Rätsel um den Kirchenschatz-Diebstahl von Wildsteig
War der Diebstahl der beiden Altaraufsätze aus der Pfarrkirche Wildsteig von langer Hand geplant? Tage davor wurden in Wildsteig zwei dunkle Gestalten gesehen. Und: Wie wertvoll ist der gestohlene Kirchenschmuck wirklich, in dem Knochen von Heiligen verarbeitet waren?
Wildsteig – Wer hat die Altaraufsätze aus der Pfarrkirche in Wildsteig gestohlen? Diese Frage beschäftig in der Gemeinde nicht nur das Mesner-Ehepaar Klein – sie selbst hatten festgestellt, dass die wertvollen Altaraufsätze, die den Altar besonders festlich machen, fehlen. „Das fällt einem momentan erst gar nicht auf“, erzählt Mesner Thomas Klein.
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Tatsächlich handelt es sich bei diesen Aufsätzen um Klosterarbeiten aus Wachs aus dem 18. Jahrhundert, eigens angefertigt für die Pfarrkirche St. Jakob. Sie sind aus versilbertem Messing und stehen auf dem Altar, ähnlich wie Kerzenhalter mit ganz filigranen Füßen, „eine Bereicherung für den Altar“, so Klein.
Knochensplitter von Heiligen
Versehen sind die Aufsätze mit versilbertem und vergoldetem Blech. Hinter einer Glasscheibe, hinterlegt mit Samt, befinden sich die wahren Schätze der Altaraufsätzze. Unter anderem sind Reliquien, wie Knochensplitter von Heiligen, in den Aufsätzen verarbeitet. Heilige, die einen Bezug zur Pfarrkirche haben.
Auch wenn der kunsthistorische Wert pro Aufsatz nur bei rund 1000 Euro liegt, so ist der tatsächlich ideelle Verlust für die Wildsteiger Pfarrkirche viel, viel mehr. „Der Verlust liegt im Reliqium“, schildert Pfarrer Josef Fegg. Die verarbeiteten Erinnerungsstücke an die Heiligen seien etwas, das die Christen mit den Heiligen verbinde. Genau deshalb „ist der Verlust sehr schmerzlich“. Hätten es die Diebe auf Gold oder Silber abgesehen, so hätte er dies nachvollziehen können, räumt er ein. „Aber ein ehrendes Andenken an die Heiligen zerstören? Da liegt kein Segen drauf, wenn jemand solche Dinge tut“, so Fegg.
Zwei dunkel vermummte Gestalten?
Ein paar Tage vor dem Diebstahl will eine Wildsteigerin, die auf dem Friedhof neben der Kirche war, zwei dunkel vermummte Gestalten an der Kirche gesehen haben, erzählt Mesner Klein. Sie sollen einen Lieferwagen mit ausländischem Kennzeichen gefahren haben. Da waren die Altaraufsätze noch da. Haben die Unbekannten nur wenige Tage vor der Tat die Pfarrkirche in Wildsteig ausspioniert?
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Und, klar: Eine große Kirchenfigur mit zwei Metern – die lasse sich nicht einfach unter der Jacke aus der Kirche raustransportieren, gibt Thomas Klein zu bedenken. Aber: Zwei halbmeter hohe Aufsätze mit einer Breite von zirka 30 Zentimetern – die sind schnell mal mitgenommen. „Du kannst in einer Kirche ja auch nicht alles festbinden und festketten.“
Ideeller Wert ist viel höher
Der materielle Wert, den die Polizei auf einen niedrigen vierstelligen Betrag beziffert hatte, ist vielleicht nicht ganz so hoch. Auch klar ist, dass der „idelle Wert für die Kirche viel, viel höher ist, als der geschätzte Wert“, sagt Mesner Klein. Diakon Martin Mylius wird noch deutlicher: „Die in den Aufsätzen enthaltenen Klosterarbeiten sind von unermesslichem Wert.“
Mylius hatte den Diebstahl bei der Polizei in Schongau zur Anzeige gebracht. Aktuell ist er in Rücksprache mit dem Ordinariat, was eine mögliche Wertschätzung der Aufsätze anbelangt. Denn: Ist ein bestimmter Wert überschritten, gibt das Landeskriminalamt das Diebesgut zur Fahndung frei. Will heißen: Anhand der Bilder könnte das Diebesgut überall identifiziert werden.
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„Vielleicht gibt es einen Markt dafür“, rätselt Mylius. Denn: „Ins Wohnzimmer stellen würde ich mir so etwas eher nicht.“ Nach Rücksprache mit der Polizei weiß der Wildsteiger Diakon: Die Täter ausfindig zu machen, dürfte schwierig werden. „Es könnten Einzelpersonen gewesen sein, Gruppen.“
Wo werden sie auftauchen?
Der Markt, so hat es Pfarrer Josef Fegg recherchiert, gibt momentan wohl wenig her. „Momentan dürften die Altaraufsätze schwer verkäuflich sein. Ich kann das nicht verstehen“, sagt er. Wildsteig rätselt weiter. Und wartet, ob die Altaraufsätze irgendwann irgendwo wieder auftauchen.
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