Beim Boss „eine Kiste Wiese“ bestellt
Wegen des Verkaufs von Cannabis ist ein Warngauer (25) vor Gericht gelandet. Er wurde zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.
Warngau – Wegen Verstoßes gegen das Konsumcannabis-Gesetz musste sich ein Mann aus Warngau am Amtsgericht Miesbach in Bayern verantworten. Dem 25-Jährigen wurde vorgeworfen, 250 Gramm Marihuana von einem Bekannten erworben und weiterverkauft zu haben.
Der Angeklagte schwieg zu den Vorwürfen. Er war Mitglied einer Bande, die in Weilheim, Murnau, Kochel und im Miesbacher Raum aktiv war, sagte einer der Ermittler. Die Kommunikation sei unter fiktiven Nutzernamen über Kryptohandys, also abhörsichere Mobiltelefone, gelaufen. Ein 24-jähriger Münchner habe in seiner Vernehmung sehr umfangreiche Angaben gemacht, die auf die Spur des Warngauers geführt hätten.
Dieser habe bei der Durchsuchung jede Aussage verweigert. In seinem Zimmer habe man nur geringste Mengen Marihuana und eine Tüte mit Drogenspuren gefunden. Auf seinem Mobiltelefon seien Hinweise auf Drogengeschäfte entdeckt worden.
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Der Weilheimer „Boss“ war als Zeuge geladen, machte aber von seinem Schweigerecht Gebrauch. Der Verteidiger monierte, dass die Anklage auf wenig Konkretes gestützt sei. So sei auch in einer Sprachnachricht des Angeklagten an den Bandenchef nur von „die 250 Dinger“ die Rede, die er erst „schaffen“ müsse. Ob es sich um ein Drogengeschäft handle, gehe daraus nicht hervor. Zudem sei es nicht unwahrscheinlich, dass die Telefone von verschiedenen Personen innerhalb der Gruppe genutzt worden seien.
Zwar sei der 25-Jährige vorbestraft, allerdings nicht einschlägig, sagte Richter Walter Leitner. Wegen Körperverletzung und Beleidigung sei ihm ein Anti-Aggressionstraining zur Auflage gemacht worden, das er erfolgreich absolviert habe. Vor diesem Hintergrund und angesichts der dürftigen Beweislage regte der Richter eine vorläufige Einstellung des Verfahrens an. Die Staatsanwaltschaft willigte nicht ein, weshalb ein zweiter Prozesstag angesetzt wurde.
Kurier packt im Zeugenstand aus
Zu Wort kam hier der 24-jährige Münchner, der die Vermutung, er werde sich angesichts seines eigenen Prozesses ausschweigen, recht gründlich widerlegte. Ohne Umschweife legte er seine Funktion in dem Netzwerk offen. Er habe als Kurier gedient, sei für Auslieferung des Rauschgifts wie auch der Handys zuständig gewesen, führte er in Übereinstimmung mit den Angaben der Ermittler aus.
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Seine Darstellung der Beteiligung des Warngauers ging weit über den Vorwurf der Anklage hinaus. Mindestens zehnmal habe dieser bei dem Weilheimer Marihuana in Größenordnungen von 150 Gramm bis hin zu mehreren Kilogramm geordert. Die Übergabe sei immer in einem Parkhaus in Bad Tölz erfolgt. Manchmal habe der Weilheimer ihn begleitet, um mit dem Angeklagten über die zukünftige Entwicklung ihrer Geschäfte zu sprechen. Dabei habe er den Warngauer sehr unter Druck gesetzt, sagte der Zeuge: „Er wollte immer höher hinaus und immer mehr.“
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Dann kamen Auszüge aus Chats zwischen dem Bandenchef und dem Angeklagten zur Verlesung. Unter anderem ging es darin um die Bestellung von „einer Kiste Wiese“ – im Klartext ein Kilogramm Marihuana, wie der Zeuge übersetzte, und um den Abgabepreis.
Während die Staatsanwaltschaft den Vorwurf als erwiesen ansah und eine Bewährungsstrafe nebst Geldauflage für den Angeklagten forderte, plädierte der Verteidiger auf Freispruch. Angesichts unzulänglicher Beweise müsse die Unschuldsvermutung gelten. Der Belastungszeuge habe im eigenen Interesse manches übertrieben dargestellt, um seine eigene Strafe zu drücken.
„Schuldig“ lautete dennoch das Urteil. Unter Einbeziehung seiner Vorstrafe erhielt der Warngauer ein Jahr auf Bewährung und eine Geldstrafe von 1000 Euro. Zudem wird der mit 2000 Euro bezifferte Gewinn aus seinen Geschäften eingezogen. „Die Schlinge hat sich am heutigen Tag immer enger zugezogen“, sagte Leitner. Mit der Zeugenaussage habe sich die Beweislast so verdichtet, dass an der Schuld des 25-Jährigen nicht zu zweifeln sei.
stg