Geretsrieder Bauausschuss sagt Nein zu Asylunterkünften - doch sie könnten trotzdem kommen
Der Geretsrieder Bauausschuss lehnte drei Asylunterkünfte ab. Trotzdem könnten diese Realität werden.
Geretsried – Zwei neue Flüchtlingsunterkünfte könnten schon bald in Geretsried Realität werden. Und eine Bestehende könnte für weitere fünf Jahre genutzt werden. Mit Bauanträgen dazu befassten sich am Dienstagabend die Mitglieder des Bau- und Umweltausschusses. Und obwohl sie alle Vorhaben ablehnten, fällt das Nein der Stadt mutmaßlich nicht ins Gewicht.
Verlängerung für Unterkunft in Filigranhallen beantragt
Als erstes setzte sich das Gremium mit den ehemaligen Lagerhallen des Unternehmens Filigran im Gewerbegebiet Nord auseinander. Bekanntermaßen sind an der Blumenstraße seit dem Jahr 2016 Flüchtlinge untergebracht. Für das Gewerbegebiet Nord wurde, wie Stadtbaurat Rainer Goldstein erklärte, am 25. Juli vergangenen Jahres vom Stadtrat eine Veränderungssperre erlassen (wir berichteten). Damit soll das Gewerbegebiet gesichert und Betriebe nicht verdrängt werden.
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Aufgrund dieser Veränderungssperre empfahl die Stadtverwaltung dem Bauausschuss die Ablehnung des Bauantrags. Das Landratsamt würde die Nutzung der ehemaligen Filigranhalle gerne um fünf Jahre verlängern, wie der Stadtbaurat ausführte. Deshalb hat die Behörde eine Abweichung von der Veränderungssperre beantragt. Möglich machen könnten das Sonderregelungen im Baugesetzbuch. Durch den Paragraf 246 kann die zuständige Behörde entsprechende Genehmigungen oder Befreiungen erteilen. Dass es so weit kommen wird, damit rechnet die Stadt. „Wir gehen davon aus, dass diese Unterkunft genehmigt wird“, sagte Goldstein. Auf Nachfrage erklärte Landratsamtssprecherin Marlis Peischer, dass „das Kreisbauamt den Bauantrag wie jeden anderen auch prüfen wird“. Und weiter: „Das gemeindliche Einvernehmen wird dann ersetzt werden, wenn dies durch die Gesetzgebung gedeckt ist.“
Bürgermeister Müller: „ Ist faktisches Aushebeln des Selbstverwaltungsrecht der Kommunen“
Bürgermeister Michael Müller (CSU) echauffierte sich in der Sitzung: „Das ist ein faktisches Aushebeln des Selbstverwaltungsrecht der Kommunen.“ Die Stadt habe eine Veränderungssperre erlassen, da die Gemeinde planungsrechtliche Hoheit hat. „Das ist ein verfassungsrechtlich geschützes Gut.“ Die Stadt Bad Tölz klagt bereits gegen das Landratsamt, berichtete Müller, denn dort wurde dieser Paragraf 246 angewendet. „Uns droht das dann auch.“ Außerdem wies der Rathauschef darauf hin, dass es in Geretsried keinen „Deal“ gebe, wie zuletzt in Wolfratshausen. Wie berichtet hatte dort Landrat Josef Niedermaier (FW) zugesagt, die Mehrzweckhalle in Farchet aufzulösen, wenn die neue Unterkunft am Hans-Urmiller-Ring fertig ist. Genehmigen die Räte jetzt diese Unterkunft, heißt das nicht, dass die Mittelschulturnhalle, die mit Geflüchteten belegt ist, deswegen frei wird. „Das käme dann noch obendrauf“, so der Bürgermeister.
Güner: „Muss hier Menschlichkeit walten lassen“
Für Ann-Kathrin Güner (FW) war die Argumentationskette zwar nachvollziehbar, „aber die Leute sind nun mal da. Und nur nein zu sagen, ist keine Möglichkeit. Die Leute müssen irgendwo hin.“ Güner machte klar, sie werde dem Beschlussvorschlag, der eine Ablehnung des Vorhabens vorsieht, nicht zustimmen. „Ich muss hier die Menschlichkeit walten lassen.“ Anders sah das Patrik Kohlert (Geretsrieder Liste): „Wir können nicht erst eine Veränderungssperre erlassen und dann sagen: ,Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern‘.“ Die Stadt müsse konsequent bleiben. Das Gremium stimmte bis auf Güner gegen eine Ausnahme von der Veränderungssperre. Außerdem verweigerten alle, bis auf Güner, ihr Einvernehmen.
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Dass das Landratsamt das gemeindliche Einvernehmen ersetzt, das könnte Geretsried auch in zwei weiteren Anträgen drohen, die ebenfalls auf der Tagesordnung standen. So soll in unmittelbarer Nachbarschaft der bestehenden Unterkunft an der Blumenstraße 15 ein Asylheim in Modulbauweise errichtet werden. Diesmal ohne zeitliche Beschränkung. Fassen soll sie 243 Personen. Gegen diesen Antrag auf Vorbescheid stimmte das Gremium diesmal geschlossen.
Nicht allen Räten fiel die Ablehnung leicht
Er ist, wie der vorherige Antrag auch, aufgrund der Veränderungssperre „bauplanungsrechtlich nicht zulässig“, sagte Stadtbaurat Goldstein. Güner ergänzte: „Dass hier noch mal so viele Leute hin sollen, trägt nicht dazu bei, dass in irgendeiner Weise Integration stattfinden kann.“ Trotzdem fiel das Nein nicht allen leicht. „Am liebsten würde ich bei der Abstimmung rausgehen“, gab Gabriele Riegel (Grüne) zu. Sie sorgte sich, dass eine Ablehnung von der Bevölkerung falsch aufgefasst werden könnte. Sie hielt die Unterbringung von so vielen Menschen auf engsten Raum für „menschlich einfach unwürdig“. Ähnlich sah das Franz Wirtensohn (CSU): „In der Landwirtschaft brauchen wir Wohlfühlställe mit viel Platz. Aber bei Menschen spielt das wohl keine Rolle. Die pferchen wir einfach zusammen.“
Keine Pauschalablehnung von Flüchtlingen
Der nächste Bauantrag war dem Gremium bereits bekannt. Mit dem Antrag auf Neubau von drei Containergebäuden als Unterkunft für Flüchtlinge an der Neutraublinger Straße in Gelting hatte sich der Stadtrat bereits im Oktober befasst. Damals wurde „zur Stärkung und Sicherung“ des Gewerbegebiets Gelting Ost eine Veränderungssperre erlassen und das gemeindliche Einvernehmen verweigert. „Wir hatten die Hoffnung, dort Gewerbe anzusiedeln“, so der Bürgermeister. Stattdessen bezeichnete er es als „dreistes Vorgehen“ des Grundstücksbesitzers, dort eine Flüchtlingsunterkunft errichten zu wollen. „Wenn wir uns das gefallen lassen, brauchen wir keine Gewerbeentwicklung mehr.“ Müller betonte, das sei keine Pauschalablehnung. „Wir stehen ja für die Unterbringung von Flüchtlingen. Aber das dürfen wir uns als Stadt nicht gefallen lassen.“ Einstimmig lehnte das Gremium auch diesen Antrag ab.
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