CSU-Neujahrsempfang: Kabarettist Jürgen Kirner liest der Politik die Leviten
Ganz im Zeichen des Bundestagswahlkampfs stand heuer der traditionelle Neujahrsempfang der Peitinger CSU. Als Gastredner sparte Kabarettist und Volkssänger Jürgen Kirner nicht mit deutlichen Worten und machte dabei auch vor seiner eigenen Partei nicht Halt.
Peiting – Natürlich durfte auch Alexander Dobrindt nicht fehlen unter denjenigen, die vor vollem Haus im Sparkassensaal ans Rednerpult traten. Doch bevor sich der Spitzenkandidat der Christsozialen im Landkreis für die Bundestagswahl der Situation im Land widmete, hatte er ein ernstes Wort mit dem Peitinger Ehrenortsvorsitzenden Norbert Merk zu reden.
Wie man in Peiting wohnen und gleichzeitig Anhänger des HSV sein könne, das sei nur schwer zu verstehen, befand Dobrindt, nachdem er zuvor die Verdienste des „Vollblut-Kämmerers“ gewürdigt hatte, der just an diesem Tag im Landratsamt offiziell in den Ruhestand verabschiedet worden war.
Als Abschiedsgeschenk überreichte der CSU-Landesgruppenchef anschließend Karten fürs Spiel der Hamburger in Nürnberg, wo auch Söder kommen werde, wie er verriet. Als Pensionär könne Merk dann auch im Beisein des Ministerpräsidenten ganz unbeschwert für seinen Verein jubeln, „Deiner Karriere wird‘s nicht mehr schaden“, scherzte Dobrindt.

Zuvor hatte auch Landrätin Andrea Jochner-Weiß ein Lobeslied auf „meinen besten Kämmerer“ gesungen, die sich ansonsten wie Dobrindt den aktuellen Problemen widmete. Beim Thema Krankenhaus sprach sie von einer schwierigen Situation, die sich langsam aber ins Positive wende. „SOGesund“ etabliere sich, Weilheim brumme, „wir sind auf einem guten Weg“. Ob Merk das mit Blick auf die Finanzen unterschrieben hätte?
Am Weg der Bundesregierung ließ dagegen Dobrindt wie schon beim Neujahrsempfang in Peißenberg kein gutes Haar (wir berichteten). Dabei sprach er auch die „schrecklichen Ereignisse in Aschaffenburg“ an und verteidigte die Forderung der Union nach einem schärferen Kurs bei der Migration. Diese müsse vom Kopf wieder auf die Füße gestellt werden. „Die Politik ist gezwungen zu handeln, wenn der gesellschaftliche Frieden auf dem Spiel steht.“
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An der Politik hatte anschließend auch der Gastredner des Abends so allerhand auszusetzen. Und so redete sich Jürgen Kirner, bekannt als Moderator, Kabarettist und Gastgeber der TV-Sendung „Brettl-Spitzen“, gleich mächtig in Fahrt. Dabei machte er auch vor der CSU, deren Mitglied der Oberpfälzer nach eigenen Angaben seit über 40 Jahren ist, nicht Halt. So stichelte er etwa gegen Söders Instagram-Leidenschaft für Essens-Botschaften und lästerte über die Wahlplakate der Union. „Da macht man sich schon Gedanken. Auf der einen Seite der fünf Mal durch den Weichzeichner gezogene Merz, und auf der anderen Seite der Landesfürst mit Pornobalken und der Anmutung eines türkischen Teppichhändlers.“
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Da macht man sich schon Gedanken. Auf der einen Seite der fünf Mal durch den Weichzeichner gezogene Merz, und auf der anderen Seite der Landesfürst mit Pornobalken und der Anmutung eines türkischen Teppichhändlers.
Leid ist es Kirner, dass in der Politik niemand Fehler zugebe, und das „ständige Bashing der demokratischen Parteien“. Damit tue man nur der AfD einen Gefallen. Die wolle keinen Politik-, sondern einen Systemwechsel. „Das muss man den Leuten sagen.“ Generell müsse man wieder mehr mit den Menschen reden, und zwar ohne Worthülsen, forderte Kirner. Die Grünen kritisierte er für ihre Migrationspolitik, auch Hubert Aiwanger bekam sein Fett weg. Der möge ein guter Landwirt sein, sei aber „der schlechteste Wirtschaftsminister, den wir jemals hatten“.
Überhaupt sei in Sachen Minister in Bayern einiges an Potenzial vorhanden. „Ich würde mir wünschen, dass mehr glänzen dürften als nur einer.“ Politiker bräuchten Bodenhaftung, denn wer die Probleme der Menschen nicht kennt, der erreiche sie auch nicht, mahnte er.
Mehr Gemeinwohl nötig
Generell brauche es wieder mehr Gemeinwohl statt Meinwohl und Egomanie. „Wenn wir nicht gemeinsam zusammenstehen, wird es extrem schwierig.“ Da sei Peiting gut aufgestellt.
Ein Lob, das Bürgermeister Peter Ostenrieder, der den befreundeten Kabarettisten in die Marktgemeinde gelotst hatte, gerne hörte. HSV-Karten hatte er für Kirner nicht, dafür gab‘s ein Käsepaket als Dankeschön für ein „Highlight“ in der langen Neujahrsempfangs-Geschichte, wie der Rathauschef betonte. Auch wenn man die ein oder andere verbale Watschn habe hinnehmen müssen. „Das schadet nicht.“