Medienbeauftragter der Dachauer Krähen spricht Klartext: „Wir haben keinen Fachkrähenmangel“
Dachau – Die Metropolregion München weist einen weltweit außerordentlich hohen Bekanntheitsgrad mit bestem Image auf, meint der Verein Europäische Metropolregion München auf seiner Homepage. Kein Wunder, dass der Landstrich auch von Krähen geschätzt wird. Die Stadt Dachau gilt unter den Rabenvögeln als besonders reizvoll – wegen des „tollen Saatkrähenmanagements dort“, so der Medienbeauftragte der Siedlergemeinschaft der Krähen Dachau (SKD) in einem Gespräch mit den Dachauer Nachrichten etwas ironisch.
Herr Krähen-Beauftragter, Ihre Gemeinschaft ist im vergangenen Jahr um satte 43 Prozent von 519 auf 743 Brutpaare angewachsen. Herrscht da eine Wohnungsnot?
Krähen-Beauftragter: Nein. Wir haben zwar kleinere Problemchen mit roten Männchen mit Helm, die immer wieder auf unsere Bäume klettern und unsere Nester mopsen. Aber wir haben viele Ehrenamtliche, die fleißig bei Neubauvorhaben mithelfen. Dazu kommen handwerklich begabte Artgenossen aus Erding, die scharenweise geflüchtet sind, weil sie mit dem dortigen Saatkrähenmanagement unzufrieden waren. Einen Fachkrähenmangel haben wir also auch nicht.
Dennoch, ist das ständige Bauen nicht auf Dauer belastend?
Seit kurzem nicht mehr. Unser Anwalt Dr. Randolf Raven riet uns, Eier in die Nester zu legen. Wir machen das nun verstärkt, wobei wir hierzu ein Joint Venture mit der Konföderation der Kuckucke Südbayern (KKS) gegründet haben. Wie wir vom Landesbund für Vogelschutz erfuhren, verfügt die KKS über eine immense Erfahrung mit der Eiablage in fremden Nestern. Momentan sehen wir kaum noch rote Männchen.
Man hört aus Stadtverwaltungskreisen, dass die SKD durch nicht letale Vergrämungsmaßnahmen eingedämmt werden soll. Kriegen Sie das überhaupt mit?
Dass die Stadtverwaltung diesbezüglich rumeiert, ist kein großes Geheimnis. Aber sonst? Ach ja, wir haben einmal einen Falken über uns kreisen gesehen. Aber den haben ein paar vom Juk vergrämt.
Juk?
Unsere Jungkrähenkita, die wir am Widerstandsplatz in der Altstadt in einer Silberlinde errichtet haben. Aber jetzt einmal unter uns: Selbst wenn OB Hartmann einen Kondor aus den Anden einfliegen lassen sollte, entlockt uns das lediglich ein müdes Flügelschlagen.
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Regierungsdirektor Dr. Klaus Neugebauer möchte Tabuzonen im Dachauer Stadtgebiet für die Krähen einführen. Was halten Sie davon?
Dr. Raven meint, EU-Krähen und ihre Familienangehörigen haben das Recht, sich in der EU frei zu bewegen und aufzuhalten. Dieses Grundrecht ist im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union und in der EU-Krähencharta verbrieft. Mal davon abgesehen: Wer soll denn die Zonen kontrollieren? Falken, Kondore, der OB (krächzt laut)?
Viele Bürger stört Ihr lautes Gekrächze. Was halten Sie von Ruhezeiten?
Schwierig. Wir gehören zu den Singvögeln und kommunizieren halt, wie uns der Schnabel gewachsen ist. Die Berliner Zeitung Taz schrieb einmal: „Je mehr ein Rabenvogel sich an einen oder mehrere Menschen gewöhnt hat, desto differenzierter werden seine Lautäußerungen: Aak Aak, Knrrrr, Krau Krau Krau, Krrrrr, Ieh. Wenn sie einen Menschen direkt ansprechen, kann man ein Harck, Rak, Rrrrr, Harck, Rak hören.“ Da ist was dran.
Verraten Sie uns noch, warum sich Krähen so gut vermehren?
Da kann ich nur für mich sprechen. Ich habe 36 Kinder. Was mich immer wieder aufs Neue in Stimmung bringt, ist der Film „Die Vögel“ von Hitchcock, vor allem die Schlussszene, als die Menschen in einem Auto vor uns Vögeln fliehen.
Interview: Thomas Zimmerly