Bürgermeister Sluyterman: „Wir können den Euro nur einmal ausgeben“
Viele schlechte Nachrichten ereilten die Schongauer in diesem Jahr 2023, vor allem, was das Krankenhaus Schongau anbelangt. Aber es geht auch vorwärts: Das größte Projekt der kommenden Jahre ist gestartet, die Sanierung der Mittelschule. Interview zum Jahreswechsel mit Bürgermeister Falk Sluyterman.
Das alles überschattende Thema ist und bleibt sicher das Krankenhaus. 290 Kündigungen, die meisten am Krankenhaus Schongau.
Falk Sluyterman: Dass es zu so vielen Kündigungen kam, ist sehr bedauerlich, und der Zeitpunkt so kurz vor Weihnachten war sicherlich misslich. Aber das kann ich als Bürgermeister genauso wenig beeinflussen wie die Frage, wie man das Krankenhaus in Schongau in seiner bisherigen Form grundsätzlich hätte erhalten können.
Wie kann Schongau gegensteuern? Die Aufgabe des Krankenhauses bedeutet ja auch eine wirtschaftliche Schwächung der Stadt.
Wir sind geschwächt, was die Krankenhaus- und Notfallversorgung anbelangt, da fehlt mir die Fantasie, wie man das kompensieren könnte. Natürlich ist das Krankenhaus ein wichtiger Wirtschaftsfaktor – als Arbeitgeber und Auftraggeber für die örtlichen Betriebe. Ebenfalls ist das Krankenhaus ein wichtiger Standortfaktor für die Lebensqualität in unserer Stadt, auch im Hinblick auf künftige Fachkräfte, die unsere Betriebe dringend benötigen. Ich sehe den Landkreis ein stückweit in der Pflicht, zu prüfen, wie man den Altlandkreis Schongau nun stärken kann. Es gab hierzu schon Überlegungen im Kreistag. Ich vermute, dass das Thema Behördenverlagerung auch unter dem Aspekt der Kosteneinsparung durch den Abbau von Doppelstrukturen in den Behörden wieder auftauchen wird.
Wie könnten Sie sich das konkret vorstellen?
Ein profanes Beispiel: Wir haben zwei Kfz-Zulassungsstellen in Schongau und Weilheim. Man könnte untersuchen, was sich an Synergieeffekten erzielen lässt, wenn man nur noch eine hat. Das reicht hin bis zur Frage, wo der Hauptsitz der Landrätin oder des Landrats ist. Es liegt mir jetzt fern, konkrete Vorschläge zu machen, aber ganz allgemein: Würde Schongau zum Behördenzentrum ausgebaut, könnte man unsere Stadt wieder stärken, aber auch der Landkreis würde Kosten sparen. Auf der anderen Seite bin ich optimistisch, dass wir in Schongau doch eine funktionsfähige Ambulanzklinik bekommen. Dann lässt sich vielleicht das Thema Notfallversorgung für Schongau noch einmal neu überdenken und nachbessern.
Wenn es die Finanzlage zulässt. Da wären wir beim Stichwort Kreisumlage. Wird diese erhöht, muss man überall den Gürtel noch enger schnallen, auch in Schongau. Wo würden Sie ansetzen? Welche Projekte auf der Prioliste könnten denn überhaupt noch gestrichen werden?
Ich gehe jetzt erst einmal vom Status quo aus, einer Kreisumlage von 54 Prozentpunkten. Ein Prozentpunkt bedeutet für Schongau 180.000 bis 200.000 Euro, eine Anhebung um zwei Punkte wäre also eine erhebliche Belastung.
Wo könnte also konkret eingespart werden?
Es gibt Projekte, da gibt es keinen Weg mehr zurück, etwa die Generalsanierung der Mittelschule – das Investitionsvolumen liegt bei rund 23 Millionen Euro. Diesem Projekt haben sich alle anderen Vorhaben unterzuordnen. Wenn sich die Haushaltssituation insbesondere auch wegen der Gewerbesteuer verschärft, gibt es die Überlegung, den Ausbau des Köhlerstadels für die Ganztagsbetreuung nochmals zu verschieben. Erst ab dem Schuljahr 2026/2027 müssen die Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Bei den städtischen Wohnungen „Im Tal“, die bisher noch nicht modernisiert wurden, besteht akuter Sanierungsbedarf, da gibt es kein Schönreden. Aber wenn wir die finanziellen Möglichkeiten nicht haben, müsste auch dieses Projekt leider verschoben werden. Was aber nicht heißt, dass nicht trotzdem kleinere Projekte mit hoher Förderquote angegangen werden können, wie nun etwa das Eisstadion.
Da warten aber noch weitere Abteilungen des TSV wie die Fußballer seit Jahren auf finanzielle Unterstützung der Stadt. Sie muss man also noch länger vertrösten? Es geht ja auch um den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Wie sollen wir es denn machen? Wir können den Euro nur einmal ausgeben. Dass eine Generalsanierung der Umkleiden und des Platzes notwendig ist, ist offensichtlich, aber wir müssen sehen, wie wir das finanziell gestemmt bekommen. Die Vereinsarbeit ist der Kitt in unserer Stadtgesellschaft, so sehe ich das auch, aber kommunalrechtlich betrachtet sind das freiwillige Leistungen. Wir sind so verblieben: Wenn es Förderprogramme mit hohen Förderquoten gibt, packen wir das an. Ich verstehe den Unmut der Fußballabteilung, die schon lange auf eine Sanierung wartet, aber man muss auch sehen, dass in den vergangenen Jahren viele Investitionen für alle Bürgerinnen und Bürger Schongaus getätigt wurden: das Feuerwehrhaus, das Münzgebäude, die Grundschule – und nun die Mittelschule.
Straßensanierungs-Projekte wurden ja leider auch gestrichen.
Das hat aber weniger einen finanziellen als einen personellen Hintergrund. Im Bereich Tiefbau hoffen wir seit Jahren auf einen weiteren Sachbearbeiter, die Stelle ist nach wie vor aber unbesetzt. Mein Kollege Blockhaus ist derzeit alleine zuständig und noch komplett mit dem Projekt Sonnengraben ausgelastet, 2024 folgt dann der Ausbau der Peitinger Straße. Die Vogelsiedlung liegt mir wirklich am Herzen, es ist unbestritten, dass es da Handlungsbedarf gibt.
Das Baugebiet Schongau Nord ist auch so eine unendliche Geschichte. Aber es geht voran.
Wir starten nun mit dem kleinen Baufeld Südliches Eichenfeld. Ich bin zuversichtlich, dass wir die Bauleitplanung 2024 abschließen können. Man wird sehen, wie groß die Nachfrage ist, aber ich bin mir sicher, dass Schongau weiter wachsen wird. Ich bin zuversichtlich, dass sich das Baugebiet sukzessive weiter in Richtung Krankenhaus entwickeln wird.
Meine news
Große Schritte gab und gibt es in Sachen Klimaschutz. Da scheint Schongau doch auf einem guten Weg zu sein, oder?
Ich finde auch, dass wir als Stadt in unserer Größe wirklich gut vorangekommen sind. Wir haben konkrete Solarparkprojekte im Schongauer Norden, die Agri-PV-Anlage westlich der Römerstraße, für die Altstadt eine neue Satzung, wonach viele Gebäude mit Solaranlagen ausgestattet werden können. Viele Themen des Bauamts können von der Klimaschutzmanagerin Julia Kurnoth unterstützt werden. Und wir steigen in die Kommunale Wärmeplanung ein.
Angekündigt wurde auch die mögliche Erweiterung des Fernwärmenetzes.
Ich bin mir sicher, dass wir auch bis in Stadtbereiche kommen werden, in denen bisher nur Erdgas angeboten wird. Das müssen wir dann aber mit Energie Schwaben entsprechend abstimmen.
Gibt es konkrete Gespräche auch mit anderen Anbietern?
Wir führen regelmäßig Gespräche mit Herrn Schuster vom Heizkraftwerk Altenstadt. Es gibt grundsätzlich die Bereitschaft, gemeinsam an einem Strang zu ziehen, sodass wir die Energiewende in Schongau gut schaffen werden.
Kann man irgendeinen Zeitrahmen geben für den Schongauer Westen?
Das wird sicher noch einige Zeit in Anspruch nehmen, aber wir werden den Bürgerinnen und Bürgern im Rahmen der Wärmeplanung eine Zeitschiene aufzeigen.

Es ist also heuer viel umgesetzt worden?
Ja, wir haben viele große Projekte wie z. B. die Generalsanierung der Mittelschule und die Attraktivierung des Sonnengrabens auf den Weg gebracht. Auch kleinere Vorhaben wie die Umsiedlung der Tauben, die Erstellung eines Tourismusgutachtens oder die Winterbelebung des Marienplatzes haben wir erfolgreich umgesetzt. Wir haben aber nach wie vor große Aufgaben vor uns, und die Rahmenbedingungen werden nicht einfacher. Jedoch sind wir noch immer eine prosperierende Stadt: Wir haben große und wichtige Arbeitgeber, die gut bezahlte und sichere Arbeitsplätze vorhalten, für eine Stadt in unserer Größe geht es uns gut. Wir haben auch noch immer eine gute Infrastruktur. Das Krankenhaus ist ein ganz großer Wermutstropfen, aber auch da gibt es vielleicht eine Perspektive. Ich sehe auch keine Weltuntergangsstimmung, wie man es teilweise in den sozialen Medien lesen kann. Ich bin optimistisch, dass wir die Dinge, die wir in Angriff nehmen müssen, schaffen und unser Schongau nach wie vor als lebenswerte Stadt erhalten werden. Dazu gehört auch die Fuchstalbahn, für die derzeit die sogenannte Potenzialanalyse erstellt wird. Das wäre ein wesentlicher Standortfaktor, wenn die Verbindung von Schongau nach Landsberg zumindest im Probebetrieb für den Personenverkehr reaktiviert würde.
Wie hatte Bürgermeister Falk Sluyterman auf das Jahr 2023 geblickt? Hier geht es zu Interview beim vergangenen Jahreswechsel.
Unser Schongau-Newsletter informiert Sie regelmäßig über alle wichtigen Geschichten aus Ihrer Region.
Alle News und Geschichten sind auch auf der Facebook-Seite der Schongauer Nachrichten zu finden.
Die Heimatzeitungen im Landkreis Weilheim-Schongau sind unter „merkur_wm_sog“ auf Instagram vertreten.