Asylunterkunft Warngau: Bereit für den Bezug
Der Protest war lautstark, die Debatte riss tiefe Gräben. Nun ist die Großunterkunft für 500 Asylbewerber in Warngau startklar. Am Freitagmittag präsentierte das Landratsamt die Einrichtung bei einem Rundgang, kommende Woche beginnt der Bezug.
Warngau – Ein Etagenbett aus Metall, am Fenster ein winziger Tisch mit zwei Stühlen, an der Wand neben der Tür ein schmaler Schrank mit zwei Spinden. So sehen die kleinen Zimmer in den Wohncontainern neben der Vivo in Warngau aus. Bis zu 500 Personen sollen in der Asylbewerberunterkunft untergebracht werden.
Die Einrichtung, die in der Gemeinde viel Kritik erntete und bei einem Infoabend die Emotionen hochkochen ließ – jetzt steht sie. Seit Mitte November haben an die 95 Mitarbeiter die Container-Anlage aufgezogen, angeschlossen, eingerichtet. Die Baustelle lief sieben Tage die Woche, bei Dunkelheit ausgeleuchtet von Scheinwerfern, berichtet der Geschäftsführer der Firma Gratus, die als Generalunternehmen Bau und Betrieb der Anlage übernommen hat.
Es gibt vier Wohnblöcke zu je 125 Plätzen auf zwei Etagen. Sanitäranlagen sind integriert, pro Etage jeweils vier Toiletten- und vier Duschkabinen für Frauen und für Männer, plus Waschbecken. Ein massiver Zeltbau beherbergt die Kantine samt Großküche und dient als Aufenthaltsraum. Im Bereich des Eingangs sind zwei kleinere Containerblöcke für Verwaltung sowie Sozialarbeit und ärztliche Sprechstunde platziert. Im Zentrum des Komplexes entsteht noch eine Grünanlage.

„Kein Luxus, aber solide“
„Es ist kein Luxus, aber solide“, stellt Landrat Olaf von Löwis fest. Auch wenn allen Beteiligten klar ist, dass eine Sammelunterkunft dieser Größe nicht ideal ist: „Es ist für die Bewohner eine Verbesserung gegenüber der Unterbringung in den Turnhallen“, erklärt Beate Faus, die am Landratsamt die Task Force für Asylunterkünfte leitet. Schon allein, weil die Bewohner hier im Zweier-Zimmer eine Tür hinter sich zumachen können und nicht – abgetrennt nur von dünnen Vorhängen – in einer Massenunterkunft in der Sporthalle ständiger Geräuschkulisse ausgesetzt sind.
Die Anlage wird rund um die Uhr mit Mitarbeitern besetzt sein, die auch für die Sicherheit sorgen. Es erfolgen Zugangskontrollen. Bewohner bekommen dafür einen Hausausweis im Scheckkartenformat mit NFC-Funktion, der auch bei der Sozialberatung oder an der Essensausgabe vorgelegt wird.

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Bewohner sollen nicht selbst kochen
Für die Kantinen-Lösung zur Verpflegung hat sich das Landratsamt aufgrund der bisherigen Erfahrungen entschieden. Externes Catering werde nicht gut angenommen, erklärt Faus. In der Großküche werde täglich frisch gekocht, abgestimmt auf den Bedarf. Die Risiken durch 500 Personen, die einzeln an Kochstellen hantieren, wollte die Behörde nicht eingehen. Da werde zum Beispiel schon mal Fett aus der Pfanne in den Abfluss gekippt, schildert Faus. Nahe Einkaufsmöglichkeiten gebe es auch nicht.
Über das Wochenende sind die Arbeiten noch im Endspurt, doch ab Montag sei die Anlage bezugsbereit, versichert Gratus. Mitte der Woche werden die ersten 50 Bewohner aus der Gymnasiums-Turnhalle in Miesbach hierher verlegt, so Löwis. Vor allem Männer, denn Familien mit Kindern wurden bevorzugt auf Wohnungen verteilt. Woche für Woche sollen jeweils weitere 50 Bewohner folgen und die Gymnasiums-Halle sukzessive frei werden für ihren eigentlichen Zweck. Die Erstaufnahme müsse weiter in der „dezentralen Drehscheibe“ in der Berufsschul-Turnhalle in Miesbach erfolgen.
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Kritiker bleiben skeptisch
Als die Teilnehmer der Besichtigung – Vertreter von Behörden, Kommunen und Organisationen sowie Bürger und auch überregionale Journalisten – nach dem Rundgang durch die Anlage zur abschließenden Fragerunde wieder im Kantinenzelt eintreffen, wo die Küchen-Mitarbeiter gerade das angelieferte Geschirr durch die Waschstraße schleusen, sind nicht mehr so viele dabei wie bei der Begrüßung. Aus der Nachbarschaft ist unter anderem Hans Gillhuber gekommen, der für die Draxlhamer Liste auch im Gemeinderat sitzt. Was er zur Unterkunft meint? „Was soll man dazu sagen“, sagt er auf Nachfrage unserer Zeitung, „das ist Irrsinn.“
Fragen von den Besuchern kommen nahezu keine. Pfarrer Gottfried Doll will etwas zum Thema Shuttleservice wissen. Es war einmal angedacht gewesen, einen Shuttle zum Warngauer Bahnhof einzurichten, um die Unterkunft besser an Zugverbindungen anzuschließen. Doch die Kosten wären zu hoch gewesen. So müssen die vorhandenen Bus-Verbindungen samt dem Rufbus Hoki+ reichen. Gegebenenfalls werde nachgesteuert, so Faus.

Frist läuft bereits
Auf sich zukommen lassen will es erst mal auch der Helferkreis mit derzeit etwa 20 Aktiven. Noch ist unklar, welchen Bedarf es konkret gibt. Die Ehrenamtlichen ergänzen die Sozialarbeit in der Unterkunft durch Gratus-Mitarbeiter sowie die professionelle Asylsozialberatung der Caritas und des Vereins Hilfe von Mensch zu Mensch.
Christian Gollwitzer, Leiter der Polizeiinspektion Holzkirchen, sieht durch die neue Großunterkunft nichts auf sich zukommen, das man nicht im Griff haben könne. „Es ist ja nicht die erste Anlage“, sagt er, es gebe bereits Konzepte. Die Polizei nutzte bei der Besichtigung die Gelegenheit, mit dem Sicherheitsdienst über Details zu sprechen.
Die Suche des Landratsamts nach Optionen für Unterkünfte geht derweil mit Hochdruck weiter. Die Uhr tickt: Die Frist von zwei Jahren, die für den Betrieb der Unterkunft mit allen Vertragspartnern inklusive Wasserver- und Abwasserentsorgung fest ausgemacht ist, läuft seit 1. Januar, erklärt Faus auf Nachfrage. Der Landrat ist seine Rolle leid, als Chef der Kreisverwaltung als staatliche Stelle die Unterbringung organisieren zu müssen und dafür die Kritik vor Ort einzustecken: „Ich bin der Bote, ich werde geköpft.“
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