Pfingsthochwasser 1999 – Als vor 25 Jahren Teile des Oberlands versanken

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Die Ammer in Weilheim, hier rechts im Bild wurde nur durch tausende Sandsäcke vor dem Überlaufen gehindert. © Benedikt Schwaiger

Genau 25 Jahre ist es her, dass Teile des Oberlands in Wassermassen verschwanden – das Pfingsthochwasser 1999 ist bei vielen noch sehr präsent. Wir erinnern ans Jahrhundertereignis.

Weilheim-Schongau – Schon der Winter 1999 war niederschlagsreich gewesen, die Schneeschmelze noch in vollem Gange und die Böden bereits gesättigt, als sich am 20. Mai 1999, dem Donnerstag vor Pfingsten, eine besondere Wetterlage (5b) aufbaute: Es regnete, regnete, regnete, tagelang, ohne Unterlass. Und zwar vor allem in einem Bereich zwischen Landsberg und Garmisch-Partenkirchen, wo die Regenfront wie festgetackert hing und für die zum Teil höchsten Niederschläge sorgte, die jemals gemessen wurden. Auf dem Hohen Peißenberg zum Beispiel fielen am 21. Mai 138 Liter Regen pro Quadratmeter, mehr als in einem normalen Monat.

Pfingsthochwasser 1999: Ammer-Pegel stieg explosionsartig an

Das führte dazu, dass sich die Flüsse rasant füllten. Der Pegel der Ammer beispielsweise verlief am 21. Mai anfangs noch relativ normal, stieg dann aber gegen Mittag nahezu explosionsartig an. In Peißenberg standen schon am Freitag die ersten Straßen und Keller unter Wasser, die Feuerwehr war im Dauereinsatz. Erste Straßen wurden gesperrt und Sandsackbarrieren errichtet. Auch in Weilheim, wo der Simetsbach nahe des Gögerls bedrohlich angeschwollen war, und Penzberg, wo die Loisach bei Maxkron über die Ufer traf, waren die Feuerwehren bereits aktiv.

Pfingsthochwasser 1999
Im überschwemmten Penzberger Ortsteil Maxkron ruderten Anwohner mit Booten durch die Straßen. © Anneliese Steibli

Am frühen Samstagmorgen, um 0.44 Uhr, wurde schließlich der Katastrophenalarm ausgelöst. In Weilheim wurden weite Teile der Stadt nur durch den Einsatz von Feuerwehr und vielen freiwilligen Helfern gerettet, die rund 100 000 Sandsäcke gefüllt und entlang der überlaufenden Ammer verteilt hatten. Durch das hohe Grundwasser und die vollen Kanäle drückte das Wasser zwar in viele Keller, richtig überschwemmt wurden aber nur relativ wenig Gebäude. Betroffen waren in Weilheim vor allem das Gewerbegebiet Trifthof, das durch die überflutete einzige Zufahrt von der Außenwelt abgeschnitten war, und einige Bereiche unmittelbar neben der Ammer.

Pfingsthochwasser 1999
Die Bahnstrecke südlich von Weilheim wurde völlig überflutet. © Benedikt Schwaiger

In Peißenberg war vor allem die Berghofsiedlung betroffen, wo ein Damm gebrochen war, sowie der Campingplatz und der Bereich des alten Torfstichs mit einem Pferdegestüt. In Penzberg eriwschte es vor allem den Ortsteil Maxkron, doch weil der Damm hielt, wurde eine größere Katastrophe verhindert. In Eglfing drohte eine Ölpest, weil bei einem überfluteten Transportunternehmen rund 7000 Liter Heizöl ausgelaufen waren. Doch mit vereinten Kräften und einem künstlichen Sandsck-Damm samt Ölsperre wurde Schlimmeres verhindert.

Die Hochwasserschutzeinrichtungen an der Ammer in Weilheim und Peißenberg „wurden auf eine äußerst harte Probe gestellt“, schreibt das Wasserwirtschaftsamt Weilheim in einer Aufarbeitung des Jahrhunderthochwassers. Nur durch den unermüdlichen Einsatz der Feuerwehr, des Technischen Hilfswerkes, der beteiligten Behörden und der eingeschalteten Firmen und sehr vieler freiwilliger Helfer konnte mit zehntausenden von Sandsäcken ein Überströmen der Deiche weitgehend verhindert werden“, schreibt das Amt.

Pfingsthochwasser 1999 im Landkreis Weilheim-Schongau: Viele kleinere Bäche betroffen

Der Lech, durch die vielen Staustufen gut regulierbar, war kaum betroffen. Laut Wasserwirtschaftsamt kam es nur in Prem durch Rückstau sowie am Werkskanal von UPM/Haindl in Schongau zu Überschwemmungen im bebauten Bereich.

Natürlich betraf das Hochwasser nicht nur die großen Flüsse, auch viele kleine waren betroffen. Neben dem bereits erwähnten Simetsbach in Weilheim waren durch über die Ufer getretene Bäche laut Wasserwirtschaftsamt auch Bernbeuren, Hohenfurch, Eberfing, Wielenbach und Raisting betroffen. Erwähnenswert fand das Wasserwirtschaftsamt die positive Wirkung des Rückhaltebeckens am Mühlgraben in Eberfing, die im Rahmen der Flurbereinigung errichtet wurde. „Entgegen allen Prophezeiungen, dass dieses Becken wohl nie voll werde, wurde an Pfingsten sein gesamtes Rückhaltevolumen ausgenutzt und es hat dabei Eberfing und auch Weilheim vor noch weitaus größeren Schäden bewahrt“, schreibt das Amt.

Pfingsthochwasser 1999 im Oberland: Bahnstrecken wurden unterspült

Pfingsthochwasser 1999
Völlig zerstört wurde auch die Bahnstrecke zwischen Raisting und Wielenbach. © Emanuel Gronau

Stark betroffen vom Hochwasser waren auch die Bahnstrecken Weilheim-Murnau und Weilheim-Augsburg, die zum Teil auf mehreren hundert Metern unterspült wurden. Die Reparatur dauerte zum Teil Monate. Gleiches galt für viele überflutete Straßen. Auch Landwirte waren betroffen, weil die Wassermassen auf ihren Feldern zum Teil großflächig Schlamm und Treibholz abgelagert hatten. Die größten Schäden an landwirtschaftlichen Flächen im Bereich des Wasserwirtschatsamtes, das auch die stark vom Pfingsthochwasser betroffenen Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen umfasst, waren tatsächlich an der Peißenberger Berghofsiedlung.

Umgesetzte Schutzmaßnahmen seit dem Pfingsthochwasser

Seit 1999 wurden vom Wasserwirtschaftsamt Weilheim im Landkreis zahlreiche Maßnmahmen zum Hochwasserschutz umgesetzt. Nachfolgend eine Übersicht:

Weilheim und Peißenberg: Deichertüchtigung Ammer, 1999-2000, 800 000 Euro
Weilheim: Zahlreiche Wehrinstandsetzungen und Deichrückverlegungen an der Ammer, 2002-2020, 7,8 Millionen Euro
Weilheim: Instandsetzung Ammer, 2023, 2,9 Millionen Euro·
Weilheim: Hochwasserschutz Waitzackerbach, 2016, 2,8 Mio. Euro·
Weilheim: Ausbau Stadtbach, 2023, 600 000 Euro

Peißenberg: Schwemmholzrückhalt Michelsbach und Stadelbach, 2023, 600 000 Euro
Peißenberg: Hochwasserschutz am Stadelbach mit Rückhaltebecken, 2024, 3,5 Mio. Euro

Raisting: Deichertüchtigung an der Rott, 2009-2010, 100 000 Euro
Bernried: Hochwasserschutzmaßnahmen, 2010-2011, 400 000 Euro
Penzberg: Hochwasserschutzmaßnahmen, 2010-2011, 1,6 Mio. Euro
Steingaden: Hochwasserschutz Geistbichlgraben und Geistbühelgraben, 2008-2011, 200 000 Euro

Bernbeuren: Hochwasserschutz, 2016-2017, 1,6 Mio. Euro
Bernbeuren: Hochwasserableitung und Hochwasserrückhalt, 2018-2019, 2,5 Mio. Euro
Bernried: Ertüchtigung Grundweiher, 2017-2019, 300 000 Euro
Pähl: Wildholzsperre Burgleitenbach, 2004-2005, 200 000 Euro

Schwabsoien: Bau Hochwasserrückhaltebecken Breites Tal, 2010-2011, 100 000 Euro
Wielenbach: Rückhaltebecken Grünbach in WIlzhofen, 2006, 1,5 Mio. Euro
Burggen: Rückhaltebecken Escherbach, 2008, 1,3 Mio. Euro
Habach: Hochwasserrückhalt mit Schutzwand, 2023-2024, 2,5 Mio. Euro

Laut Wasserwirtschaftsamt wurden in den vergangenen 25 Jahren in den Hochwasserschutz im staatlichen Bereich (Gewässer 1. und 2. Ordnung) 12,2 Millionen Euro investiert, im nicht staatlichen Bereich (Gewässer 3. Ordnung) 16,4 Millionen Euro. Dazu kommen laut Amt für den Hochwasserschutz Weilheim Süd an der Ammer, der sich gerade in der Umsetzung befindet, weitere 8,9 Millionen Euro. Investiert wurde bisher eine Million.

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