„Europa muss aufwachen“: Finnlands Präsident fordert mehr Rüstung – und Frieden

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Finnland steht als Nachbar Russlands besonders im Fokus. Zum neuen Jahr forderte Präsident Niinistö in einem eindringlichen Appell mehr Rüstung.

Helsinki – Zum Beginn des Jahres 2024 kommen eindringliche Mahnungen aus dem Norden des Kontinents: Finnlands scheidendes Staatsoberhaupt Sauli Niinistö, bekannt auch für einen einstmals guten Draht zu Wladimir Putin, sandte einen ausdrücklichen Weckruf gen Europa. Er forderte unter anderem stärkere Rüstungsbemühungen – erinnerte in seiner Neujahrsansprache aber auch an den Wert des Friedens und ordnete indirekt Drohungen aus dem neuerdings wieder „selbstbewussten“ Russland ein.

Finnlands Mahnung im Ukraine-Krieg: „Europa muss aufwachen“

„Europa muss aufwachen. Investitionen in die Waffenproduktion sind nicht nur notwendig um die benötigte Hilfe zu leisten. Sie sind erforderlich, um sicherzustellen, dass Europa stark ist, nicht für den Krieg, sondern für den Frieden“, argumentierte der finnische Präsident in seiner Rede laut einem Bericht des Rundfunksenders Yle. Niinistö verteidigte die finnische Entscheidung zum Eintritt in die Nato.

„Unsere Sicherheit gereicht niemandem zum Nachteil“, betonte er. Finnlands Sicherheit stehe nun aber auf einem „stabileren Fundament“. Der Präsident lobte auch das finnische Militär-Modell, das momentan viel Aufmerksamkeit bekomme. Es vereine eine allgemeine Wehrpflicht, Investitionen in die Versorgungssicherheit und eine Aufstockung der Mittel für die Verteidigung – aber auch einen Selbstverteidigungswillen des Volkes, zitierte Yle aus der Ansprache. Ein Rolle im kollektiven Gedächtnis des Landes spielt nach wie vor auch der „Winterkrieg“ gegen Russland.

Finnland ist seit April 2023 Nato-Mitglied. Motiviert durch den Ukraine-Krieg beschloss das Land im Mai 2022 die NATO-Mitgliedschaft zu beantragen. Im Namen des Neumitglieds setzte sich Niinistö in seiner Ansprache für eine europäischere NATO und ein stärkeres Europa ein, nicht zuletzt für die weitere Unterstützung der Ukraine.

„Russland ist nie so stark, wie es den Anschein hat“: Finnlands Präsident sieht „Selbstbewusstsein“ wachsen

Niinistö erklärte in seiner Rede, er wolle eine langfristige Unterstützung der Ukraine ermöglichen. Dafür müssten auch ausreichende Mittel zur Verfügung stehen, forderte der finnische Präsident. Schon Anfang letzten Jahres hatte sich Niinistö beunruhigt über die Lage im Ukraine-Krieg gezeigt. Bei seiner Rede sprach Niinistö am Rande auch von einer „fürchterlichen“ Lage in Gaza. Langfristig sei eine Zweistaaten-Lösung für Israel und Palästina alternativlos, betonte er.

Sauli Niinistö, Präsident von Finnland, spricht bei NATO-Pressekonferenz.
Finnland ist im Jahr 2023 als 31. Mitgliedsstaat der NATO beigetreten. © picture alliance/dpa/Lehtikuva | Emmi Korhonen

Größeren Raum nahm der Ukraine-Krieg ein. Die Frage weiterer Waffenlieferungen und Hilfen für die Ukraine habe Unruhe geweckt, räumte Niinistö ein. Ein „ernsteres“ Thema als vermeintliche Müdigkeit des Westens sei aber, die Fähigkeiten zu Hilfeleistungen „auf lange Sicht“ zu gewährleisten – deshalb seien Investitionen in die Waffenproduktion nötig.

Niinistö sprach in seiner Rede von einem wieder anwachsenden Selbstbewusstsein Russlands, erklärte aber auch allgemein: „Russland ist nie so stark, wie es den Anschein hat und nie so schwach, wie es den Anschein hat.“ Der Plan eines schnellen Sieges in der Ukraine sei an der „Tapferkeit der Ukrainer“ gescheitert. Niinistö erwähnte seinen russischen Amtskollegen Wladimir Putin ebenso wenig wie Streitigkeiten um Migrationsströme an der gemeinsamen Grenze.

Sorge vor Russland im Ukraine-Krieg: Niinistö fordert nüchterne Analysen

„Den Frieden zu fördern bedeutet nicht, Schwäche zu zeigen und die andere Wange hinzuhalten. Frieden ist immer ein Sieg. Ein Sieg für das Leben und die normale Entwicklung“, erklärte Niinistö dem Bericht zufolge. Wichtig sei die Erkenntnis, „dass nachhaltige Lösungen niemals durch Zwang und Gewalt erreicht werden können“. Es brauche Vernunft, nüchterne Analysen und Friedensgespräche, so Niinistö.

Der 75-Jährige ging auch auf die US-Präsidentschaftswahl ein – er argumentierte für „eine europäischere NATO in Europa“, um unabhängiger bei einer potenziellen Wiederwahl Donald Trumps zu sein. „Es ist auch klar, dass in den transatlantischen Beziehungen von den Europäern viel mehr Verantwortung erwartet wird“, betonte er. Niinistö bemühte sich um einen optimistischen Ausblick: Auch die dunkelsten Wolken seien nicht von Bestand, erklärte er: „Es wird wieder aufklaren“. (LisMa/fn)

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