Warm und feucht mögen es die Stechmücken. Im Landkreis ist die Population daher ziemlich gewachsen. So wappnen sich Wasserwacht und Gastronomie.
Lange kämpfte der Freistaat gegen katastrophale Überschwemmungen und Hochwasser. Die ersten Aufräumarbeiten nähern sich dem Ende. Nun kommt eine Konsequenz zum Tragen: Die hohen Temperaturen nach den Niederschlägen in Bayern bereiten Stechmücken einen fruchtbaren Boden. Viele Menschen im Landkreis haben es bereits bemerkt: Die Insektenlarven werden flügge und machen sich als Mückenweibchen auf die Jagd nach Blut.
Stechmücken „attackieren im Sturzflug“ – auch Starnberger See betroffen
Nah an stehendem Gewässer – und damit dem bevorzugten Brutort der Mücken – gebaut sind die Stationen der Wolfratshauser Wasserwacht. Sich großzügig mit Antimückenspray einzureiben, gehört zum „Standard“ einer Wache, erklärt Vorsitzender Ingo Roeske. Die Ortsgruppe betreut zwei Stationen, jeweils eine im Erholungsgebiet Ambach sowie an der Seeburg bei Allmannshausen am Starnberger See.
Speziell an der Seeburg treiben viele fliegende Nervtöter ihr Unwesen. „Besonders, wenn mal kein Wind weht, sieht man den See vor lauter Mücken nicht mehr“, scherzt er. „Aber wir sind es gewohnt.“ Und schlimmer gehe immer. Denn im Spätsommer warten die nächsten Plagegeister, deren Stiche nicht nur jucken, sondern schmerzen: Wespen. „Das Mittagessen draußen zu genießen, ist dann nicht mehr möglich.“
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Die erstarkte Population der Biester ist nicht nur auf der Haut der Gestochenen zu spüren, sondern auch in den Lagerhallen der Produzenten von Anti-Mücken-Spray. Die Geretsrieder Paracelsus-Apotheke hat zwar einen guten Vorrat an Antibrumm & Co. sowie juckreizlindernden Gels. Doch laut Filialleiter Elias Küffer „gibt es bei den Lieferanten einen Run auf die Produkte. Deren Sortiment ist leer gekauft, sie müssen erst nachproduzieren.“ Mit Stichen übersähte Kunden seien saisonbedingt keine Seltenheit – „dieses Jahr aber eher die Regel“, sagt Küffer.
Umweltschützer und Café-Betreiberin gegen Einsatz von Gift
Ebenfalls schon ziemlich zerstochen wurde Friedl Krönauer, Vorsitzender des Bund Naturschutz (BN) Bad Tölz-Wolfratshausen, bei einem Nachmittag auf seiner Terrasse. Er verstehe jeden, „der nach Abhilfe schreit“. Ihn erreichten Meldungen von Orten am Starnberger See, an denen sich „Leute nicht mehr vor die Haustüre trauen. Und wenn doch, werden sie von Stechmücken regelrecht im Sturzflug attackiert.“ Und doch schrillen bei ihm Alarmglocken, wenn nach Gifteinsatz gerufen werde. Denn ist es für die Menschen eine nervtötende Angelegenheit, „ist es für die Vögel ein gefundenes Fressen“.
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Birgit Oberhuber merkt das täglich. Sie betreibt das Maikiki Café am Kirchsee. Seit zwei Tagen gehören Stechmücken – „und irrsinnig viele Vögel“ – zu ihren Stammgästen. Doch weniger der See als der benachbarte Wald ziehe die Blutsauger an. „Schatten, Feuchtigkeit und Windstille – das ist für sie optimal“, weiß die Maikiki-Chefin. „Das nahe Moor ist ihnen nämlich zu sauer.“ Für die Wochen im Jahr, in denen es in der Luft ums Café besonders geschäftig zugeht, bietet sie ihren Gästen Mückensprays aus „gut riechenden und wirksamen Ölen an“. Manche Besucher brächten auch eigene Mückenabwehr wie Räucherspiralen mit.
„Auch, wenn es meinem Geschäft definitiv nicht zuträglich ist – für mich gilt: Leben und leben lassen. Mücken gehören zur Natur“, meint Oberhuber. Damit nennt sie einen Grund, warum sich auch Friedl Krönauer gegen intensive Maßnahmen wie Insektizide ausspricht. Der BN-Kreischef: „Ökosysteme sind extrem komplex und Mücken ein Teil davon. Die Konsequenzen von großflächigen Eingriffen erkennen wir meist erst, wenn es zu spät ist.“ Dann gebe es für einen kurzen Zeitraum zwar weniger Mücken. Kollateralschäden, beispielsweise in Form einer abnehmenden Vogelpopulation, sind allerdings inklusive.
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Für diejenigen Gäste, deren Stiche besonders arg jucken, hat Café-Betreiberin Oberhuber nebst Salben oder elektrischer Stichheiler übrigens einen Tipp: „vor der Abfahrt nochmal in den Kirchsee hüpfen. Das Wasser im Moorsee hat Heilwasserqualität und wirkt entzündungshemmend.“