Erdrutschsieg: Umstrittener Ex-General wird neuer Präsident von Indonesien
Indonesien wird künftig von Ex-General Prabowo Subianto regiert. Ihm werden schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen, dennoch wählte ihn nun eine Mehrheit zum Präsidenten.
Die Menschen in Indonesien haben sich gleich im ersten Wahlgang für einen neuen Präsidenten entschieden. Ersten Auszählungen zufolge kommt der ehemalige General und amtierende Verteidigungsminister Prabowo Subianto auf etwa 59 Prozent der Stimmen. Das berichtet unter anderem die Jakarta Post. Auf Platz zwei landete demnach der frühere Gouverneur von Jakarta und Ex-Bildungsminister Anies Baswedan mit rund 24 Prozent, gefolgt vom Gouverneur der Provinz Zentraljava, Ganjar Pranowo, der etwa 17 Prozent bekam. Erste offizielle Ergebnisse werden am Abend (Ortszeit) erwartet. Zur Wahl aufgerufen waren rund 205 der knapp 280 Millionen Einwohner des viertbevölkerungsreichsten Landes der Erde.
Der große Abstand zwischen dem 72-jährigen Prabowo und den anderen beiden Kandidaten kommt überraschend. Umfragen hatten Prabowo bei um die 50 Prozent gesehen und eine Stichwahl zwischen ihm und dem unabhängigen Kandidaten Anies Baswedan vorausgesagt. Dazu kommt es nun nicht. Prabowo Subianto hatte bereits 2014 und 2019 versucht, Indonesiens Präsident zu werden, war in beiden Abstimmungen aber Joko „Jokowi“ Widodo unterlegen. Widodo war der erste Präsident des Inselstaats, der nicht aus dem Militär oder den alten Eliten stammte. Zu Beginn seiner zweiten Amtszeit machte Jokowi seinen Langzeitrivalen Prabowo zu seinem Verteidigungsminister und unterstützte ihn nun auch im Wahlkampf.

Indonesien: Prabowo will Politik von Präsident Widodo fortsetzen
Prabowo setzt auf Kontinuität. „Ich werde alle seine Programme fortsetzen. Das sage ich mit Nachdruck“, verkündete er kürzlich vor Anhängern mit Blick auf Amtsinhaber Widodo. So will Prabowo Indonesies Wirtschaft, die derzeit um rund fünf Prozent jährlich wächst, durch großangelegte Infrastrukturprojekte wie Hochgeschwindigkeitsstrecken weiter fördern. Auch will er den Bau der neuen indonesischen Hauptstadt Nusantara auf Borneo vorantreiben und das rohstoffreiche Land zu einem der weltweit wichtigsten Hersteller von Batterien für Elektroautos machen. Außenpolitisch werde das traditionell blockfreie Indonesien „seine Beziehungen zu China und den Vereinigten Staaten weiter ausbalancieren“, glaubt Kim Catechis, Investment Strategist beim Franklin Templeton Institute.
Umstritten ist Prabowo wegen seiner Rolle während des Regimes von Diktator Suharto, der Indonesien bis 1998 regiert hatte. So war Prabowo als Soldat einer Eliteeinheit an schweren Menschenrechtsverletzungen in Osttimor beteiligt sowie an der Entführung von Demokratieaktivisten gegen Ende des Suharto-Regimes. Auch war er 15 Jahre mit einer Tochter von Suharto verheiratet. Die USA hatten Prabowo jahrelang mit einem Einreiseverbot belegt. Durch Pabowos Kandidatur sei Indonesiens Demokratie dem „größten Druck“ seit dem Ende der Suharto-Diktatur ausgesetzt, klagte unlängst die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch.
Soziale Medien spielen Schlüsselrolle im Wahlkampf in Indonesien
Alle drei Kandidaten hatten im Wahlkampf stark auf soziale Medien gesetzt, um Wählerinnen und Wähler anzusprechen. Prabowo hatte sich auf TikTok als „niedlicher Großvater“ inszeniert und mit kurzen Tanzvideos viele Millionen Follower gewonnen. Beobachter wie der Politikwissenschaftler Edbert Gani Suryahudaya vom indonesischen Centre for Strategic and International Studies glauben, dass es Prabowo so gelungen ist, sein Image als an Menschenrechtsverbrechen beteiligter General abzuschütteln. „Die Leute sehen ihn heute nicht mehr als Armeegeneral, sondern als Mann des Volkes“, sagte Gani kürzlich im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau. Hinzu komme, dass 55 Prozent der Wahlberechtigten sind zwischen 17 und 43 Jahren alt sind. „Diese Leute haben keine Erinnerung an das Indonesien unter Suharto“, so Gani.
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Der unterlegene Kandidat Ganjar Pranowo hatte den Wahlkampf kürzlich als „unfair“ bezeichnet, weil sich Amtsinhaber Widodo auf die Seite von Prabowo gestellt hatte. Das ist amtierenden Präsidenten eigentlich untersagt. Zudem sorgte ein Schwager von Widodo dafür, dass das oberste Gericht des Landes die Altersbeschränkung für das Amt des Vizepräsidenten senkte. So war es Widodos erst 36-jährigem Sohn Gibran Rakabuming Raka möglich, als Prabowos Vize ins Rennen zu gehen. Beobachter fürchten, dass Widodo, der nach zwei Amtszeiten nicht erneut antreten durfte, auch in Zukunft Einfluss auf die indonesische Politik ausüben wolle.
Die Amtseinfühung von Prabowo Subianto ist für den 20. Oktober angesetzt. Zusätzlich zu einem neuen Präsidenten wählten die Menschen in Indonesien am Mittwoch auch ein neues Parlament. Ergebnisse stehen noch aus.