19-Jährige stirbt bei illegalem Kfz-Rennen: Jetzt spricht Gericht das Urteil
Bei dem folgenschweren Unfall starb eine 19-Jährige. Nun hat das Jugendschöffengericht am Amtsgericht Wolfratshausen das Urteil gegen den Unfallverursacher gesprochen.
Wolfratshausen/Höhenrain – Eine junge Frau starb, weil der Fahrer eines BMW, in dem die 19-Jährige auf dem Beifahrersitz saß, mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit über die Landstraße raste: Zu diesem Schluss kam am Dienstag das Jugendschöffengericht am Amtsgericht Wolfratshausen. Wegen eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung verurteilte das Gericht einen 20-jährigen Starnberger zu drei Jahren Jugendstrafe.
20-Jähriger fuhr mindestens 120 km/h – „mag sein auch 132“
„Wir sind überzeugt, dass der ortskundige Fahrer mindestens 120 Stundenkilometer gefahren ist, mag sein auch 132“, erklärte die Vorsitzende Richterin Friederike Kirschstein-Freund in ihrer Urteilsbegründung. „Es ging ihm darum, möglichst schnell zu fahren, das liegt auf der Hand“, so die Richterin. Dabei habe der Angeklagte grob verkehrswidrig und rücksichtslos gehandelt. Wäre er mit den an der Stelle erlauben 100 Stundenkilometern gefahren, „wäre er nicht am Baum angekommen“, hatte schon zuvor ein DEKRA-Gutachter konstatiert.
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Am 22. Mai vergangenen Jahres gegen 23.15 Uhr hatte der Auszubildende auf der Staatsstraße 2070 zwischen dem Ickinger Ortsteil Dorfen und Höhenrain (Landkreis Starnberg) in einer langgezogenen Rechtskurve die Kontrolle über seinen 20 Jahre alten BMW verloren. Das Fahrzeug stellte sich quer zur Fahrbahn, schoss so durch die nahe Autobahnunterführung und krachte unmittelbar danach seitlich gegen einen Baum. Die junge Frau starb nach Einschätzung eines Rechtsmediziners „binnen mehrerer Sekunden bis weniger Minuten“ an den erlittenen Verletzungen. Der Fahrer überlebte schwer verletzt und lag eineinhalb Monate in einem Krankenhaus. Vor Gericht sagt er, an den Unfallhergang keine Erinnerung zu haben.
Sie haben die Möglichkeit nicht genutzt, reinen Tisch zu machen.
Weil im Blut des Angeklagten Rückstände von Cannabis nachgewiesen worden waren, war die Staatsanwaltschaft zunächst davon ausgegangen, dass der Drogenkonsum ursächlich für den Unfall gewesen sein könnte. Dem war wohl nicht so, wie ein Sachverständiger anhand diverser Studien und eigener Erfahrungen ausführlich erläuterte. „Das ist Drama, Tragik, ganz furchtbar“, ordnete der Rechtsmediziner Dr. Fritz Primer den schrecklichen Unfall und seine Folgen ein. Primer machte aber deutlich, dass die „verkehrssicherheitsrelevanten Wirkungen“ eines THC-Rauschs schon drei bis vier Stunden nach dem Konsum abklingen. „Ein regelmäßiger Konsument hat bereits nach drei Stunden keine Beeinträchtigungen mehr“, so der Rechtsmediziner, nach dessen Berechnungen der Angeklagte rund acht Stunden vor dem Unfall zuletzt Cannabis konsumiert hatte.
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Richterin kritisiert: Keine Entschuldigung bei Hinterbliebenen
Die Verteidiger des 20-Jährigen sahen keine Anhaltspunkte für ein illegales Kraftfahrzeugrennen, sie hielten eine Jugendstrafe von 18 Monaten mit Bewährung wegen fahrlässiger Tötung für angemessen. Staatsanwältin Melanie Lichte hatte eine Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten beantragt sowie eine Führerscheinsperre von drei Jahren und neun Monaten. Diese Sperrfrist hielt auch das Schöffengericht des Amtsgerichts für angemessen.
„In höchstem Maß irritierend“, so Richterin Kirschstein-Freund, habe das Gericht die „Selbstbezogenheit“ des Angeklagten empfunden. „Sie haben die Möglichkeit nicht genutzt, reinen Tisch zu machen.“ Ungeachtet der schweren eigenen körperlichen und seelischen Schmerzen, die der Auszubildende selbst erlitten habe, sei es „schlichtweg eine Frage des Anstands, wenigstens eine Entschuldigung an die Hinterbliebenen zu richten“, sagte die Richterin. Dazu war es in den vergangenen zwölf Monaten nicht gekommen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. (rst)