Hirschvogel setzt bei Stellenabbau auf Freiwilligenprogramm

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Das Schongauer Hirschvogel-Werk: Allein dort werden mehr als 120 Stellen abgebaut. (Archiv) © Hirschvogel

Bei Hirschvogel sollen deutschlandweit 500 Stellen abgebaut werden. Dazu setzt das Unternehmen nun auf ein Freiwilligenprogramm. Die IG Metall rät nur in seltenen Fällen dazu, auf das Angebot einzugehen.

Viele Mitarbeiter von Hirschvogel in Schongau und Denklingen bekommen aktuell Angebote, um das Unternehmen zu verlassen. Bekanntlich will der Automobilzulieferer bis Ende 2026 rund 500 Stellen an seinen drei deutschen Standorten abbauen. Wie im November bekannt wurde, sollen rund 220 Stellen in Denklingen und rund 120 Stellen in Schongau wegfallen. Dazu kommen 130 Stellen in den Zentralfunktionen und im Verwaltungsbereich, die alle drei Standorte betreffen. Die aktuellen Markt- und Rahmenbedingungen würden die Hirschvogel Group zur Neuordnung zwingen, so Pressesprecherin Michaela Heinle.

„Um Entlassungen möglichst zu vermeiden oder auf ein Minimum zu reduzieren, wird sich das Familienunternehmen von Zeitarbeitenden trennen, einen Großteil der befristeten Verträge auslaufen lassen und Stellen von Mitarbeitenden, die aus Altersgründen ausscheiden, nicht neu besetzen“, erklärt sie. Außerdem habe die Unternehmensleitung mit den Betriebsräten ein Freiwilligenprogramm verhandelt, das nun angelaufen ist. Über ein Abfindungspaket werden freiwillig ausscheidende Mitarbeitende finanziell unterstützt und der Übergang in ein neues Arbeitsverhältnis geebnet, so Heinle. Mitarbeitenden ab 58 Jahren ermögliche die Rentenbrücke den Wechsel in den Vorruhestand.

IG Metall berät Arbeitnehmer

Karl Musiol, 1. Bevollmächtigter der IG Metall in Weilheim, führt derzeit mit vielen Hirschvogel-Angestellten Gespräche. Täglich erreichen ihn entsprechende Anrufe, aktuell biete man dreimal in der Woche im Block Beratungstermine für die Hirschvogel-Mitarbeiter an. Nur selten rät Musiol dazu, die Abfindungsangebote anzunehmen.

Für die Beratung lässt sich Musiol die Vertragsentwürfe zeigen und rechnet nach. Zuletzt war jemand bei ihm, der eh kündigen wollte. „Für ihn ist der sechsstellige Betrag natürlich wie ein Gewinn im Lotto“, so Musiol. Auch Menschen, bei denen absehbar sei, dass sie später von einem Sozialplan betroffen sein könnten und dann womöglich ohne Abfindung gehen müssten, rät er in der Regel zum Abschluss. Wenn jemand zum Beispiel Anfang 20 sei und keine Kinder habe. Oder wer schon ein konkretes Angebot eines anderen Arbeitgebers habe.

Rentenbrücken werden angeboten

In den allermeisten Fällen springe für die Angestellten bei dem Freiwilligenprogramm aber zu wenig heraus. Das Volumen der Abfindungen belaufe sich nach Musiols Beobachtungen auf 0,8 bis 1,2 Monatsgehälter pro Jahr, das man bei Hirschvogel beschäftigt war. Musiol geht davon aus, dass es bei 150 000 Euro eine Deckelung gibt. Das sei bisher die höchste Summe gewesen, die er in einem Abfindungsangebot gesehen habe, obwohl ein größerer Anspruch bestanden habe. Von den Summen müssten noch Steuern abgezogen werden. Auch mit einer Sperrung beim Arbeitslosengeld I müsse gerechnet werden.

Angebote für Rentenbrücken seien Musiol auch schon untergekommen. Auch wenn man mit dem Geld die Zeit bis zur Rente überbrücken könne, bedeute es „bis zum Lebensende massive Einbußen“ wegen Abschlägen, so Musiol, der meist abrät. Die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen über 50, die lange im Unternehmen beschäftigt sind, Kinder haben oder vielleicht alleinerziehend sind, ihren Job verlieren, sollte doch noch ein Sozialplan zum Einsatz kommen, sei laut Musiol relativ gering.

Verhandlungen für Sozialplan

Der Sozialplan werde zurzeit noch von Unternehmen und Betriebsrat ausgehandelt und komme wohl zum Tragen, wenn durch das Freiwilligenprogramm nicht genug Stellen abgebaut werden können. Üblicherweise sei man bei Sozialplan-Verhandlungen beteiligt, so der IG-Metall-Bevollmächtigte. Im Fall von Hirschvogel sei das anders, weil es dort keine Tarifbindung gebe und man keine Mehrheit in den Betriebsratsgremien habe. Man berate gerne. Am Ende schließe aber der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat Vereinbarungen.

Bei der IG Metall melden sich auch Mitarbeiter, die das Freiwilligenprogramm gerne nutzen würden, aber keine Angebote erhalten, so Musiol. Vorhaben, sich einzuklagen, seien aber chancenlos. Wie der Name sagt, beruhe das ganze auf Freiwilligkeit – sowohl auf Arbeitgeber- als auch auf Arbeitnehmerseite. Nur, wenn beide wollen, könne es zum Abschluss kommen.

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