KI in der Moosener Kirche? Automat ersetzt Organisten: Ein Stammtischgespräch
Künstliche Intelligenz und Kirche – passt das zusammen? So scheint es zumindest in Moosen.
Moosen – In der Moosener Pfarrkirche spielt ein kleiner Kasten, ein Gerät namens E-Cantore, die Kirchenmusik an der Orgel. Was wie ein Instrument mit KI (Künstlicher Intelligenz) wirkt, ist eigentlich nur eine automatische Orgel. Trotzdem sorgt das Thema für Gesprächsstoff in der Gemeinde – auch beim Frühschoppen am Stammtisch beim Wirt Zuhr.
Schon die Hinweistafel in der Pfarrkirche über das zu singende Lied zeigt seit geraumer Zeit alles elektronisch an. Und auch die Orgel läuft nun nicht mehr durch menschliche Hand. Am Stammtisch beim Wirt Zuhr tauscht man sich darüber aus: „Heute ist sie funktionsfähig gewesen, heute kann man es akzeptieren“, sagt Max Egger in Richtung Christian Födisch, der ihm recht gibt, aber anfügt: „Sonst läuft sie zu schnell“. Seit einem Jahr habe man das Gerät. „Ich weiß keine andere Kirche mit so was“, betont Egger, der aus Wartenberg stammt, aber schon lange in Moosen wohnt.
Einige Zeit lang war die elektronische Orgel auch dringend nötig, als Ersatz für Moosens Organisten und Kirchenchorleiter John Schirmbeck. Der hatte im August einen Autounfall und konnte nicht mehr in der Kirche für Musik sorgen.
Die Orgel wurde vom Pfarrgemeinderat aber schon vor dem Unfall angeschafft, weiß Födisch. Vorsitzende Doris Hamacher sei die treibende Kraft gewesen. Der Grund dafür war, „damit John auch mal Urlaub machen und fortfahren kann“, erklärt Födisch und findet: „Ein billiger Ersatz im Vergleich zu einer echten Orgel.“
Zudem spiele „der Automat schneller, als die Moosener es von John gewöhnt sind.“ Und die Moosener singen noch langsamer als ihr Organist spiele. „Jetzt tun sie sich hart, dass sie diesem Automaten folgen. Aber heute hat’s ganz gut funktioniert“, meint Födisch, und Egger grinst: „Heute waren wir im Einklang mit der Orgel.“

Manchen gehe das musikalische Gehör halt ab, beschwichtigt er. Auch sein Stammtischkollege meint, „gewisse Aussetzer“ könne man in Kauf nehmen. „Ich hab mir neulich erst gedacht, wir in Moosen werden alle einmal in der Hölle schmoren, weil wir so schiach singen“, mischt sich ein weiterer Gast am Tisch ein, der nicht genannt werden will. Aber woanders sei es in der Werktagsmesse ohne Organisten auch nicht besser.
Und schon ist das nächste KI-Thema am Tisch: „Im Hotel Reiter in Wartenberg haben sie schon eine elektronische Bedienung, so einen Roboter. Der fährt das Essen aus der Küche raus, von Tisch zu Tisch und das leere Geschirr wieder zurück“, erzählt Egger. Er habe zwar auch eine „gute Figur“, aber optisch könne er mit der Bedienung nicht mithalten, scherzt er. Aber dann ist auch schon ausg’schmatzt.
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E-Cantore heißt die vermeintliche KI-Orgel richtig, erklärt Organist Schirmbeck der Heimatzeitung auf Nachfrage. Das ist ein kleines Kästchen, so groß wie ein Notizblock, den es beim Taufkirchener Apotheker gibt. Darin gibt man für jedes Kirchenlied eine Zahlenkombination ein, etwa 142 für „Zu dir, o Gott, erheben wir“ und dann noch die jeweiligen Stophen, zum Beispiel „1 + 2“. Dazu braucht man noch einen Sender, dann ist das Ganze auch auf der Anzeigentafel zu lesen. Das Tempo des Automaten könne man einstellen, weiß der 74-Jährige.
„Rein technisch betrachtet und nach gängigen Definitionen handelt es sich natürlich weder bei der elektronischen Liedanzeige noch bei der automatischen Orgel um eine KI“, weiß Christian Födisch. Und glücklich ist der fleißige Kirch- und Stammtischgänger auch, weil „Sir John“ inzwischen wieder in der Lage ist, fleißig die Orgel selbst zu schlagen.
Das Orgel spielen sei ihm schon sehr abgegangen, meint Schirmbeck. Erfreut war der John nicht darüber, dass er im Krankenstand durch das Kästchen ersetzt worden sei. Aber er sei froh gewesen, dass sich andere Musiker gefunden hätten, die ihn vertraten. Christiane Worbs aus Aham hätte bei Taufen die Orgel gespielt, Erwin Hausmann den Chor geleitet und die Leitung des Chors beim Adventssingens übernahm Heribert Haider.
Während seiner Genesung habe Schirmbeck jeden Tag brav Fingerübungen gemacht, und zwei Mal in der Woche sei er zur Krankengymnastik gegangen. „Es wird schon wieder“, zeigt sich der 74-Jährige zuversichtlich. „Es geht aufwärts“. Somit dürfen sich die Moosener darauf freuen, bald wieder etwas gemächlicher singen zu können.