Christbaumhändler wehrt sich gegen Vorwurf des BN
Der Bund Naturschutz hat einen bundesweiten „Weihnachtsbaum-Test auf Pestizide“ durchgeführt. Auch ein Händler aus dem Landkreis ist betroffen, wehrt sich aber.
VON STEFANIE ZIPFER
Dachau – Alle drei Jahre, so erklärt der Bund Naturschutz, würde er die bundesdeutschen Weihnachtsbäume auf Pestizidrückstände testen. Das Ergebnis der diesjährigen Untersuchung habe sich aber nicht unterschieden von den Ergebnissen der Vorjahre: „Rund zwei Drittel der Bäume sind in der Regel mit Pestiziden belastet.“ Einer der mutmaßlich ertappten Betriebe ist der Tannenhof Oberweilbach. In dessen Bäumen, so der Vorwurf des BN, fände sich eine kleine Menge des verbotenen Unkrautbekämpfungsmittels Biphenyl. Roderich Zauscher, Kreisvorsitzender des Bund Naturschutz in Dachau, glaubt, dieses Mittel sei „aktiv aufgebracht“ worden und schade dem „gesamten Naturkreislauf“.
Unkrautbekämpfungsmittel Biphenyl gefunden
Stefan Spennesberger, Inhaber des Tannenhofs, weist indes sämtliche Vorwürfe von sich: „Ich werde einen Teufel tun, irgendwas einzusetzen, was ich nicht darf!“ Ja, er verwende Pflanzenschutzmittel, wie jeder konventionell arbeitende Landwirt, aber Biphenyl gehöre sicher nicht zu den von ihm eingesetzten Herbiziden. „Ich kenne das gar nicht, ich habe nie davon gehört“, betont der Landwirt. Er glaubt vielmehr, die Spuren des Mittels seien auf anderem Weg, etwa durch Wind, auf seine Bäume angetragen worden.
Zudem übt er heftige Kritik an der Methodik der Untersuchung. „Ich weiß nicht, wann, wo oder von wem eine Probe von meinen Bäumen entnommen wurde.“ Auch sei unklar, wer die Probe ausgewertet habe. Und überhaupt, so Spennesberger, zweifle er die Repräsentativität des Christbaum-Tests an.
Denn, und hier hat Spennesberger recht: Die Stichprobe war nicht groß. Laut Bund Naturschutz umfasste der „bundesweite“ Test 19 Nordmanntannen aus acht Bundesländern. Ein „akkreditiertes Labor“ habe davon einzelne Nadeln untersucht. Roderich Zauscher erklärt, dass seine Kreisgruppe dem Aufruf der BN-Bundeszentrale gefolgt sei und „einen Tannenbaum eingeschickt“ habe.
Während die Umweltschützer darauf bestehen, dass ihre Untersuchung valide und die daraus gezogenen Schlüsse korrekt seien, verweist Landwirt Spennesberger auf seine zufriedenen Kunden sowie seine diversen Referenzen als regionaler und zertifizierter Christbaumerzeuger.
Gefundene Konzentration nicht gesundheitsschädlich
Wobei vor allem die Regionalität der Bäume – selbst wenn diese nicht aus Bio-Anbau stammen – sogar von Umweltverbänden immer wieder gelobt wird. Denn: Jedes Jahr werden in Deutschland rund 30 Millionen Christbäume verkauft, allein vier Millionen davon in Bayern. Bio-Produzenten könnten diesen Bedarf niemals decken. Nur etwa ein halbes Prozent der 30 Millionen deutscher Christbäume, so berichtet etwa die Umweltorganisation Robin Wood, stamme aus streng ökologischem Anbau. Knapp zehn Prozent dagegen aus dem Ausland, vorwiegend aus Dänemark. Ein Christbaum made in Bayern bedeutet nach Logik der Umweltschützer kürzere Transportwege und damit automatisch eine bessere Umweltbilanz.
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So endet denn auch die Studie des Bund Naturschutz fast schon versöhnlich. Die gefundene Konzentration in den Bäumen sei so gering, dass von einer „akuten Gesundheitsgefahr für Verbraucher*innen nicht auszugehen“ sei. Dachaus BN-Kreisvorsitzender Zauscher formuliert es ganz flapsig: „Es fällt keiner unterm Christbaum tot um.“
Kurt Lange, 40 Jahre lang bei der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein als Pflanzenschutzexperte und seit seiner Pensionierung als freiberuflicher Berater von Christbaumproduzenten deutschlandweit tätig, kann über Zauschers lockeren Spruch trotzdem nicht lachen. Er kritisiert die „sogenannten“ Christbaum-Studien des Bund Naturschutz seit Jahren, diese seien „so was von nicht-repräsentativ“!
Als Fungizid im Lebensmittelbereich eingesetzt
Zudem tue sie Spennensberger unrecht. Biphenyl nämlich, so erklärt der studierte Gartenbauer aus Norddeutschland, sei vor seinem EU-weiten Verbot im Jahr 2005 ausschließlich als Fungizid im Lebensmittelbereich eingesetzt worden. Das Mittel, so Lange, sollte Schimmelbildung vor allem an Zitrusfrüchten verhindern. Bei Christbäumen mache der Einsatz von Biphenyl daher „eigentlich keinen Sinn. Das wäre völlig irre“! Aus seiner jahrzehntelangen Berufspraxis sei ihm entsprechend „nicht bekannt, dass das irgendwer einmal für Christbäume angewendet hat“.
Aber wie kam der Stoff dann in Spennesbergers Christbaumprobe? Lange glaubt, auch wegen der geringen gefundenen Menge, an eine Kontamination über die Luft. Ein aktives Aufbringen des Stoffs, wie Zauscher unterstellt, dagegen sei unwahrscheinlich. „Das“, sagt Lange, „kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen“!
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