Polizei holt Bürgergeldempfänger zur Pflichtarbeit ab – Landrat sagt, was sie erleben

Im thüringischen Landkreis Nordhausen läuft seit dieser Woche ein bundesweit beachtetes Pilotprojekt: Unter 25-Jährige, die Bürgergeld beziehen und keine Ausbildung haben oder diese abgebrochen haben, müssen künftig arbeiten - bis zu 40 Stunden pro Woche in Werkstätten, auf dem Bauhof oder bei gemeinnützigen Vereinen. 

SPD-Landrat Matthias Jendricke will damit verhindern, "dass junge Menschen dauerhaft ins Sozialsystem abrutschen".

"Wir haben gesehen, dass die Jugendarbeitslosigkeit einen Zehnjahreshöchststand erreicht hat", sagt Jendricke im Gespräch mit FOCUS online. "Und viele, die ihre Ausbildung abgebrochen haben, lachen die Mitarbeiter im Jobcenter aus. Sie sagen: 'Ihr könnt uns eh nicht sanktionieren.'" Für den Landrat war klar: So könne es nicht weitergehen.

Polizei klingelt junge Bürgergeldempfänger aus dem Bett

Am Montag startete das Projekt, doch von 30 eingeplanten Teilnehmern erschienen nur acht. "Daraufhin habe ich angeordnet, dass unsere Vollzugsdienstkräfte in Uniform ab heute früh die Runde drehen", erzählt Jendricke. "Die haben fünf Leute rausgeklingelt, die dann irgendwann wach waren, und haben sie zum Träger gefahren."

Andere hätten Ausreden gehabt - von Bauchschmerzen bis zu angeblichen Terminen, viele hätten gar nicht geöffnet. "Diese Ausreden werden ihnen jetzt nicht helfen", stellt der Landrat klar. "Wer nicht kommt, muss mit Leistungskürzungen rechnen."

In einigen Familien sei die Resonanz allerdings positiv gewesen: "Da, wo jemand noch bei den Großeltern wohnte, waren die sehr froh, dass wir vorbeigekommen sind. Offenbar greifen die familiären Rahmenbedingungen nicht mehr, und dann muss der Staat am Ende über Sanktionen handeln."

Sanktionen sollen verschärft werden: "Dann hilft auch kein Anwalt mehr"

Noch liegt die mögliche Kürzung des Bürgergelds bei mageren zehn Prozent. Doch das werde sich bald ändern, erklärt Jendricke:  "Ab dem neuen Jahr werden wir bis hin zur Vollsanktionierung unterwegs sein können." 

Dafür sei die jetzige Phase eine wichtige Vorbereitung: "Wir schauen, wer sich entzieht, führen die Aktenlage sauber - und im neuen Jahr wird es keine Ausreden mehr geben. Dann hilft auch kein Anwalt mehr."