„Wir können nicht mithalten“: Rathäusern im Kreis Ebersberg läuft das Personal davon

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Eine Bewerbungsmappe liegt auf einem Tisch. In den Rathäusern im Landkreis würde man sich solche Post öfter wünschen. Es herrscht Personalmangel (Symbolbild). © Sina Schuldt/dpa/Symbolbild

Die Gemeinden im Landkreis Ebersberg haben Probleme, Mitarbeiter zu finden – und zu binden. Das heißt etwa, dass in den Rathäusern von Zorneding über Ebersberg bis Aßling auch vieles unerledigt bleibt.

Landkreis – Stellen bleiben über Monate unbesetzt, Kollegen schieben Überstunden und erledigen liegen gebliebene Arbeit, dauernd müssen neue eingearbeitet werden: Nicht nur IT-Unternehmen und Pflegeheime stöhnen unter Personalmangel. Die schwierige Suche nach Mitarbeitern zwingt auch die Kommunen mehr und mehr in die Knie. Das kostet viele Nerven – und am Ende den Steuerzahler Geld.

„Extrem belastend“ sei die Situation für die Verwaltung, sagt Hans Fent (parteilos), Bürgermeister und Vorsitzender der Verwaltungsgemeinschaft (VG) Aßling. In anderen Gemeinden sieht es kaum anders aus.

Früher war nicht alles besser, aber manches einfacher. Wer vor ein paar Jahrzehnten in den öffentlichen Dienst getreten ist, blieb aller Wahrscheinlichkeit bis zum Ruhestand an Ort und Stelle. Die Erfahrung hat nicht nur Fent in der VG Aßling gemacht. „Wir haben in letzter Zeit einige Kollegen verabschiedet, die hier schon ihre Ausbildung absolviert hatten“, erzählt er.

Mitarbeiter wechseln ständig

Für die Jungen sei das in aller Regel keine Option mehr. „40 Jahre bleiben will heute keiner mehr“, berichtet er. „Es ist ein ständiges Kommen und Gehen.“ Manches Mal dauert die Einarbeitungszeit länger als der anschließende Einsatz. „Die Geschwindigkeit wird immer schneller“, sagt Fent. In elf Jahren als VG-Vorsitzender habe er deutliche Veränderungen wahrgenommen.

In der Folge sind die Gemeinden quasi ständig auf der Suche nach neuen Mitarbeitern. Das ist nicht nur „traurig und schade“, sondern kostet auch Nerven, Zeit – und letzten Endes Steuergelder. Eine Verwaltungskraft, die sich um Bewerber kümmern muss, kann in der gleichen Zeit nichts anderes wegarbeiten. Außerdem: Stellenausschreibungen, Online-Jobportale und Bewerbungsverfahren: „Das kostet einen Haufen Geld“, klagt Fent.

Auf der Suche nach Kämmerern

Aktuell sind in der VG sowohl die Position des Kämmerers als auch dessen Stellvertretung unbesetzt. Fent: „Die Suche wird zäh, das weiß ich jetzt schon.“ Zwar ist für Erstere bereits die Nachfolge geklärt, aber erst zum Jahreswechsel. Für die Jahresabschlussrechnung muss die VG wohl Hilfe von extern hinzukaufen – für gutes Geld. Und einen Teilzeitmitarbeiter in der Jugendpflege sucht man auch. „Früher gab es noch Übergangszeiten, in denen der Vorgänger seinen Nachfolger angelernt hat“, berichtet Fent. Das sei längst Geschichte.

In Zorneding waren bis vor kurzem fast zwei Jahre lang zwei Stellen im Bauamt vakant. Die Arbeit von rechnerisch drei Mitarbeitern musste in dieser Zeit von nur einem erledigt werden. Die Folge solcher Zustände ist klar: „Projekte bleiben liegen“, räumt Bürgermeister Piet Mayr (CSU) ein. In personell dermaßen angespannten Situationen könne zwar das Grundrauschen erledigt werden, aber eine Zusatzaufgabe mit erhöhtem Aufwand kaum mehr. „Man frettet sich so durch“, sagt Mayr. Wo keine Bewerber sind, kann man sich keine schnitzen.

Fachkräftemangel in den Kommunen

„Das System ist leer“, klagt auch Ebersbergs Bürgermeister Ulrich Proske (parteilos). Besonders für die Positionen, die nur ein Verwaltungsfachwirt bekleiden kann, sei es fast unmöglich, überhaupt jemanden aufzutun. „Wenn du einen qualifizierten Mitarbeiter findest, ist das wie ein Sechser im Lotto mit Zusatzzahl.“ Auch in anderen Bereichen von Bürgerbüro bis Bauamt sehe es kaum besser aus.

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„Kompetente Leute gibt’s natürlich schon“, sagt Proske. Aber diese würden oft Stellen in der freien Wirtschaft vorziehen, weil dort einfach besser bezahlt werde. „Das, was die Kommunen zum Beispiel im sozialen Bereich zahlen dürfen, ist offenbar nicht ausreichend“, sagt er. „Da ist schon ein hoher Idealismus nötig.“ Er habe schon Headhunter erlebt, die gezielt Mitarbeiter der Verwaltung abwürben, erzählt Fent. „Da können wir nicht mithalten, uns sind im öffentlichen Dienst finanziell die Hände gebunden.“

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