Präsidentschaftswahl in Polen: Pro-Europäer oder Trump-Fan?

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Trzaskowski und Nawrocki im Duell: Polens Präsidentschaftswahl entscheidet über EU-Kurs, Flüchtlingspolitik und nationale Interessen. Ein spannendes Rennen steht bevor.

Warschau – In Polen steht am kommenden Sonntag eine richtungsweisende Präsidentschaftswahl an. Die beiden Favoriten, Rafal Trzaskowski und Karol Nawrocki, repräsentieren gegensätzliche politische Visionen für das Land. Während der liberale Trzaskowski als leidenschaftlicher Europäer gilt, vertritt der rechtsnationalistische Nawrocki die Devise „Polen zuerst“. Der Ausgang dieser Wahl könnte weitreichende Folgen für die polnische Innen- und Außenpolitik sowie für die Beziehungen zur Europäischen Union haben.

Präsidentschaftswahl in Polen: Rafal Trzaskowski, der pro-europäische Reformer

Rafal Trzaskowski, derzeit Bürgermeister von Warschau, führt in den Umfragen zur Präsidentschaftswahl in Polen mit rund 32,5 Prozent Zustimmung. Der 53-jährige Politiker blickt auf eine langjährige Karriere in der europäischen und polnischen Politik zurück. Als ehemaliger EU-Abgeordneter, Minister und Parlamentarier verfügt er über umfangreiche politische Erfahrung. Trzaskowski, der fließend fünf Fremdsprachen spricht, hat einen akademischen Hintergrund mit Studien in Warschau, Oxford und Paris.

Seine politische Agenda ist klar pro-europäisch ausgerichtet. Trzaskowski verspricht, sich für die Rechte von Frauen und gleichgeschlechtlichen Paaren einzusetzen. Er unterstützt den Plan der aktuellen Regierung, Abtreibungen bis zur zwölften Schwangerschaftswoche zu legalisieren – ein kontroverses Thema im katholisch geprägten Polen. Als Bürgermeister von Warschau unterzeichnete er eine Erklärung zum Schutz der LGBT-Community, was ihm Kritik von rechter Seite einbrachte.

Präsidentschaftswahl in Polen: Karol Nawrocki, der rechtsnationalistische Herausforderer

Karol Nawrocki liegt in den Umfragen zur Präsidentschaftswahl in Polen mit etwa 25 Prozent der Stimmen auf dem zweiten Platz. Obwohl er keiner Partei angehört, wird er von der rechtsnationalistischen PiS unterstützt, die Polen von 2015 bis 2023 regierte. Der 42-jährige Historiker gilt als Bewunderer von Donald Trump, den er Anfang Mai im Weißen Haus traf. „Du wirst gewinnen“, habe der US-Präsident ihm gesagt, betonte Nawrocki.

Sein wohl auch an Trump angelehnter Wahlkampfslogan „Polen zuerst“ spiegelt sich in seinen politischen Positionen wider. Nawrocki kritisiert die Unterstützungsleistungen für ukrainische Geflüchtete und wirft Kiew mangelnde Dankbarkeit vor. In der Migrationspolitik plant Nawrocki strengere Grenzkontrollen zu Deutschland. Zudem fordert er von Berlin Kriegsreparationen – ein Thema, das die deutsch-polnischen Beziehungen belasten könnte. Zuletzt hatte schon der pro-europäische Ministerpräsident Donald Tusk klargemacht, dass man keinen deutschen Alleingang in Sachen Grenzkontrollen akzeptieren will.

Treten bei der Präsidentschaftswahl in Polen gegeneinander an: der nationalkonservative Karol Nawrocki und der Liberale Rafal Trzaskowski. © Montage: Lukasz Gagulski/dpa/PAP Jakub Kaczmarczyk/dpa/PAP

Die Präsidentschaftswahl in Polen hat Auswirkungen auf die künftige EU- und Außenpolitik

Die Präsidentschaftswahl dürfte signifikante Auswirkungen auf Polens Stellung in der Europäischen Union haben. Ein Sieg Trzaskowskis würde voraussichtlich den Weg für Reformen der pro-europäischen Regierung von Donald Tusk ebnen und könnte zu einer engeren Zusammenarbeit mit der EU führen. Im Gegensatz dazu würde ein Sieg Nawrockis wahrscheinlich eine Fortsetzung der Blockadepolitik des scheidenden Staatschefs Andrzej Duda bedeuten, der ebenfalls der PiS nahesteht.

In der Außenpolitik zeichnen sich ebenfalls deutliche Unterschiede ab. Während Trzaskowski für eine stärkere Integration in die EU steht, betont Nawrocki nationale Interessen. Dies könnte sich insbesondere auf die Beziehungen zur Ukraine und die Haltung gegenüber Russland auswirken. Nawrocki will zwar die Ukraine weiterhin gegen Russland unterstützen, steht aber der Flüchtlingspolitik kritisch gegenüber.

Vor Präsidentschaftswahl in Polen: Abgeordnete und Forscher warnen vor russischer Einflussnahme

Der polnische Präsident hat zwar begrenzte Befugnisse, ist aber Oberbefehlshaber der Streitkräfte, bestimmt die Außenpolitik mit und kann Gesetze einbringen oder sein Veto gegen sie einlegen. Beobachterinnen und Beobachter rechnen mit einem knappen Rennen, das sich vermutlich erst in der Stichwahl am 1. Juni entscheiden wird.

Auch gibt es Hinweise auf mögliche ausländische Einflussversuche auf die Präsidentschaftswahl. Das polnische Forschungsinstitut für Cybersicherheit hat russische Versuche der Einflussnahme aufgedeckt, darunter hunderte Fake-Accounts auf X, die polarisierende Themen wie Sicherheit, Migration und Außenpolitik behandelten. Zudem werfen einige Abgeordnete der Regierungskoalition US-Präsident Trump vor, die Präsidentschaftswahl in Polen beeinflussen zu wollen. (nak mit AFP)

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