Zu Unrecht wegen Volksverhetzung angeklagt
Wegen eines strittigen Beitrags über den Holocaust stand ein Miesbacher vor Gericht. Da die Aussage aus dem Zusammenhang gerissen war, wurde der 27-Jährige freigesprochen.
Miesbach – Ein einziger Satz rettete einen 27-Jährigen vor einer Verurteilung vor dem Amtsgericht Miesbach. Dem Miesbacher wurde vorgeworfen, auf der Plattform X, ehemals Twitter, einen volksverhetzenden Post abgesetzt zu haben. Der Kontext der Aussage verhalf ihm letztlich zum Freispruch.
Miesbacher soll Holocaust auf X verleugnet haben
Laut Anklageschrift soll der Miesbacher im Februar einen Post verfasst haben, der als Leugnung des Holocaust interpretiert werden könne. Auf einige vorangegangene Beiträge über den Versailler Vertrag schrieb er: „Ich glaube, dass die Gewichtung nicht stimmt. Wenn man den Holocaust annimmt, sollte man das vorherige Geschehen auch sehen.“ An der Formulierung „wenn man den Holocaust annimmt“ könne eine Verharmlosung der Shoah herausgelesen werden, so die Anklage.
„Der Angeklagte hat damit gezielt das offensichtliche Unrecht bestritten“, sagte die Staatsanwältin. Angesichts der aktuellen politischen Entwicklung trage dieser Beitrag zu einer angeheizten Stimmung bei. Nach Paragraf 130 im Strafgesetzbuch kann Volksverhetzung mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet werden.
Angeklagter weist Vorwürfe zurück: „Aus dem Zusammenhang gerissen“
Der Verteidiger wies die Vorwürfe zurück: „Das ist aus dem Zusammenhang gerissen.“ Der Miesbacher Anwalt erklärte, sein Mandant habe an einer Diskussion über den Umgang mit der deutschen Geschichte und dem Geschichtsunterricht an deutschen Schulen teilgenommen. In einem weiteren späteren Beitrag habe der Miesbacher ausdrücklich betont, dass er den Holocaust nicht leugnen wolle. „Das ist keine Leugnung. Das sind nur abstruse geschichtliche Interpretationen“, erklärte der Anwalt, als er dem Gericht den gesamten Verlauf vorlegte.
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Auf die Frage von Richter Walter Leitner, wie er zum Holocaust stehe, bekräftigte der Miesbacher, dass er diesen nicht leugne. Sein Mandant sei lediglich der Ansicht, dass die Erbschuld nicht mehr so stark in den Fokus der Staatsräson gerückt werden müsse, erklärte der Anwalt. Leitner wies darauf hin, dass der Beitrag des Angeklagten nicht mehr im Netz aufzufinden sei. „Ich habe nichts gelöscht“, entgegnete dieser prompt, woraufhin ihn sein Anwalt zur Ruhe bat.
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Ursprünglicher Beitrag nicht mehr einsehbar – Miesbacher freigesprochen
Ein Beamter der Polizeiinspektion Miesbach bestätigte, dass der ursprüngliche Beitrag nicht mehr aufgefunden werden konnte. Die Ermittler hätten lediglich einen Screenshot des Anzeigenstellers aus Niedersachsen erhalten. Auf diesem sei jedoch nur die erste Aussage zu sehen gewesen – nicht aber die Klarstellung, dass er den Holocaust nicht leugne. Diese Aussage war den Ermittlern bislang unbekannt. Der Miesbacher sei zuvor weder bei der Polizei, noch im Bundeszentralregister bekannt gewesen.
„Wäre der Screenshot vollständig gewesen, hätte man gesehen, dass der Angeklagte ausdrücklich erklärt, dass er den Holocaust nicht leugnen will“, erklärte der Richter in der Urteilsverkündung. Damit sei der Vorwurf der Volksverhetzung nicht erfüllt.