Chaos um neue Grundsteuer - Verbandschef fordert Grundsteuer-Streik - für Betroffene hat das finanzielle Folgen

Nach einer Analyse des Eigentümerverbandes Haus & Grund haben etwa zwei Drittel der Eigentümer und Vermieter bislang keinen Grundsteuerbescheid von den Behörden erhalten. Der Präsident von Haus & Grund, Kai Warnecke, empfahl Eigentümern in einem Interview mit der „Bild“-Zeitung, Steuer-Zahlungen einzustellen. Er begründete dies damit, dass die bisherige Grundsteuer als verfassungswidrig eingestuft worden sei und ab Januar nicht mehr gezahlt werden müsse.

Rechtsexperten warnen jedoch vor einem Grundsteuer-Streik. „Wer bislang keinen Bescheid zur neu berechneten Grundsteuer bekommen hat, dem rate ich dazu, nicht einfach die Zahlung einzustellen, sofern man hierüber nicht behördlich informiert worden ist", sagt Christian Solmecke, Rechtsanwalt und Partner der Kölner Medienrechtskanzlei WBS.LEGAL. Und weiter:

„Man ist grundsätzlich als Grundstückeigentümer verpflichtet, die festgesetzte Grundsteuer zu zahlen. Eine einseitige Einstellung der Zahlung birgt Risiken, da die Behörde rechtliche Schritte einleiten könnte.“

Da sehen auch Steuerberater ähnlich, die von FOCUS online in mehreren Großstädten kontaktiert wurden, weisen darauf hin, dass eine generelle Aussetzung der Zahlungen zu „finanziellen Konsequenzen“ führen könnte.

Einige Kommunen und Gemeinden haben in ihren Steuerbescheiden aus dem Vorjahr klare Zahlungstermine festgelegt. „Diese Zahlungsfristen erstrecken sich teilweise bis in das erste Halbjahr 2025“, erklärt ein Steuerberater aus München. Aus diesem Grund wird Haushalten empfohlen, ihre Grundsteuerbescheide aus dem Vorjahr sorgfältig zu prüfen.

Grundsteuer-Streik könnte „finanzielle Folgen“ haben

In einem Punkt hat Verbandschef Warnecke recht: Das Bundesverfassungsgericht erklärte im April 2018 die bisherige Berechnung der Grundsteuer für verfassungswidrig. Gleichzeitig setzte das Gericht eine Übergangsfrist von fünf Jahren fest. 

Bis zum 31. Dezember 2024 dürfen Gemeinden und Kommunen die Grundsteuer noch nach den alten Regelungen berechnen. Ab dem 1. Januar 2025 ist das jedoch nicht mehr zulässig.

Im Urteil des Gerichts heißt es dazu: „Für Kalenderjahre nach Ablauf der Fortgeltungsfristen dürfen auch auf bestandskräftige Bescheide, die auf den als verfassungswidrig festgestellten Bestimmungen des Bewertungsgesetzes beruhen, keine Belastungen mehr gestützt werden.

Rechtsexperten weisen auf eine rechtliche Grauzone hin. Eine generelle Aussetzung der Zahlungen sollte nur dann in Betracht gezogen werden, wenn diese zuvor sorgfältig mit einem Rechtsexperten abgestimmt wurde. „Wer dennoch etwas unternehmen will, dem rate ich dringend dazu, seinen individuellen Fall zuvor unbedingt von einem spezialisierten Anwalt prüfen zu lassen“, sagt etwa Rechtsanwalt Solmecke. „Ohne Zahlung kann es ansonsten für viele zu Beginn des neuen Jahres zu teuren Nachzahlungen kommen.“ 

FOCUS online sagt: Es ist nötig, der Gemeinde und Kommune zu schreiben und die Aussetzung anzukündigen. Das Einstellen der Zahlungen könnte Mahnungen und Verzugszinsen nach sich ziehen – ein Umstand, der potenziell in einen Rechtsstreit münden könnte. 

Allerdings gibt es individuelle Unterschiede.

Noch keinen Bescheid erhalten? Das müssen Sie tun 

Den endgültigen Grundsteuerbescheid erhalten Sie per Post von Ihrer Kommune. In der Regel handelt es sich um ein beidseitig bedrucktes Dokument, in dem auch die Zahlungsfälligkeiten für das Jahr aufgeführt sind.

Das Dokument fordert Grundstückseigentümer auf, die Grundsteuer jeweils bis zum 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November eines Jahres zu überweisen. Diese Termine sind bundesweit nicht einheitlich festgelegt, sondern werden von Ihrer Kommune bestimmt.

Wenn Sie ein SEPA-Lastschriftmandat erteilt haben, wird der Betrag automatisch von Ihrem Konto abgebucht. Falls Sie keinen Bescheid erhalten haben, wird die Kommune die Zahlung in der Regel nicht einziehen. Das SEPA-Lastschriftmandat sollten Sie nicht eigenständig kündigen.

Überweisen Sie den Betrag der Grundsteuer selbst, etwa per Dauerauftrag oder Überweisung, gilt: Sie müssen nichts bezahlen, wenn kein Bescheid eingegangen ist.

Wann kommen die Grundsteuerbescheide bei Ihnen an?

Unklar. Mindestens 22 der 25 größten deutschen Städte wollen die neuen Grundsteuerbescheide erst im Januar 2025 oder sogar später verschicken. Das geht aus einer Auswertung von Finanztip hervor. „Die Reform ist ein absolutes Grundsteuer-Chaos. Das hat sich schon vor zwei Jahren gezeigt, als für 36 Millionen Grundstücke innerhalb kürzester Zeit Grundsteuererklärungen abgegeben werden mussten“, sagt Finanztip-Steuerexperte Jörg Leine.