Nächstes Ampel-Desaster: Solar-Riese Meyer Burger verlässt Deutschland – 500 Mitarbeiter verlieren Jobs
Der Solarhersteller Meyer Burger beendet die Produktion der Solarzellen in Deutschland. Für die Branche kam die Ankündigung wenig überraschend.
Berlin – Die Meldung darüber, dass Meyer Burger die Produktion in Deutschland einstellen will und in die USA abwandert, stößt in der Branche auf Ärger und Resignation. Im Wesentlichen ist aber keiner überrascht über die Entscheidung des Schweizer Unternehmens, die Modulproduktion im sächsischen Freiberg zu schließen. Dass 500 Mitarbeiter bis Ende April ihre Jobs verlieren werden, liegt nach Ansicht der Branche an der Unfähigkeit der Bundesregierung, eine Entscheidung zu treffen, wie sie die Bedingungen hierzulande verbessern kann.
Die wollte eigentlich in dieser Woche ein Solarpaket beschließen, um die deutsche Produktion im Land zu halten. Doch mal wieder hakt es, die Ampel-Koalition kann sich nicht auf einen Pfad einigen. Wie mehrere Branchenvertreter dieser Redaktion bestätigten, wird das Vorhaben aktuell von der FDP blockiert. Das Wirtschaftsministerium will mit Subventionen die Produzenten im Land halten – was die Liberalen ablehnen. Und auch in der Branche selbst wird seit Wochen heftig darüber gestritten, ob Subventionen – sogenannte „Resilienzboni“ – der richtige Weg sind, oder nicht. In der Solarbranche tobt also im Kleinen der Kampf, der gerade die Gesamtwirtschaft im Großen beschäftigt.
Europas Solarbranche kämpft an zwei Fronten
Das Problem der hiesigen Solarbranche lässt sich aktuell in zwei Worten zusammenfassen: China und USA. Asiatische bzw. chinesische Hersteller fluten derzeit den europäischen Markt mit sehr billigen Komponenten, deren Produktion Peking staatlich unterstützt. Und auch in den USA ist 2022 der Inflation Reduction Act hinzugekommen, der Unternehmen im Bereich der Energiewende mit attraktiven Subventionen lockt. Entsprechend sind auch schon mehrere Unternehmen in den Westen gezogen, jüngst auch Porsche mit einer neuen Batteriefabrik, die sie eigentlich im heimischen Baden-Württemberg bauen wollten.
Europa kämpft also ein zwei Fronten. Sie kann angesichts der Standortbedingungen nicht mit der außereuropäischen Konkurrenz mithalten. In der Solarwirtschaft sieht das dann so aus: Innerhalb von anderthalb Jahren sind die Preise für Solarmodule von durchschnittlich 26.000 Euro auf 19.000 Euro gesunken. Was für Verbraucher gut ist, ist für die deutsche Branche ein Desaster.
Meyer Burger setzt dem Vernehmen nach jetzt auf milliardenschwere Förderungen in den USA: Aus dem Inflation Reduction Act (IRA) resultiere eine kumulierte förderfähige Summe von bis zu 1,4 Milliarden Dollar, die ab dem Produktionsbeginn im Jahr 2024 bis Ende 2032 monetarisiert werden könne. Meyer Burger ist der einzige Hersteller, der Solarzellen industriell in Europa fertigt. Neben Thalheim in Sachsen-Anhalt hat Meyer Burger in Deutschland auch Werke in Freiberg und Hohenstein-Ernstthal in Sachsen. Der Hauptsitz des Konzerns ist in Thun in der Schweiz.
Solarwatt reagiert: „Keine Überraschung“
Einer der Konkurrenten von Meyer Burger, die Firma Solarwatt, reagiert auf Anfrage mit dem Satz: „Das ist für uns gar keine Überraschung“. Meyer Burger sowie auch sie als Solarmodulproduzent warnen schon seit mindestens sechs Monaten vor genau diesem Schritt, wenn nicht entschieden Maßnahmen ergriffen würden. „Es kommen nicht die richtigen Signale aus der Bundesregierung. Entweder sie will eine Produktion in Deutschland, oder nicht. Und wenn sie es will, dann muss sie auch mal machen“.

Auch Solarwatt hatte vor wenigen Wochen angekündigt, über eine Beendigung der Modulproduktion in Deutschland nachzudenken. „Wenn gar nichts passiert, müssen wir darüber nachdenken, wie es mit unserer Produktion weitergeht“, sagte der Solarwatt-Chef Detlef Neuhaus gegenüber dem Handelsblatt.
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Im Gespräch mit Ippen.Media betonte der Pressesprecher jedoch, dass die Entscheidung von Meyer Burger für Solarwatt erstmal keine weiteren Konsequenzen habe. Und auch wenn sie die Produktion einstellen müssten, bliebe das Unternehmen mit seinen anderen Unternehmenssparten in Deutschland. „Darüber hinaus hat das Unternehmen bereits vor Jahren seine Fabrikstandorte weltweit diversifiziert. Heute fertigt Solarwatt sowohl in Deutschland als auch in Asien und ist damit unabhängig von nationalen politischen Entscheidungen“, so die Firma. Von den 600 Beschäftigten in Deutschland wären bei einer Werksschließung etwa 120 betroffen, heißt es weiter.
Branchenverband fordert endlich politisches Handeln
Der Bundesverband Solarwirtschaft BSW spricht von einem „Jammer, wenn bei Deutschlands letzten Solarmodul-Produzenten jetzt die Lichter ausgehen müssen“, so Geschäftsführer Carsten Körnig. „Lange Lieferengpässe durch die Corona-Pandemie sowie die Energiekrise im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg haben schmerzhaft aufgezeigt, dass eine zu starke Abhängigkeit von einzelnen Lieferländern sehr teuer werden kann.“ Es brauche dringend eine Reaktion aus der Politik – wie es die Branche schon seit Monaten fordert.
Dass etwas passieren muss, darüber ist man sich in der Solarwelt einig. Nur beim „wie“ hakt es teils gewaltig. So gewaltig, dass es mittlerweile in einen öffentlichen Streit zwischen Subventionsbefürwortern und -gegnern gemündet ist. Während die Produzenten wie Meyer Burger, Heckart Solar und auch der Verband BSW auf eine subventionspolitische Antwort auf den IRA pochen, sehen Unternehmen wie 1Komma5°, Zolar und Enpal darin noch mehr Gefahren. „Das führt zu Marktverzerrungen und zu noch mehr Bürokratie. Das ist nicht der richtige Weg“, sagte Zolar-Geschäftsführerin Sarah Müller jüngst zu Ippen.Media. Allein die Ankündigung einer solchen Förderung führe dazu, dass potenzielle Kunden ihre Investitionen zurückstellen, um später davon zu profitieren. Das habe die Vergangenheit schon mehrmals gelehrt. „Der Markt liegt dann brach“, sagt sie. Stattdessen brauche es verbesserte Standortbedingungen, weniger Bürokratie, Steuervorteile und eine Weiterentwicklung der Qualität.
So oder so: Die Entscheidung von Meyer Burger ist erstmal ein Rückschlag für die Ampel. Ihr ist es nicht gelungen, die Warnungen der Branche rechtzeitig zu hören und gegenzusteuern. Das Ende der Solarwirtschaft in Deutschland könnte jetzt wirklich besiegelt sein.