China vertreibt deutsche Solarhersteller – Start-ups übernehmen Produktion
Die Solarbranche steht unter enormem Druck. Klassische Hersteller treten den Rückzug aus Deutschland an. Mehrere Start-ups nehmen den Kampf auf.
Dresden – Meyer Burger, Heckert Solar, Solarwatt. Gleich drei große Solarhersteller haben innerhalb der letzten Monate angekündigt, ihre Produktion in Deutschland herunterfahren zu wollen. Im Fall Meyer Burger steht gar eine Umsiedlung in die USA bevor. Jetzt haben gleich mehrere Start-ups aus der Solarbranche Pläne, selbst in die Produktion zu gehen.
Sunmaxx plant Produktionswachstum
Der aktuellste Fall betrifft Sunmaxx, ein Unternehmen aus Dresden. Im Gegensatz zu ein paar anderen Akteuren, die eher in der Vermietung und im Verkauf tätig sind, produziert Sunmaxx bereits Solarmodule. „Bisher gibt es eine Produktionslinie für 120.000 Solarmodule mit einer Kapazität von 50 Megawatt elektrisch, das entspricht dem Bedarf von 5000 Einfamilienhäusern pro Jahr“, zitierte die Frankfurter Allgemeine Zeitung Wilhelm Stein, den Geschäftsführer von Sunmaxx.

Jetzt wolle Sunmaxx die Produktion weiter hochfahren. Vorerst soll sie auf 2000 Module pro Woche steigen; zwei Dutzend Mitarbeiter bauen sie zusammen. Bis zum Jahresende plant Sunmaxx eine Aufstockung auf 80 Mitarbeiter. Am Standort in Ottendorf-Okrilla nahe Dresden sei genug Platz für die Produktion von Modulen mit einer Kapazität von bis zu 500 Megawatt. Im Falle weiterer Expansion, erklärt Stein, will das Unternehmen noch einen Standort in der Nähe suchen.
Solarbranche wankt unter chinesischer Produktflut
Das grundlegende Problem für die deutschen Hersteller ist nach wie vor China. Über viele Jahre hinweg hat das Land eine unschlagbare Produktionskette für Photovoltaik aufgebaut. 87 Prozent aller nach Deutschland importierten Solaranlagen stammen aus China, weltweit hat das Reich der Mitte 80 Prozent aller Anteile an der Photovoltaikherstellung. Die billigen Geräte überfluten den europäischen Markt und brachten die hiesigen Hersteller unter gewaltigen Druck.
Was China konkret so stark gemacht hat, ist nicht völlig klar. Einerseits, so berichtete Forbes, ist die billige Kohle ein gewaltiger Vorteil – diese braucht China ironischerweise massenhaft, um die Solaranlagen herzustellen. Außerdem pumpt die Regierung viel Geld in die Sparte, zuletzt machen immer wieder Berichte über Zwangsarbeit die Runde. Das Time Netzwerk argumentierte dazu in eine ähnliche Richtung; ein Großteil der chinesischen Photovoltaik-Produktion soll in von Uiguren bewohnten Regionen stattfinden. Uiguren sind die Bevölkerungsgruppe, die laut Medienberichten am meisten von Zwangsarbeit betroffen ist. Peking hatte das mehrfach dementiert.
„Wir kommen über Innovation rein“ – So hebt Sunmaxx sich ab
Nun stellt sich die Frage: Wäre Sunmaxx nicht einfach von denselben Problemen betroffen wie Meyer Burger und Solarwatt, wenn es versucht, seine Solarproduktion hochzufahren? Nein, stellte Geschäftsführer Stein fest. Denn am Produkt gebe es signifikante Unterschiede. „Das Kernproblem ist, dass sie ein MeToo-Produkt haben“, sagte Stein und meinte damit die Hersteller, die sich jetzt zurückziehen. Ihre Produkte würden sich nicht ausreichend von chinesischen unterscheiden. Bei Sunmaxx ist das anders; der Konzern stellt Module her, die neben Strom auch Wärme produzieren. Eigenen Angaben zufolge hat Sunmaxx einen Entwicklungsvorsprung von zwölf bis 18 Monaten gegenüber Wettbewerbern.
„Wir kommen über Innovation rein“, erklärte Stein. „Unser Produkt gibt es nur von uns, deshalb müssen wir auch keine Einfuhrzölle fordern.“ Trotzdem habe Stein nichts gegen staatliche Unterstützung. Um den Vorsprung aufrechtzuerhalten, müsse Sunmaxx nämlich weiter in die Entwicklung investieren. „Geld in Unternehmen zu stecken, die auf dem Weltmarkt nicht konkurrenzfähig sind, ergibt wenig Sinn. Sinnvoll wäre es, Unternehmen zu fördern, die einen Wettbewerbsvorteil haben, denn dann kommen wir auch wieder in die Wertschöpfung rein.“
Solarbranche hofft auf Unterstützung
Diese staatliche Unterstützung hatte innerhalb der Solarbranche für einen weiteren Konfliktherd gesorgt. Irgendeine Reaktion aus der Politik müsse es geben, da sind sich die Solarunternehmen einig. Allerdings steht noch nicht fest, wie die aussehen soll. In Indien gibt es seit längerer Zeit Strafzölle auf chinesische Module, weil dort das exakt selbe Problem die indischen Hersteller ins Wanken gebracht hatte.
Unternehmen wie Enpal und 1KOMMA5° hatten sich gegen eine solche Maßnahme ausgesprochen. Angesichts dessen, dass sie viele Module aus China beziehen und hier vermieten oder verkaufen, ist das kein Wunder. Es sind bereits sogenannte Resilienzboni im Gespräch. Die Erklärung dazu: Kunden, die europäische Solaranlagen kaufen, erhalten Rabatte. Enpal hatte für Resilienzausschreibungen plädiert, wie sie auch im Net Zero Industry Act der EU verordnet sind. Eine Entscheidung über die tatsächlichen Maßnahmen steht noch aus.
Enpal plant ebenfalls Produktion in Deutschland
Neben Sunmaxx hatte auch Enpal angekündigt, in Deutschland in die Produktion einsteigen zu wollen. Dazu besteht aktuell der Plan, das Werk zu übernehmen, das Meyer Burger aufgeben will. „Als größter Solaranbieter in Deutschland sind wir bereit, uns am Aufbau einer diversifizierten europäischen Solarindustrie zu beteiligen. Diese Transformation muss jetzt zügig im Einklang mit der Politik eingeleitet werden”, sagte Mario Kohle, CEO und Gründer von Enpal, in einer Unternehmensmeldung. Im Laufe des heutigen Mittwoch will Enpal dazu weitere Informationen mitteilen.