Die ungarische Rechte sinniert über eine mögliche Annexion von Transkarpatien, sollte die Ukraine den Krieg gegen Wladimir Putins Russland verlieren.
Uschhorod - Ungarn weicht im Ukraine-Krieg nicht selten von der gemeinsamen politischen Linie der Europäischen Union (EU) und der westlichen Verteidigungsallianz Nato ab.
Ungarn: Rechtsextremer Politiker würde ukrainisches Transkarpatien annektieren
Wie The Kyiv Independent jetzt berichtet, hat die rechtsextreme ungarische Partei „Mi Hazánk“ (zu Deutsch: „Unsere Heimat“) sogar Ansprüche auf die ukrainische Oblast Transkarpatien erhoben, sollte das Nachbarland Ukraine den Krieg gegen Russland verlieren. Diese Ansprüche soll demnach der Parteivorsitzende László Toroczkai am 27. Januar formuliert haben.
Die historische Region Transkarpatien war bis 1918 Teil des Königsreichs Ungarn. Nach der Niederlage Deutschlands und Österreich-Ungarns im Ersten Weltkrieg verloren die Ungarn im Vertrag von Trianon (4. Juli 1920) zwei Drittel des Staatsgebietes ihres ehemaligen Königsreiches an die Nachbarländer. Darunter war auch Transkarpatien. Toroczkai postuliert in seiner ultra-nationalen Politik ein Ungarn in den Grenzen vor dem Vertrag.
In der Zwischenkriegszeit gehörte die Karpatenukraine, so eine weitere Bezeichnung, zur damaligen Tschechoslowakei. Heute leben rund 1,25 Millionen Menschen in der Region im äußersten Westen der Ukraine, die landschaftlich durch die Berge der Karpaten geprägt ist. Eine ungarische Minderheit machte laut einer Volkszählung des ukrainischen Census noch im Jahr 2001 rund zwölf Prozent der Bevölkerung aus.
Ungarn: Minderheiten in der Ukraine, in der Slowakei und in Rumänien
Die Partei „Mi Hazánk“ hatte in der Vergangenheit wiederholt eine größere Autonomie für ethnische Ungarn in der Westukraine und in anderen Nachbarländern mit ungarischer Minderheit gefordert. „Mi Hazánk“ hat derzeit sechs von 199 Sitzen im ungarischen Parlament in Budapest inne. Zum Königreich Ungarn gehörten im Rahmen der K. u. K.-Monarchie unter den Habsburger Kaisern aus dem heutigen Österreich auch das nun österreichische Burgenland sowie Teile der heutigen Slowakei, Rumäniens und Serbiens.
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| Oblast Transkarpatien | |
| Lage: | äußerster Westen der Ukraine |
| Grenzt an: | Polen, Slowakei, Ungarn, Rumänien |
| Fläche: | 12.777 km² |
| Einwohner: | 1,25 Millionen |
| Oblast-Hauptstadt: | Uschhorod (rund 115.000 Einwohner) |
Toroczkai sinnierte laut The Kyiv Independent auf einem Parteitag in Budapest darüber, ukrainisches Territorium zu beanspruchen. Bei der Veranstaltung sollen demnach auch Vertreter der rechtskonservativen Alternative für Deutschland (AfD) gewesen sein. „Wenn dieser Krieg dazu führen sollte, dass die Ukraine ihre Eigenstaatlichkeit verliert, weil dies auch absehbar ist, dann möchte ich als einzige ungarische Partei, die diese Position vertritt, signalisieren, dass wir Anspruch erheben“, sagte Toroczkai laut des Berichts aus Kiew.
Im Ukraine-Krieg: Unterkühltes Verhältnis zwischen Kiew und Budapest
Der ungarische Außenminister Péter Szijjártó besucht in diesen Tagen die Stadt Uschhorod (rund 115.000 Einwohnerinnen und Einwohner), das Oblastzentrum der ukrainischen Region Transkarpatien. Das politische Klima zwischen Kiew und Budapest gilt als unterkühlt, weil der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban trotz des russischen Überfalls auf das Nachbarland weiter enge Kontakte zu Kreml-Autokrat Wladimir Putin und dessen Moskauer Zirkel um Außenminister Sergei Lawrow hält.
Ende November hatte Orban übereinstimmenden Medienberichten zufolge nach einer Grundsatzdebatte innerhalb der EU über die weitere Unterstützung der völkerrechtswidrig angegriffenen Ukraine verlangt. Beim EU-Gipfel Mitte Dezember sollte unter den Regierungschefs erörtert werden, so der kolportierte Vorschlag aus Budapest, ob das Ziel eines militärischen Siegs der Ukrainer noch realistisch sei. Werde eine solche „strategische Diskussion“ nicht geführt, werde Ungarn per Veto alle Ukraine-Hilfen und einen EU-Beitritt des Landes blockieren.
Ukraine-Krieg: Russische Armee rückt im Osten des Landes vor
Orban rückte später von dieser Forderung ab. Zuletzt konnte die russische Armee in der Ostukraine an mehreren Frontabschnitten vorrücken, wie das Institute for the Study of War (ISW) in einer Analyse schrieb. Währenddessen haben Deutschland, Großbritannien und Frankreich die Militärhilfen für die ukrainischen Streitkräfte seit Anfang Januar wieder deutlich hochgefahren - auch unter Verweis auf die schwierige militärische Lage. (pm)