„Ich würde sofort ein Hallenbad bauen“

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Bürgermeister Stefan Kolbe hat für das neue Jahr Wünsche an die Regierung und die Bevölkerung: Freistaat und Bund sollen den Kommunen endlich zuhören. © vm

Karlsfeld – Es war wahrlich kein leichtes Jahr für die Karlsfelder. Erst verloren sie nach 50 Jahren ihr geliebtes Hallenbad. Und zum Ende werden noch Abo-Preise und Kitagebühren teurer. Zum Jahreswechsel spricht Bürgermeister Stefan Kolbe im Interview mit den Dachauer Nachrichten über Geldsorgen, bittere Entscheidungen, was er von der Regierung erwartet und was ihn hoffnungsvoll stimmt.

Herr Kolbe, Sie mussten 2023 die härteste Entscheidung Ihrer Karriere fällen: die Schließung des Hallenbads. Macht Bürgermeistersein in solchen Zeiten noch Spaß?

Stefan Kolbe: Aber natürlich macht mir Bürgermeistersein noch Spaß, man kann Menschen helfen und etwas bewegen. Aber es gibt natürlich auch Schattenseiten. Man muss vernünftige Entscheidungen treffen. Auch wenn ich mich schwer getan hab, war die Schließung des Hallenbads die einzige Möglichkeit, das Schiff Karlsfeld noch auf Kurs zu halten. Das ärgert mich schon. Eines der wichtigsten Dinge ist, dass unsere Kinder schwimmen lernen. Und ich bin nicht in der Lage, eine gewisse Grundversorgung darzustellen. Was in unserem Land passiert, muss ich jetzt schon mal loswerden.

Was liegt Ihnen auf dem Herzen?

Wir sind schon seit 15 Jahren in finanzieller Not. Das Problem ist, dass uns immer mehr aufgebürdet wird, und gleichzeitig wird immer nett geredet, was Freistaat und Bund für die Kommunen tun. Aber die tun nicht viel.

Was wünschen Sie sich von der Regierung?

Ich erwarte ein Zuhören. Ich habe den Eindruck, dass der Freistaat das Problem, wenn es um den kommunalen Finanzausgleich geht, schlichtweg nicht sehen will. Ich bin mittlerweile schon verzweifelt. Wir haben es beim Thema Finanzen an verschiedensten Stellen im Ministerium versucht, aber ein Ministerpräsident und Finanzminister haben offenbar keine Lust zuzuhören, wie es den Kommunen geht. Die Leute in meiner Gemeinde interessiert am wenigsten, ob der liebe Herr Söder einen Hyperloop baut oder wir zum Mars fliegen. Die Leute hier wollen, dass ihre Kinder schwimmen lernen, eine vernünftige Schullandschaft haben und in einem ohnehin teuren Wohnraum leben können. Die Basis des Landes sind die Kommunen. Da erwarte ich mir Hilfe vom Freistaat und vom Bund. Die kommt aber nicht.

Was bedeutet das für Ihre Gemeinde?

Wir haben in Karlsfeld alle Hebesätze angepasst. Doch irgendwann geht das nicht mehr, dann können die Karlsfelder aufgrund der Lebensumstände hier nicht mehr leben. Das kann doch alles nicht mehr sein! Wir haben in Karlsfeld mit der Erhöhung der Kindergartengebühr auch noch die letzte Stellschraube angezogen, weil wir uns vieles nicht mehr leisten können. Ich diskutiere mit der Jugend, wie viel Geld es noch für Jugendprojekte gibt, ich diskutiere mit den Senioren, ob sie noch ein kostenloses Hendl am Siedlerfest kriegen. Das ist doch bitter.

Nehmen wir mal an, Karlsfeld hätte keine Geldsorgen ...

... dann würde ich sofort ein Hallenbad bauen – oder das Gebäude sanieren.

Welche weiteren Projekte würden Sie gerne angehen?

Ideen etwas zu tun, habe ich genug. Wir haben aber einen Investitionsstau von 60 bis 80 Millionen. Es steht die Sanierung der Mittelschule und des Bürgerhauses an, Straßensanierungsmaßnahmen von über 20 Millionen.

Auch das Bürgerhaus ist sanierungsbedürftig, der Betrieb ein Defizitgeschäft. Könnte dem Gebäude bald dasselbe Schicksal ereilen wie dem Hallenbad?

Das Bürgerhaus hat zum Glück nicht das Defizit, das das Hallenbad hat. Ich halte das Bürgerhaus als elementar wichtig für die Gemeinde. Wir müssen schauen, dass wir schrittweise sanieren. Wenn das Haus wegfällt, dann sind wir wirklich nur noch eine Schlafstadt. Aber es gibt auch andere Stimmen im Gemeinderat, die das Haus infrage stellen.

Sprechen wir über positive Dinge. Was hat Sie im vergangenen Jahr stolz gemacht?

Stolz kann man immer sein, was das Engagement der Vereine anbelangt. Die Geldsorgen haben aber alles überlagert. Das sind dann eher die kleinen Freuden des Lebens: zum Beispiel, dass wir eine Hundewiese eröffnet haben.

Worauf freuen Sie sich im neuen Jahr?

Ich freue mich, wenn die Dreifachturnhalle fertig ist, wenn wir beim Ludlgelände weiterkommen, und auch westlich der Bahn eine Lösung finden. Ich würde mich auch freuen, wenn ich es mit dem Skaterpark hinkriege. Da bereite ich gerade etwas vor. Ich hoffe, der Knoten wird in Karlsfeld irgendwann aufgehen.

Interview: Verena Möckl

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