„Badesalz“-Schnüffler schlägt berauscht auf Notarzt ein
Der berauschende Einfluss von „Badesalz“ hatte bei einem 38-Jährigen neben bizarren Halluzinationen auch zwei Faustschläge in das Gesicht eines herbeigerufenen Arztes zur Folge. Deshalb fand sich der Peitinger jetzt vor dem Amtsgericht Weilheim wieder.
VON FLORIAN ZERHOCH
Peiting – „Es tut mir außerordentlich leid“, sagte der 38-Jährige zu Verhandlungsbeginn. Der Vorfall sei ein „Ausrutscher“ gewesen. Seinen Angaben zufolge war „so etwas noch nie passiert“. Normalerweise sei er nämlich ein „gemütlicher Mensch“.
Der Peitinger, der in seiner Vergangenheit schon so manches illegale Betäubungsmittel ausprobiert hatte, gab an, „Badesalz“ konsumiert zu haben. Die Substanz gehört zu den sogenannten „legal highs“ – synthetischen Stoffen, die ähnlich berauschende Zustände wie beispielsweise Ecstasy oder Kokain hervorrufen können und unter klangvollen Namen wie „Vanilla Sky“ zu erwerben sind.
Von immensem Suchtdruck getrieben
Von immensem Suchtdruck getrieben, hatte der 38-Jährige in der Vergangenheit regelmäßig „Badesalz“ bestellt. Häufig habe er es dann anschließend – aus Angst und Panik – wieder die Toilette hinuntergespült.
Als er die Substanz im März des vergangenen Jahres konsumiert und unter dessen berauschendem Einfluss gestanden hatte, waren Rettungskräfte herbeigerufen worden. In der Wohnung des Mannes hatte sich der anwesende Arzt dem Angeklagten dann zu nähern versucht, woraufhin ihm dieser – wie aus dem Nichts – zweimal mit der Faust ins Gesicht schlug.
Die ganze Situation habe er halluzinierend „anders wahrgenommen“, merkte der Beschuldigte an. Er habe Todesängste gehabt und „gedacht, die wollen mich umbringen“, schilderte er das Erlebte. Daraufhin habe er „total Panik“ bekommen.
Nach den beiden Schlägen „bin ich über den Tisch geflogen“, erinnerte sich der Angeklagte. Anschließend seien ihm Handschellen angelegt und etwas „in die Nase gespritzt“ worden, um ihn zu beruhigen. Wie er berichtete, habe er auch selbst nach einem Mittel verlangt, damit er „runterkommt“.
Schläge „nicht dramatisch“
Der Arzt erklärte, dass die Schläge „nicht dramatisch“ gewesen seien. Der 38-Jährige hatte nicht richtig getroffen. Allerdings war ihm wie auch einem Polizisten und einem Rettungssanitäter der „verwirrte Eindruck“ des Peitingers aufgefallen. Er habe den anwesenden Arzt stets für den ihn üblicherweise behandelnden Mediziner gehalten, ständig von Hitler und „Darknet“ gesprochen und dabei wild halluziniert, so die Zeugen. An den Mann sei „kein Herankommen“ gewesen. Auch dem Polizisten ist die „akute Psychose“ des Mannes bis heute in Erinnerung geblieben. „Er hat uns gar nicht erkannt“, so der Beamte.
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Am Boden liegend habe sich seine Aggressivität jedoch schnell verflüchtigt. Der Angeklagte nutzte die Gelegenheit und entschuldigte sich während der Verhandlung persönlich bei dem Arzt.
Eine solche „Extremsituation will ich nicht noch mal erleben“, sagte der Peitinger. Derartigen „Schmarrn“ konsumiere er nicht mehr, sagte er zu Richterin Stefanie Rainer.
Schon in der Vergangenheit hatte er an Entzugs- und Sozialtherapien teilgenommen. „Eine gute Zeit“, wie er angab. Letztere strebe er nun erneut an. Aufgrund seiner Drogenhistorie, Depressionen und Psychosen gelte er mittlerweile zu einem gewissen Grad als schwerbehindert.
Beschuldigter um Therapie bemüht
Ein geladener Sachverständiger sollte bei der Frage, ob der Paragraf 64, die Einweisung in eine Entziehungsanstalt, Anwendung finden sollte, weiterhelfen. Da vor dem skurrilen Vorkommnis lange Zeit nichts vorgefallen war und der Beschuldigte selbst um eine Therapie bemüht ist, bescheinigte auch der Sachverständige ihm eine günstige Prognose. Unter dem Einfluss von „Badesalz“ seien Psychosen „fast regelhaft“, gab er an. Manche würden dabei „zum Werwolf werden“, ergänzt er. In dem vorliegenden Fall habe er allerdings „gute Gründe, positiv zu denken“, weshalb er eine zwanghafte Einweisung eher ablehnte.
Richterin Rainer hielt sich, wie auch die Staatsanwältin und der Verteidiger, an die Ausführungen des Sachverständigen und erklärte den Antrag auf Unterbringung für abgelehnt. Der Mann habe die Taten „unter Schuldunfähigkeit begangen“, hieß es abschließend.
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