Vorteil zu verschaffen. In letzter Konsequenz würden Strafzölle drohen. Ein zweischneidiges Schwert, denn ein waschechter Handelskrieg könnte folgen.

Solar-Riese China beherrscht den Weltmarkt: Das sind die Folgen für Deutschland

Zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt, den USA und China, sind die chinesischen Überkapazitäten ein Thema. US-Finanzministerin Janet Yellen reiste kürzlich nach China und zeigte sich besorgt über die chinesische Überproduktion von Elektrofahrzeugen, Solarpanelen, Halbleitern und anderen Gütern. Chinas Wirtschaft hat Probleme. Gerade stufte die Rating-Agentur Fitch den Ausblick für die Volksrepublik auf „negativ“ herunter. Im Inland sinkt die Nachfrage – und die chinesischen Produkte landen vermehrt auf dem Weltmarkt.

Als konkretes Beispiel für die Folgen nannte die Finanzministerin eine US-Solarfirma, die wegen günstiger Solarzellen aus China ihr Geschäft aufgeben musste. „Es ist wichtig, dass so etwas nicht noch einmal passiert“, so die US-Amerikanerin. In Deutschland kennt man das Problem: Noch 2011 lag die Zahl der Beschäftigten in der Solarbranche hierzulande bei über 150.000. Mittlerweile gingen rund 100.000 dieser Stellen wieder verloren, wie Daten des Umweltbundesamtes zeigen. Seit 2011 schuf China indes 300.000 neue Arbeitsplätze in der Solar-Produktion.

Die Volksrepublik dominiert derzeit mehr als 80 Prozent des Weltmarkts von Solarmodulen, wie aus einer Analyse der Internationalen Energieagentur (IEA) hervorgeht. „China hat maßgeblich dazu beigetragen, die Kosten für Solar-PV weltweit zu senken, was zahlreiche Vorteile für den Übergang zu sauberer Energie mit sich bringt“, so die IEA, die von einer Kostensenkung von über 80 Prozent spricht. Gleichzeitig schaffe der Grad der geografischen Konzentration in globalen Lieferketten auch potenzielle Herausforderungen.

Olaf Scholz reist nach China: Balanceakt zwischen Abhängigkeit und Konkurrenz

Auch die Autoindustrie insbesondere in den USA, aber auch in Deutschland steht durch die chinesischen Überkapazitäten unter Druck. Während im vergangenen Jahr 30 Millionen Fahrzeuge in China vom Band rollten, läge die Kapazität Schätzungen zufolge laut ntv bei 50 Millionen. Statt wie im vergangenen Jahr fünf Millionen Autos könnten künftig deutlich mehr auf dem Weltmarkt landen, so die Befürchtung. China ist nicht nur Deutschlands wichtigster Handelspartner, sondern derzeit auch der schwierigste.

Das Land sei „gleichzeitig Partner, Wettbewerber und systemischer Rivale“, heißt es in der China-Strategie der Bundesregierung. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will am kommenden Samstag in die Volksrepublik reisen. „Wir erwarten, dass wieder mehr Vertrauen geschaffen wird zwischen den Regierungen“, sagte Maximilian Butek von der Handelskammer Ostchina. „China braucht Deutschland – und will die Geschäftsbedingungen vor Ort verbessern. Olaf Scholz sollte die Verhandlungsbereitschaft nutzen, muss aber die richtigen Prioritäten setzen“, fordert IW-Ökonom Jürgen Matthes.

Das seien: „Ein Abbau der Überkapazitäten und ein Eindämmen der Exportschwemme“. Und dann gibt es noch ein weiteres Problem: Inmitten aller aktuellen geopolitischen und wirtschaftlichen Krisen schwelt unterschwellig auch der Konflikt zwischen Taiwan und China. Für Peking ist Taiwan eine „abtrünnige Provinz“, Staatspräsident Xi Jinping sieht eine „Vereinigung“ als „historische Aufgabe“. Ein chinesischer Angriff auf den Inselstaat wäre nicht nur für die Bewohner eine Katastrophe, sondern auch für die Weltwirtschaft. Taiwan ist weltweit führend in der Produktion von Halbleitern.

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