Finanzielle Herausforderungen und mehr: Lebenshilfe Freising steht vor Gratwanderung

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Der neue Vorstand der Lebenshilfe: (v. l.) Vorsitzender Robert Wäger, 2. Vorsitzende Monika Haslberger, die Beisitzer Petra Würzinger, Rudi Heinz, Nina Teubner, Manuela Mühlhammer und Kathrin Tamm sowie 3. Vorsitzende Beate Irmler. © Lehmann

Steigender Betreuungsaufwand und hohe Investitionen bei finanziell bescheidener Lage: Das sind die Herausforderungen, denen sich die Lebenshilfe Freising stellen muss. Das tut sie auch mit einem neuen Vorsitzenden.

Freising – „Vor welchen Herausforderungen stehen wir?“, fragte Johannes Reicheneder, Geschäftsführer der Lebenshilfe Freising, in der diesjährigen Mitgliederversammlung im Viva Vita und gab sich die Antwort gleich selbst, nämlich: „Zahlreichen!“ Der Betreuungsaufwand steige, die finanziellen Probleme bestünden weiter und die Lebenshilfe stehe vor hohen Investitionen. Ähnliche Sorgen plagen auch die Isar-Sempt-Werkstätten. Dort brächen aufgrund der wirtschaftlichen Lage in Deutschland immer häufiger Arbeitsaufträge weg. „Wir stehen vor erheblichen Veränderungen“, so Reicheneder.

Angebote kommen auf den Prüfstand

Er betonte, dass sich aktuell einiges wandle. So würden sich etwa die Formen der Behinderungen ändern und damit auch die Schweregrade. Das Resultat: ein zunehmend hoher Hilfebedarf, und das bei Strukturen, die in Wohneinrichtungen eigentlich auf eine Gruppenbetreuung ausgelegt sind. „Wir beobachten das, lösen können wir das aber erst einmal nicht“, lautete Reicheneders ernüchternde Feststellung.

Was erschwerend hinzukomme, wie der Geschäftsführer ebenfalls mitteilte: Die finanziellen Rahmenbedingungen sind nach wie vor „eher schwierig und angespannt“. Ein Hoffnungsschimmer: Nach einem Gespräch habe sich in der Causa „Ausstehende Zahlungen vom Bezirk“ etwas getan. Dennoch würden die Kosten im Bereich der Frühförderung hoch und häufig ungedeckt bleiben. Letztendlich, so der Geschäftsführer, müsse jetzt feinjustiert werden, welche Angebote noch möglich sind oder wo eben das Angebot verkleinert werden könne oder gar müsse. Das sei eine Gratwanderung.

Erweiterungen in Moosburger Häusern geplant

Denn der Lebenshilfe stehen hohe Investitionen ins Haus. In Moosburg etwa müsse das Juliane-Maier-Haus erweitert werden, zudem brauche das Anneliese-Schweinberger-Haus eine andere Ausrichtung plus Erweiterungen, wenngleich vermutlich auch erst in rund zehn Jahren. Zügiger müssten allerdings die sanitären Anlagen aller Einrichtungen in Freising auf Vordermann gebracht werden. Kosten könnte das laut Reicheneder an die 1,5 Millionen Euro. Sparen müssen aber auch die Isar-Sempt-Werkstätten, wie deren Geschäftsleiter Albert Wittmann erklärte. Was er nicht verstehen könne: „Der Bezirk glaubt ja scheinbar immer noch, wir sitzen auf Geld.“

Was Wittmann auch beobachte: „Die Behinderungen verändern sich, aber wir stellen uns diesem Problem.“ Auch nicht einfach: Immer mehr Firmen würden immer weniger Aufträge an die Werkstätten vergeben, zudem sei zu spüren, dass die Belegung der Werkstätten aufgrund des demographischen Wandels aktuell abnehme. „Die Firmen beschäftigen ihre eigenen Leute damit, gehen ins Ausland oder machen zu“, so Wittmann.

Haslberger warnt vor rechten Kräften

Dennoch mache er sich stark, nichts „zurückzubauen“ oder zu verkleinern, schlichtweg weil er an der Schulauslastung sehe, dass der Bedarf an Werkstätten in naher Zukunft ein enormer sein werde. Über Personalmangel per se kann sich Wittmann nicht beschweren, allerdings immer wieder über lange Krankheitsausfälle. Dennoch bemerkte er, dass seine Mitarbeiter stolz seien, in den Werkstätten zu arbeiten. „Wir haben einen guten Ruf.“

Bevor es zu Neuwahlen kam, ging auch die Vorstandsvorsitzende Monika Haslberger auf den zeitweise finanziellen Engpass ein und erinnerte daran, dass die Lebenshilfe mit ihren Schulen eine Aufgabe des Landkreises übernehme, das Geld aber mit großer Verspätung bei ihnen ankomme – oft Jahre später. Eine neue strategische Ausrichtung der Lebenshilfe sei ihrer Meinung nach unabdingbar, einhergehend mit der Frage, wo eingespart werden könne, ohne die Qualität des Angebots zu vermindern. Erneut mahnte Haslberger vor den rechten Kräften im Land und betonte eindringlich: „Wir müssen jetzt politisch werden und unsere Stimme erheben!“

Die Neuwahl des Vorstandes ging dann mit einer faustdicken Überraschung einher, und dafür sorgte Haslberger, die zuvor noch für ihr 25-jähriges außergewöhnliches Engagement damit gewürdigt wurde, dass die Integrative Wohnanlage nach ihr benannt wurde. Sie erklärte, dass sie als Vorstandsvorsitzende nicht mehr zur Verfügung stehe. Sie trat in die zweite Reihe als stellvertretende Vorsitzende und machte den Weg für den neuen Vorsitzenden Robert Wäger frei. Als weitere Vorsitzende wurde erneut Beate Irmler bestätigt.

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