Exodus in der Solarbranche – Diese Unternehmen wollen für Meyer Burger einspringen

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Die Solarbranche wankt unter massiven Dumpingpreisen aus China. Meyer Burger, einer der großen Solarhersteller, verlässt Deutschland. An seine Stelle treten zwei Startups.

Berlin – 500 Mitarbeiter könnten im Zuge vom Rückzug des Solar-Riesen Meyer Burger voraussichtlich ihre Jobs verlieren. Aktuell plant das ursprünglich schweizerische Unternehmen, einen Fuß in die USA zu setzen und sich dort aufzubauen. Überraschen kann das nicht – monatelang hatten die Unternehmen der deutschen Solarbranche nun vor den Wettbewerbsbedingungen gewarnt. Während sich Meyer Burger zurückzieht, bringen sich zwei neue Unternehmen in Stellung, die seinen Platz einnehmen könnten.

Unternehmensname Meyer Burger Technology
Hauptsitz Thun, Schweiz
Geplante Schließung des Freiberger Werks bis Ende April
Betroffene Arbeitsplätze Bis zu 500

Meyer Burger vor dem Ausstieg – springt Enpal ein?

Eines davon ist der Solarkonzern Enpal. Das Start-up kündigte an, seine eigene Produktion in Deutschland aufbauen zu wollen. Aktuell macht Enpal einen Großteil seines Geldes mit der Vermietung, Installation und dem Verkauf von Solaranlagen, die das Unternehmen allerdings noch nicht selbst herstellt. Aktuell, so berichtete das Handelsblatt, prüfe Enpal die Produktion an bestehenden Standorten in Deutschland und Europa.

Ein Traktor bearbeitet ein Feld nahe einem Solarpark in El Bonete Bonete, Spanien.
Ein Traktor bearbeitet ein Feld nahe einem Solarpark in El Bonete Bonete, Spanien. Die europäische Solarbranche steht unter massivem Druck aus China. © IMAGO / Cavan Images

„Als größter Solaranbieter in Deutschland sind wir bereit, uns am Aufbau einer diversifizierten europäischen Solarindustrie zu beteiligen“, sagte Mario Kohle, Chef und Gründer von Enpal, dazu. Diese Transformation müsse „zügig und im Einklang mit der Politik“ eingeleitet werden. Details dazu gibt es allerdings noch nicht – dementsprechend ist nicht so ganz klar, bis wann mit dem Aufbau einer eigenen Produktion zu rechnen ist.

Enpal-Konkurrent 1KOMMA5° denkt ebenfalls über Produktion nach

In eine ähnliche Richtung gehen die Pläne von 1KOMMA5°, einem direkten Konkurrenten von Enpal. Gegenüber Ippen Media sagte Philipp Schröder, CEO und Mitgründer von 1KOMMA5°: „Sollte Meyer Burger die Fertigung in Sachsen komplett aufgeben, stehen wir bereit, zumindest die Modulfertigung zu retten und so viele Arbeitsplätze am Standort zu sichern wie möglich.“ 1KOMMA5° sei nach wie vor daran interessiert, die „Wertschöpfung auch in Europa zu stärken“ und neben der Produktion von Polysizilium auch Module innerhalb der Bundesrepublik fertigen zu lassen.

1KOMMA5° hat diese Pläne bereits seit längerer Zeit. Schon im vergangenen Herbst gab das Unternehmen in einer Pressemeldung an, eine eigene Fertigung aufbauen zu wollen. Damals hieß es, dass die Produktionsstätten in den neuen Bundesländern wachsen sollten. Bis 2030 sollen bis zu 1000 neue Arbeitsplätze entstehen. Ein Pressesprecher bestätigte gegenüber unserer Redaktion, dass der Standort im sächsischen Freiberg sein könnte, sollte Meyer Burger tatsächlich die Fertigung einstellen.

USA als neuer Geldgeber für Meyer Burger

Dies soll nach aktueller Planung bereits Ende April geschehen. Aktuell bereitet Meyer Burger die Schließung des Standorts in Freiberg vor. Mitte Januar hatte der Konzern noch gewarnt und die Bundesregierung um ein schnelles Handeln angehalten. Stattdessen aber hat US-Präsident Joe Biden gehandelt. Der sogenannte Inflation Reduction Act (IRA) stellt Meyer Burger in den USA eine milliardenschwere Förderung in Aussicht.

Kumuliert belaufe sich die förderfähige Summe auf bis zu 1,4 Milliarden Dollar, realisierbar zwischen Produktionsbeginn im Jahr 2024 und Ende 2032. Damit hätten die USA es geschafft, den einzigen Hersteller, der Solarzellen industriell in Europa fertigt, über den Atlantik zu locken. Neben dem Freiberger Werk hat Meyer Burger auch noch Werke in Thalheim (Sachsen-Anhalt) und Hohenstein-Ernstthal (Sachsen). Der Hauptsitz liegt in Thun, in der Schweiz. Bis zu 500 Mitarbeiter könnten so bis Ende April ihre Jobs verlieren.

Solarbranche unter Druck

Vertreter der Solarbranche sehen hier die Bundesregierung in der Pflicht. Sie müsste eigentlich eine Entscheidung darüber treffen, wie sie die Bedingungen für deutsche Solarhersteller verbessern könnte. Aktuell geraten immer mehr Solarunternehmen unter Druck, weil Deutschland eine starke Abhängigkeit von chinesischen PV-Anlagen entwickelt hat. Das Problem dabei: China hat langfristig eine leistungsstarke Produktionskette für Photovoltaik aufgebaut und überschwemmt den deutschen Markt mit billigen Solaranlagen.

Rund 87 Prozent aller nach Deutschland importierten Solaranlagen stammen aus dem „Reich der Mitte“. Weltweit beträgt der chinesische Anteil an der Photovoltaikherstellung 80 Prozent. In den vergangenen Wochen hatten neben Meyer Burger auch die Hersteller Heckert Solar und Solarwatt angekündigt, ihre Produktion drosseln zu wollen.

Innerhalb der Solarbranche herrscht nun Uneinigkeit darüber, welche Maßnahmen die Regierung ergreifen sollte. Auf dem Tisch liegen sowohl Sanktionen gegen chinesische Produkte und Resilienz-Boni für Kunden als auch Resilienz-Ausschreibungen.

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