Wie von Sinnen auf Polizisten und Diensthund geschossen: Altenstadter (22) vor Gericht
Mit einem Druckluft-Gewehr bedrohte ein 22-Jähriger im August vergangenen Jahres in Altenstadt seine Mutter. Auf die alarmierten Polizeibeamten schoss der Mann – vermutlich im Wahn – wie verrückt. Seit Montag wird die Schießerei vor dem Landgericht München II aufgearbeitet.
Altenstadt/München – Zum Prozessauftakt sagte der Angeklagte kein Wort, selbst seinen Namen bestätigte er nicht. Weil der an Schizophrenie erkrankte Mann in der Psychiatrie seine Medikamente verweigert, gilt er als gefährlich. Deshalb wurde er in Handschellen, die an einen breiten Bauchgurt aus Leder gekettet sind, in den Gerichtssaal geführt. Er blieb ruhig, schien aber nicht der Verhandlung zu folgen. Mit seiner Verteidigerin wollte er nichts zu tun haben.
In besagter Augustnacht hatte er wie von Sinnen mit seinem neumodischen Luftgewehr auf alles geschossen, was sich bewegte. Ein hiesiger und zwei Beamte des alarmierten Spezial-Einsatz-Kommandos (SEK) wurden verletzt. Einer hatte großes Glück, dass nicht sein Auge getroffen wurde. Einem anderen musste operativ ein Projektil aus dem Unterarm entfernt werden.. Er war zehn Tage arbeitsunfähig.
Auch eine Schäferhündin namens Pretty machte schmerzhafte Bekanntschaft mit dem Angeklagten. Sie gehörte zu der SEK-Einheit, die die Beamten wegen der Schießerei angefordert hatten. Pretty sollte den 22-Jährigen fassen, nachdem einer der Beamten zuvor eine Fensterscheibe entglast hatte. Doch der 22-Jährige schoss sofort mit seiner Spitzdiabolo-Munition auf die Hündin. Die machte auf der Stelle kehrt.
Zunächst merkte der Hundeführer gar nicht, dass seine Hündin verletzt worden war. Doch als er Pretty ein zweites Mal losschicken wollten, verweigerte das Tier. Darauf schaute er sich seinen Hund genauer an und wusste, was los war. Pretty wurde aus dem Einsatz genommen.
In Augsburg musste das Tier operiert werden. Röntgenaufnahmen zeigten, dass sich ein Geschoss in die Schädeldecke und ein anderes in die Schulter gebohrt hatte. Der Eingriff verlief erfolgreich. Mittlerweile versieht die Hündin wieder ihren Polizeidienst.
Nachts um 3 Uhr wurde das Haus vom SEK gestürmt
Zuvor war es den Polizisten gegen drei Uhr in der Früh gelungen, den 22-Jährigen zu überwältigen. Mit einem Luftdruckgewehr und einer Elektroschock-Pistole konnten sie den Schützen für kurze Zeit handlungsunfähig machen. Als die Wirkung nachließ, wehrte er sich gegen die Festnahme.
Der Vorsitzende Richter Thomas Bott gab sehr früh in der Verhandlung einen rechtlichen Hinweis, wonach für die heftige Schießattacke auf die Polizeibeamten statt versuchten Totschlags auch eine versuchte schwere Körperverletzung in Frage und beim Tier nur die Sachbeschädigung eines Diensthundes geahndet werden kann. Grund dafür ist der außergewöhnliche psychische Zustand des 22-Jährigen, der wie von Sinnen – und vermutlich schuldunfähig wie nicht einsichtsfähig – umher geschossen hatte. Im Fall des Hundes fehle deshalb ein Handeln aus Rohheit, erklärte der Richter. Eine Misshandlung ist aber die Voraussetzung für den Verstoß gegen das Tierschutzgesetz.
Der Altenstadter ließ im Sitzungssaal die gesamte Diskussion gleichermaßen regungslos wie teilnahmslos über sich ergehen. Aufgrund von Einträgen im Bundeszentralregister (BZR) entnahm das Gericht, dass der 22-Jährige in jungen Jahren mit explosiven Stoffen gewerkelt und Böller gebastelt hatte. Außerdem war er mit Marihuana und den Resten eines Erdnuss-Teiges mit Cannabisstücken erwischt worden.
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Die Schießerei im August 2023 hatte sich offenbar nach einem misslungenen Ritual im Garten des elterlichen Hauses entzündet. Für das Verbrennen von „Hexenkräutern“ hatte der Mann in die Mitte eines Holzhaufens ein Grabkreuz gesteckt, das die Mutter entwendete und versteckte, nachdem der Regen das Feuer gelöscht hatte. Der Prozess dauert an.