„Charmeoffensive“ zur Finnland-Wahl – Alexander Stubb mit leichtem Vorsprung
Alexander Stubb liegt nach dem ersten Wahlgang vorne. Ein Stechen zwischen ihm und dem Grünen-Kandidaten steht an. Was macht den Konservativen aus?
Helsinki – Die erste Runde der Präsidentschaftswahlen in Finnland ist vorbei. Ein klares Ergebnis liegt allerdings noch nicht vor – obwohl der ehemalige Premierminister Alexander Stubb vorne liegt. Mit 27,2 Prozent, trenne ihn aber nur ein hauchdünner Vorsprung von seinem Kontrahenten und Grünen-Politiker Pekka Haavisto, berichtet die Tagesschau. Haavisto kommt auf 25,8 Prozent aller Stimmen. Den dritten Platz belegt Jussi Halla-aho von der nationalistischen Partei Finnlands mit 19 Prozent. Jetzt soll eine Stichwahl zwischen Stubb und Haavisto entscheiden.
Dass Stubb überhaupt wieder ein politisches Amt begleiten will, ist durchaus überraschend. In den vergangenen sieben Jahren hatte sich der Chef der konservativen Sammlungspartei aus der Politik zurückgezogen. Nachdem er 2017 aus seinem Ministeramt geschieden war, habe er gesagt, dass er sich aus der Politik vollständig zurückziehen werde, berichtet Politico. Woher kommt jetzt die große Unterstützung?
Stubbs Erfolge bei den Wahlen in Finnland könnten mit seiner lockeren Art zusammenhängen
„Die Umfrageergebnisse sehen gerade gut aus, das verneine ich nicht“, sagte Stubb im Interview mit Politico. Er wisse aber auch, dass sich das schnell wieder ändern kann. Stubb wurde 2014 zum Premierminister ernannt. Zuvor war er seit 2008 unter anderem Finanzminister von Finnland. Während seiner politischen Karriere soll er vor allem durch eher ungewöhnliches Verhalten aufgefallen sein – sein lockerer Stil habe ihm viel Zuspruch eingebracht.

Kritiker würden ihm jedoch Unprofessionalität vorwerfen. Dass er gelegentlich Shorts trug, oder auf einer Sitzung des nordischen Rats geflucht haben soll, seien der Auslöser dafür gewesen. Der nordische Rat ist ein Forum nordischer Länder wie Schweden, Norwegen, Island und Finnland, das die zwischenstaatlichen Beziehungen verbessern soll. Bei einem Fernsehauftritt habe sich Stubb außerdem auf eine Zielscheibe binden und mit Schaumstoffpfeilen abschießen lassen. Die Bilder dieses Medienstunts sollen ihn noch heute verfolgen, schreibt Politico.
Vielen scheint die lockere Art des Konservativen jedoch zu gefallen. Im Gegensatz zu seiner Zeit als Premierminister gebe sich Stubb außerdem deutlich demütiger, was laut Analysten zu seinem Erfolg beitrage. Obendrein würde sein kollegialer Umgang mit den politischen Gegnern auf Zuspruch treffen. „Er begann seinen Wahlkampf mit einer Charmeoffensive, in der er hauptsächlich nette und schmeichelhafte Dinge über die anderen Kandidaten sagte“, sagte der finnische Politikwissenschaftler Teivo Teivainen.
Sorgte der Ukraine-Krieg für Stubbs Rückkehr in die Politik?
Nach seinem Rückzug aus der Politik sei der Plan eigentlich „etwas anderes“ gewesen, so Stubb. „Russlands Angriff auf die Ukraine hat meine Meinung geändert“. Der Ukraine-Krieg betrifft Finnland besonders, da sich das Land eine tausende Kilometer lange Grenze mit Russland teilt. Im vergangenen Jahr schloss Finnland seine Grenzen nach Russland, auch weil man Angst vor einer Vergeltung von Wladimir Putin wegen des Nato-Beitritts Finnlands hatte.
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Wie Stubb als Präsident mit der Situation im Ukraine-Krieg umgehen wird, steht noch nicht fest. Einige Bürger würden befürchten, dass sich die Art des Chef-Konservativen negativ auswirken könne. „Stubb ist eher ein Mann der Tat“, so Lasse Seppanen, ein Gaming Manager, gegenüber Politico. Er habe Bedenken, dass Stubb damit die Bevölkerung spalten könnte.
Stubb macht derweil massiv Wahlkampf. In den vergangenen Wochen sei er durch das Land gereist und trat bei bis zu zehn Wahlkampfveranstaltungen am Tag auf. Darunter etliche Reden, Debatten und TV-Auftritte. Ihm scheint der Wahlkampfstress nichts auszumachen. Gegenüber Politico sagte er, dass er die Kampagne als „Ausdauersport“ betrachte. (nhi)