„Nicht auf dem Mond“: Helferkreis kritisiert Ablehnung einer Asylunterkunft im Gewerbegebiet
Der zuständige Fachausschuss der Stadt Wolfratshausen hat den Bau einer Unterkunft für Asylsuchende im Gewerbegebiet abgelehnt. Der Asylhelferkreis kann die Entscheidung nicht nachvollziehen.
Wolfratshausen – Viele Bürger rätseln, warum der Bauausschuss des Stadtrats den Antrag eines privaten Investors abgelehnt hat, im Gewerbegebiet eine Unterkunft für Asylsuchende bauen zu dürfen (wir berichteten). Denn es war den Mandatsträgern bewusst, dass das Landratsamt das sogenannte gemeindliche Einvernehmen ersetzen wird. Das heißt: Der Investor bekommt auf jeden Fall Baurecht. Scharfe Kritik an der Entscheidung des Bauausschusses kommt von Ines Lobenstein, der Leiterin des Asylhelferkreises.
Der Bauwerber plant, auf dem Grundstück am Hans-Urmiller-Ring 49 zwei jeweils dreigeschossige sowie ein eingeschossiges Gebäude in Containerbauweise zu errichten. Die beiden „Apartmentgebäude“, so Sebastian Sens vom Rathaus-Referat Planen und Umwelt, sollen knapp 50 Meter lang, sechs Meter tief und maximal neun Meter hoch werden. Das einstöckige Nebengebäude, in dem unter anderem Räume für den Wach- und Sozialdienst geplant sind, wird 20 Meter lang, sechs Meter tief und 3,40 Meter hoch. Im Innenhof soll es laut Sens „unter anderem Möglichkeiten zur sportlichen Betätigung sowie begrünte Aufenthaltsbereiche samt Spielplatz geben“.
Das ganze Verfahren verzögert sich um bis zu drei Monate
Grünen-Stadtrat Dr. Hans Schmidt äußerte sich in der Sitzung des Bauausschusses zufrieden: Der Standort der „Wohnanlage“ in der Nähe der Bushaltestelle an der B11 sowie der Supermärkte Aldi, Rewe sowie Lidl sei „günstig“. „Wohlbedacht“ habe der Investor das Anlegen eines Fußball- und Kinderspielplatzes auf dem rund 2800 Quadratmeter großen Areal, stellte Schmidt fest. Das Gros der Gremiumsmitglieder stimmte trotzdem gegen den Bau der Asylunterkunft – in dem Wissen, dass das Landratsamt als übergeordnete Genehmigungsbehörde diesen Beschluss korrigieren wird. Zur Wahrheit gehört auch: Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler) hat Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW) nach dessen Worten zugesichert, dass die Mehrzweckhalle in Farchet – derzeit Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete – wieder Sportlern zur Verfügung steht, sobald die neue Unterkunft im Gewerbegebiet bezugsfertig ist. Die Ablehnung des Bauantrags bedeutet laut Heilinglechner: Das ganze Verfahren verzögert sich um bis zu drei Monate. Ergo bleibt die Farcheter Halle länger belegt.

Ines Lobenstein kann das Votum des Fachausschusses vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehen. „Die Flüchtlinge kommen, ob wir oder der Landrat es will oder nicht“, schreibt sie auf der Facebook-Seite unserer Zeitung. „Scheinbar ist ja die Hallenbelegung mehr gewünscht“, kommentiert sie den Beschluss des Bauausschusses. Lobenstein stellt fest: „In der neuen Unterkunft könnten sehr wohl gute Integrationsleistungen stattfinden. Unser Gewerbegebiet liegt ja nicht auf dem Mond. Eine ordentliche Unterbringung im Gewerbegebiet wäre doch einer Unterbringung in einer Sporthalle allemal vorzuziehen.“ Die Entscheidung habe nichts damit zu tun, wie viele Flüchtlinge noch in Wolfratshausen ankommen. Es gehe einzig und allein um eine „sinnvollere Unterbringung und eine hoffentliche Leerung der Mehrzweckhalle“. Letzteres „verzögert sich lediglich“ aufgrund der Mehrheitsentscheidung des Bauausschusses.
Zusage des Landrats mit Blick auf die Sporthalle im Stadtteil Farchet
Ähnlich hatte in der Sitzung am Mittwochabend Bürgermeister Heilinglechner argumentiert. Er wies die Stadträte mehrfach darauf hin, dass die Kreisbehörde ein Nein nicht akzeptieren werde, weil der Bauantrag rechtlich wasserdicht sei. Darüber hinaus habe er eine mündliche wie schriftliche Zusage des Landrats, dass die Erstaufnahmeeinrichtung in Farchet aufgelöst wird, wenn die „Ersatzunterkunft“ im Gewerbegebiet stehe. Das habe Landrat Niedermaier kurz vor der Sitzung in einem Telefonat zugesichert. Sollte der Bauantrag abgelehnt werden, hätte das nur „eine Verzögerung von bis zu zwölf Wochen zur Folge“, bis der Investor vom Kreisbauamt eine Baugenehmigung bekomme.
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Vize-Bürgermeister sieht jetzt Kreisbehörde in der Verantwortung
Sieben von zehn Ausschussmitgliedern wählten diesen Weg. „Soll das Landratsamt das gemeindliche Einvernehmen doch ersetzen“, sagte Vize-Bürgermeister Günther Eibl (CSU). Dann stehe die Kreisbehörde in der Verantwortung und wäre „Anlaufstelle für alle Beschwerden“. Nicht zuletzt „muss der Landrat dann sein Versprechen einlösen“ – und die Mehrzweckhalle in Farchet wieder ihrer eigentlichen Bestimmung übergeben. Genau dies habe Niedermaier zugesagt, so Heilinglechner. Auch für den Fall, dass der Bauausschuss dem Antrag zustimmt. (cce)
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