Warngau: Neuer Asylhelferkreis nimmt die Arbeit auf
Die ersten Bewohner sind da, die Wohncontainer an der Vivo in Warngau füllen sich allmählich mit Leben. Damit nimmt auch der neue Helferkreis seine Arbeit auf.
Warngau – Dagmar Schneider wirkt entspannt und abgeklärt. Ja, die Stimmung sei aufgeheizt gewesen im Ort, damals rund um die Bürgerversammlung im Gasthof Zur Post. „Ich habe keine Bedenken vor Anfeindungen“, sagt Schneider nun als Sprecherin des Helferkreises. „Der eine oder andere berichtet von unangenehmen Begegnungen, aber wir haben keine Angst.“ Bald nach dem hitzigen Infoabend begann der Aufbau des Helferkreises, maßgeblich begleitet von Ehrenamtskoordinatorin Lisa Richters von der Asylsozialberatung der Caritas. Der Helferkreis hat sich mit mehreren Treffen vorbereitet, so gut es geht. „Wir wussten zunächst ja nicht: Kommen 500 auf einen Schlag? Oder 100? Kommen Kinder und Familien?“, schildert Schneider.
Rund 20 Aktive haben sich aktuell zusammengefunden – plus ein paar Dutzend, die im Hintergrund bereitstehen, falls es Aufgaben für sie gibt. Ernsthafte Interessenten, die nicht abzuspringen drohen, meint Schneider. Manche habe die Erfahrung bei der Bürgerversammlung im Februar 2024 motiviert, sich zu engagieren. Ein Teil der Ehrenamtlichen im Helferkreis ist auch beim Bündnis „Warngau ist menschlich“ aktiv, beide Gruppen sind aber eigenständig und unabhängig voneinander.
Abgrenzung zu „Warngau ist menschlich“
Das ist für Außenstehende nicht leicht auseinanderzuhalten. Selbst im Informations-Blatt des Landratsamtes zur Besichtigung der Unterkunft an der Vivo vor einer Woche wurde „Warngau ist menschlich“ fälschlich als „Unterstützung“ neben der Asylsozialberatung angeführt. Der Initiative „Warngau ist menschlich“ geht es aber nicht um Flüchtlingshilfe, sondern darum, alle Bürger Warngaus zusammenzubringen, die etwas gegen antidemokratische Stimmungsmache und menschenfeindliche Hetze in ihrer Gemeinde haben – auch die Warngauer, die der Großunterkunft an der Vivo kritisch gegenüberstehen. Damit die Abgrenzung deutlicher wird, hat sich der Asyl-Helferkreis in Warngau einen eigenen Namen gegeben: „Helferkreis Birkerfeld“. Bewusst ohne Nennung der Vivo, um die Assoziation mit Müll zu vermeiden, wie Schneider erklärt.
Die 66-jährige Allgemeinärztin, die mit ihrem Mann Winfried Dresel früher zusammen die Hausarztpraxis in Warngau führte und inzwischen im Ruhestand ist, war auch schon im alten Helferkreis aktiv, der sich 2015 für die damalige Unterkunft am Bergfeld gründete. Schneider gab dort Sprachunterricht. Sie hat Erfahrung mit Geflüchteten, wie ihr Mann, der als Arzt ehrenamtlich Sprechstunden in Sammelunterkünften hält. Die Engagierten des Helferkreises Birkerfeld wollen den Bewohnern der Unterkunft nicht ihre Angebote überstülpen. „Frauengruppen, Vorlesestunden, Bibliothek – so etwas geht an den Bedürfnissen der Leute vorbei“, weiß Schneider aus Erfahrung. „Da entsteht nur riesiger Frust bei den Helfern: ,Jetzt hab ich was angeboten, und dann kommt keiner.‘“
Gefragt ist praktische Hilfe
Der Helferkreis Birkerfeld will sich auf praktische Hilfe konzentrieren. In der Unterkunft wird es eine regelmäßige Sprechstunde der Ehrenamtlichen geben, um als Ansprechpartner vor Ort zu sein: Hilfe beim Ordnen der Papiere, Orientierung im täglichen Leben, wie etwa von A nach B zu kommen. Zumindest anfangs sieht Schneider noch nicht allzu viel Arbeit auf die Ehrenamtlichen zukommen. „Die Bewohner leben ja schon eine Weile hier, sie kennen sich aus.“ Nach Warngau werden laut Landratsamt sukzessive die Bewohner der Miesbacher Gymnasiums-Turnhalle (zuletzt 154 von 260 Plätzen belegt) sowie der Miesbacher Berufsschul-Sporthalle (97 von 148 Plätzen belegt) verlegt; letztere dient weiterhin als zentrale Drehscheibe zur Erstaufnahme, die Gymnasiums-Halle wird als Unterkunft aufgelöst.
Für welche konkreten Angebote in der Großunterkunft an der Vivo Bedarf besteht, hängt maßgeblich von den individuellen Bewohnern ab und muss sich erst im Kontakt zeigen, erklärt Schneider. Grobe Pläne gibt es freilich. So plane Pfarrer Gottfried Doll, der seit langem auch Pflegesöhne hat, ein Sportangebot. „Es werden viele junge Männer hier sein, die irgendwohin müssen mit ihren Kräften“, meint Schneider.
Arbeitsvermittlung wird Thema
Die Hauptaufgaben des Helferkreises sieht die Sprecherin bei Sprachunterricht und Arbeitsvermittlung. „Im Birkerfeld gibt es Interesse“, erklärte Beate Faus, Leiterin der Asylunterkunfts-Taskforce am Landratsamt am Rande der Besichtigung der Containeranlage; Betriebe hätten sich bereits gemeldet. Der Helferkreis will Arbeitswillige aus der Asylunterkunft und Arbeitgeber zusammenbringen. Ein erster Runder Tisch mit Vertretern von Betrieben im Birkerfeld ist für 6. Februar anberaumt. Der Helferkreis sieht sich nicht nur als Helfer für die Bewohner der Unterkunft. Sondern auch als Draht der Gemeinde-Bevölkerung in die Unterkunft und andersrum – als Mittler.
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Schneider ist zuversichtlich, dass dem neuen Helferkreis nicht das passiert, was dem alten widerfahren ist: dass nach und nach alle abspringen und nur eine Person übrigbleibt, an der alles hängt. Auch die Führung wurde auf mehrere Schultern verteilt, eine Handvoll Leute bildet das Kernteam, erklärt Schneider. „Das war uns allen wichtig.“
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