Atomwaffen unerwartet Thema in Finnlands Präsidentenwahl – Putins Krieg wirft lange Schatten
Grün oder konservativ: Vor dieser Wahl stehen die Finnen am Sonntag. Der Präsidentschaftswahlkampf spülte das Thema Atomwaffen in die Debatte.
- Finnland wählt am Sonntag einen neuen Präsidenten: Amtszeit von Sauli Niinistö endet.
- In der Stichwahl stehen zwei Schwergewichte: Ex-Ministerpräsident Alexander Stubb und der frühere Außenminister Pekka Haavisto.
- Ukraine-Krieg überschattet Urnengang: Sogar eine Atomwaffenstationierung war Wahlkampf-Thema.
- Dieser News-Ticker wird am Sonntag (11. Februar) mit dem Ergebnis der Präsidentschafts-Stichwahl aktualisiert.
Helsinki – Binnen gut anderthalb Jahren wird Finnland die zwei prägenden Gesichter an der Regierungs- und Staatsspitze austauschen: Im Sommer 2023 ersetzte der konservative Petteri Orpo die Sozialdemokratin Sanna Marin als Regierungschef. Nun tritt turnusgemäß Sauli Niinistö als Präsident ab. Nachfolger könnten entweder ein Grüner oder ein Konservativer werden.
Überschattet wird die Stichwahl am Sonntag (11. Februar) aber auch vom Ukraine-Krieg – und der Sorge vor dem östlichen Nachbarn Russland. Drohungen aus Moskau gab es bereits. Im Wahlkampf zwischen Ex-Ministerpräsident Alexander Stubb und Ex-Außenminister Pekka Haavisto spielte auch eine Stationierung von Atomwaffen in Finnland eine Rolle.
Ukraine-Krieg überschattet Finnland-Wahl: Sogar eine Atomwaffenstationierung war Thema
Orpos Parteifreund Stubb zeigte sich für dieses Szenario offen; man solle „nichts ausschließen“, erklärte er dem Sender YLE. Haavisto lehnte derartige Gedankenspiele ab. Die Debatte schlug vergleichsweise hohe Wellen. Politikwissenschaftler Matti Pesu jedenfalls zeigte sich in einem Interview mit demselben Kanal überrascht. Die Aufmerksamkeit sei eigentlich „zu groß“ urteilte er: „Wir sprechen hier über äußerst theoretische Fragen“, betonte Pesu – wenngleich er einräumte, dass Atomwaffen ein wichtiger Teil der Nato-Sicherheitspolitik seien. Finnland ist 2023 dem Bündnis beigetreten.
Finnlands Präsidentenwahl
Der Präsident wird in Finnland für eine sechsjährige Amtszeit und anders als in Deutschland direkt vom Volk gewählt. Er spielt auch eine aktivere politische Rolle als in vielen anderen europäischen Ländern: Zu seinen wichtigsten Aufgaben zählt, zusammen mit der Regierung über die Außen- und Sicherheitspolitik des Landes zu entscheiden. Aus der Innenpolitik hält er sich dagegen weitgehend heraus.
Der Forscher des finnischen „Außenpolitischen Instituts“ stellte klar: „Es ist verboten, Atomwaffen in Finnland zu stationieren.“ Ähnliche Gesetze gebe es auch in Nato-Staaten wie Litauen oder Norwegen. Dass Kernwaffen dennoch Thema wurden, wirft ein Licht auf die Debatte in Finnland. Auch Noch-Präsident Niinistö hatte in seiner letzten Neujahrsansprache mehr Rüstung angemahnt – aber auch auf Frieden gedrungen. Im Blickpunkt standen zuletzt auch die Grenzübergänge zu Russland. Finnland schloss diese zuletzt aus Sorge vor mutmaßlich gelenkten Migrationsströmen.
Stubb und Haavisto bei Finnland-Stichwahl: Unterschiede in Nuancen – Einigkeit bei Russland
Ansonsten liegen Stubb und Haavisto inhaltlich aber nicht allzu weit auseinander. „Ich glaube nicht, dass es unter einem der beiden eine große Veränderung geben wird“, schätzt der Professor und Experte für politische Ökonomie von der Universität Helsinki, Jari Eloranta, ein. „Stubb wäre ein sehr proeuropäischer Präsident, der vermutlich viel Wert auf die anglo-amerikanische Zusammenarbeit legen würde.“
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Haavisto sei ebenfalls sehr proeuropäisch, aber etwas kosmopolitischer. „Er würde vielleicht etwas mehr auf Finnlands Rolle im globalen Süden eingehen.“ In Sachen Russland, so ist sich Eloranta sicher, wird keiner der beiden Kandidaten von der bisherigen Linie abrücken. Er erwartet weiterhin eine klare Kante gegenüber Russland. Der Krieg in der Ukraine sei „nah“ an der Nato-Ostgrenze, warnte etwa Haavisto.

Stubb und Haavisto gelten in Finnland als politische Schwergewichte. Stubb war von Mitte 2014 bis Mitte 2015 Ministerpräsident und hatte davor und danach verschiedene Ministerposten inne. Als Kandidat von Orpos Nationaler Sammlungspartei erhielt der 55-Jährige in der ersten Wahlrunde 27,2 Prozent der Stimmen und damit 1,4 Prozentpunkte mehr als Haavisto. Zuletzt war er Professor am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz. Die akademische Freiheit, zu sagen, was man wolle, würde er im Falle einer Wahl vermissen, sagte er in seinem Podcast „Alex Talk“. Es fühle sich sehr befreiend an, Sachen zu sagen, die ein Präsident sicherlich nie sagen könne.
Diese Freiheit könnte er nun für das oberste Amt in seinem Land einbüßen. „Ich denke, Stubb ist definitiv der Favorit“, sagt Eloranta. Auch Umfragen sehen den Konservativen einige Prozentpunkte vor Haavisto. (fn)