Zeugnis für Forstbetrieb zum 20. Geburtstag: Mehr Verbindendes als Trennendes

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Bad Tölz
  4. Bad Tölz

Kommentare

Blicken auf 20 Jahre Forstbetrieb Bad Tölz zurück: (v.li.) Wolfgang Morlang (Kreisjagdverband), Franz Steger (Untere Naturschutzbehörde), Korbinian Wolf (AELF Holzkirchen), Markus Haberzeth (Leiter Servicestelle Forstbetrieb) sowie Forstbetriebsleiter Robert Krebs und sein Stellvertreter Thomas Gugler. © Arndt Pröhl

20 Jahre werden die Bayerischen Staatsforsten und damit auch der Forstbetrieb Bad Tölz heuer alt. Wie fällt das Zeugnis zu diesem Geburtstag aus?

Bad Tölz-Wolfratshausen – Die Befürchtungen waren groß, als vor 20 Jahren von der bayerischen Staatsregierung die Bayerischen Staatsforsten gegründet wurden. Gut 800 000 Hektar Wald unterstanden nun einem wirtschaftlich eigenständigen Betrieb. Die Gegner befürchteten einen Ausverkauf des Waldes und dass künftig die Ökonomie über die Ökologie gestellt werden würde. Der Bund Naturschutz initiierte sogar ein Volksbegehren, das letztlich aber zu wenig Bürger unterschrieben. Wie sieht die Bilanz nach 20 Jahren aus? Robert Krebs, Leiter des Tölzer Forstbetriebs, hat Vertreter der Unteren Naturschutzbehörde, des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) sowie des Kreisjagdverbands an einen Tisch geholt, um dem Forstbetrieb ein Zeugnis ausstellen zu lassen.

(Übrigens: Alles aus der Region gibt's jetzt auch in unserem regelmäßigen Bad-Tölz-Newsletter.)

Nicht alle Kisten kamen beim Umzug an

Krebs sitzt im selben Raum wie beim Zeitungsinterview vor 20 Jahren. Damals war er stellvertretender Leiter, sein Chef Rudolf Plochmann, der vor knapp zwei Jahren in die Zentrale nach Regensburg wechselte. „Wir waren beide völlig neu hier“, erinnert sich Krebs. Zwei Tage zuvor hatte der Tölzer Kurier an derselben Stelle ebenfalls ein Foto gemacht. Auf dem packten die Mitarbeiter des aufgelösten Forstamts gerade Papiere und Akten in verschiedene Kisten. „Es musste alles zu den richtigen Stellen.“ Entweder zu den einstigen Forstverwaltungen, die nun unter dem Dach der Landwirtschaftsämter untergekommen waren und bei denen alle behördlichen Aufgaben verblieben, oder eben zu den neuen Forstbetrieben, die sich allein um die Bewirtschaftung der Staatswälder kümmerten. „90 Prozent der Kisten sind richtig angekommen. Aber es gab Papiere aus Mittenwald, die nie wieder aufgetaucht sind“, erzählt Krebs schmunzelnd.

Alles in allem besteht ein guter Austausch, der Kontakt ist partnerschaftlich.

Aufgabe des Forstbetriebs ist die „vorbildliche“ Bewirtschaftung des Staatswaldes. Dass das auch im Bereich des Tölzer Bertriebs so umgesetzt wird, prüft das AELF Holzkirchen. „Aus unserer Sicht funktioniert die Bewirtschaftung sehr gut“, sagt Forstbereichsleiter Korbinian Wolf. Natürlich gebe es mal Diskussionen – beispielsweise über das Thema Jagd oder die eine oder andere Holzernte, die zu umfangreich ausfiel. Große Reibungspunkte könne er aber nicht erkennen. „Alles in allem besteht ein guter Austausch, der Kontakt ist partnerschaftlich.“

Letztlich sind wir auch nur ein Waldbesitzer, wenn auch ein großer.

Auch Krebs empfindet die Zusammenarbeit als „sehr angenehm. Wir versuchen, uns in der Region einzuordnen. Letztlich sind wir auch nur ein Waldbesitzer, wenn auch ein großer.“ Die Ausbildung erfolgt gemeinsam, nicht der einzige Berührungspunkt. Es gibt viele gemeinsame Themen – beispielsweise die Schutzwaldsanierung. Gerade der Tölzer Forstbetrieb besitzt hier viele Flächen im Bergwald. „Die Ämter planen, und wir führen das aus. Dann wird die Arbeit kontrolliert, und wir bekommen Geld dafür oder nicht“, sagt Krebs. Auch für andere Projekte, wie Borkenkäferbekämpfung oder Naturschutzmaßnahmen, fließen Fördermittel.

Nachhaltigkeit ist das Leitmotiv der Staatsforsten

Die größte Kritik an der Forstreform 2005 kam von den Naturschützern. Forstwirtschaft und Naturschutz – ist das in Einklang zu bringen? Ja, sagt Krebs. Nachhaltigkeit sei schließlich eines der Leitmotive der Staatsforsten. Dass sich der Forstbetrieb in diesem Bereich zurechtfand, habe aber auch an Franz Steger von der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt gelegen. „Er hat uns unter seine Fittiche genommen und gesagt, was geht und was nicht“, erinnert sich Krebs. Beispiel: Canyoning. Das Wandern, Springen und Abseilen in Flüssen und Bächen sei im Allgäu, wo er zuvor tätig war, überhaupt kein Problem gewesen, sagt Krebs. „Hier wurde uns dann aber schnell erklärt, warum das hier nicht genehmigt wird.“

Schnelle Lösungen, wenn ein Problem auftaucht

Es gibt viele Bereiche, wo Naturschutz und Forstbetrieb Hand in Hand arbeiten. Das beginnt bei der Genehmigung von Filmarbeiten, reicht über Moorrenaturierungen bis hin zur Besucherlenkung im Karwendel oder am Walchensee mit der Ordnung der Parkplatz- und Zufahrtssituation. Im Karwendel werde gerade ein Projekt umgesetzt, „bei dem zumindest ein Teil der Forstwege fürs Radfahren freigegeben werden soll“, sagt Steger. Die Zusammenarbeit zwischen den Landkreis-Rangern und dem Forstbetrieb laufe „sehr gut“, ergänzt er. Generell gebe es regen Austausch – und schnell Lösungen, wenn ein Problem auftaucht. „An der oberen Isar hatte sich vor einiger Zeit eine Drifterszene etabliert“, erinnert sich Steger. Die aufgekiesten Parkplatzflächen wurden für Fahrübungen missbraucht. „Da telefoniert man einfach kurz, und schon legen die Staatsforsten ein paar Flussbausteine in die Flächen.“ Das Ende der Drift-Übungen.

Die Zusammenarbeit ist besser im Vergleich zu den alten Zeiten. Das Thema Naturschutz ist aber auch mehr in den Fokus gerückt.  

Natürlich habe es bei der Gründung der Staatsforsten Bedenken gegeben. „Man hat sich Sorgen gemacht, dass der wirtschaftliche Gedanke zu groß ist oder man Menschen aus dem Wald aussperren will“, blickt Steger zurück. „Ich habe das Ganze eher mit Spannung verfolgt, weil ich finde, dass man offen sein muss für Neues.“ Ist die Zusammenarbeit denn besser oder schlechter als vor der Reform? „Sie ist besser im Vergleich zu den alten Zeiten. Das Thema Naturschutz ist aber auch mehr in den Fokus gerückt.“

Aktionstag

Gefeiert wird der Geburtstag mit einem Aktionstag am Samstag, 12. Juli, von 10 bis 14 Uhr in Vorderriß. Unter anderem werden der Nasslagerplatz (davor kann man parken), das Wintergatter, der „stille Wald“ in Mittenwald, verschiedene Forstmaschinen und Sicherheitsfälltechniken gezeigt. Weitere Teilnehmer sind das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, die Isarranger und der Landesbund für Vogelschutz sowie örtliche Forstunternehmer. Die gesamte Bevölkerung ist willkommen.

Kritik am Forstwegebau ist leiser geworden

Für große Debatten sorgte früher das Thema Forstwegebau. „Die Zusammenarbeit mit den Behörden habe ich aber immer als sehr positiv empfunden“, sagt Krebs. Tatsächlich seien die Verfahren „lehrbuchmäßig abgearbeitet worden“, betont Steger. Diskussionen habe es mit Verbänden wie dem BN gegeben. Auch das habe sich aber beruhigt. „Einmal, weil die Verbände gesehen haben, dass wir das vernünftig bauen und die Wege nicht für Kahlhiebe nutzen, sondern für die naturnahe Bewirtschaftung“, sagt Krebs. „Zum anderen ist jetzt ein Drittel unserer Wälder Naturwald. Da macht Wegebau keinen Sinn, weil wir sie nicht mehr bewirtschaften.“

Wir haben diverse Kämpfe ausgetragen, aber auch immer wieder sehr konstruktiv zusammengearbeitet.

Private Jäger und Staatsforsten: Geht das zusammen? Natürlich, sagt Wolfgang Morlang, Chef des Kreisjagdverbands. „Die früheren Forstämter haben gesagt, wie Jagd richtig ausgeübt wird. Sie waren sehr bestimmend.“ Nach der Reform begegnen sich die Parteien auf Augenhöhe. „Obwohl wir nicht immer einer Meinung sind, haben wir eine wirklich sehr gute Zusammenarbeit vor Ort. Wir haben diverse Kämpfe ausgetragen, aber auch immer wieder sehr konstruktiv zusammengearbeitet“, betont Morlang. Die Bayerischen Staatsforsten „unterstützen uns vorbildlich in der Jagdausbildung. Das ist für uns wichtig, denn wir wollen keine Jagdscheininhaber ausbilden, sondern wirkliche Jäger, die einen Beitrag leisten und sich interessieren, wie es mit dem Wald und dem Wild weitergeht.“ Im Tölzer Land sei – auch mit Blick in andere Landkreise – „vieles in Ordnung“, sagt Morlang. Krebs bestätigt das. „Es werden viele Jagden betrieben im Isarwinkel. Da steht aber in der Regel der Wald im Fokus. Da alle das gleiche Ziel haben, funktioniert das gut.“

Besucherlenkung ist ein gemeinsames Thema von Jägern und Forstbetrieb

Was verbindet, ist zudem das gemeinsame Steinwildprojekt an der Benediktenwand. Zur Blutauffrischung wurden vor zwei Jahren Tiere aus der Schweiz in die isoliert lebende Kolonie integriert. Ein weiteres Thema, das Staatsforst und private Jägerschaft bewegt, ist die Besucherlenkung und die Aufklärung darüber, was es für Wald und Wild bedeutet, wenn der Freizeitdruck zu hoch ist oder man sich abseits der offiziellen Wege bewegt. Für Morlang ist klar: „Es gibt im Wesentlichen mehr Gemeinsames als Trennendes.“ Es sei wichtig, in dieselbe Richtung zu gehen, dasselbe Rollenverständnis zu haben. „Wir wollen keine Metzger sein, sondern Jagd ethisch vertretbar ausüben.“ Das sei hier möglich. Krebs sieht das ähnlich: „Uns ist wichtig, dass der Wald wächst, dass wir aber auch Verantwortung für das Wild übernehmen. Jagd ist kein Problem, sondern ein Teil der Lösung, wenn wir das mit dem Wald auch in Zukunft hinbekommen wollen.“

Auch interessant

Kommentare