Stadtrat soll Schwarzbauten dulden: Wolfratshausens Rathauschef spricht von „Irreführung“

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Den Abriss der drei Schwarzbauten am Isarspitz im Wolfratshauser Stadtteil Weidach hat das Landratsamt angeordnet. Gegen diese Entscheidung haben Bauherr und Eigentümerin Rechtsmittel eingelegt. © Archiv

Die „Bürgerschafts-Initiative gegen Wohnraumvernichtung“ fordert vom Wolfratshauser Stadtrat die Duldung der Schwarzbauten am Isarspitz. Rathauschef Klaus Heilinglechner spricht von „Irreführung“.

Wolfratshausen – Die drei Schwarzbauten am Isarspitz im Ortsteil Weidach stehen trotz der Anfang 2023 ergangenen Abrissanordnungen des Landratsamts in Bad Tölz noch immer. Wie berichtet fordert die „Bürgerschafts-Initiative gegen Wohnraumvernichtung, Baurechtsmissbrauch und Behördenwillkür“, kurz BIWOB, die Duldung der Schwarzbauten. Die Immobilien sollen für soziale Zwecke zur Verfügung gestellt werden. Nun hat BIWOB-Sprecher Burkhard Stüwe, Kommunikationswissenschaftler aus Geretsried, den Vorschlag der Initiative an Wolfratshausens Bürgermeister Klaus Heilinglechner gesendet. Verbunden mit der Bitte, den „offenen Brief“ allen Stadträtinnen und Stadträten weiterzuleiten. Dies wird der Rathauschef allerdings nicht tun. Er wolle so einer „Irreführung“ der Mandatsträger vorbeugen, so Heilinglechner gegenüber unserer Zeitung.

Auf einen einfachen Nenner gebracht plädiert die im Oktober vergangenen Jahres gegründete BIWOB für die Duldung der Schwarzbauten am Isarspitz 24, 24a und 25. Der Träger eines Sozialprojekts könnte anschließend jeweils ein Haus „für einen symbolischen Euro“ zuzüglich Betriebs- und Nebenkosten mieten. Trotz Duldung bliebe die Tochter des Bauherrn die Eigentümerin der drei Immobilien, sie dürfte laut Stüwe die Häuser aber nicht nutzen.

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Weder der Bauherr noch seine Tochter äußerten sich bis dato selbst öffentlich zu der Idee. Beide haben gegen die Abrissanordnungen beim Verwaltungsgericht in München Rechtsmittel eingelegt. Für das Landratsamt kommt der BIWOB-Vorschlag nicht in Frage. Behördensprecherin Marlis Peischer: „Dass es Schwarzbauten sind, wurde über Jahre hinweg immer wieder kommuniziert, geahndet, gerichtlich und zuletzt auch durch den Petitionsausschuss des Bayerischen Landtags bestätigt.“

Wir können und wollen uns nicht vorstellen, dass politische Entscheidungsträger offen für die Vernichtung real existierenden Wohnraums eintreten. Und im vorliegenden Fall liegt die ausschlaggebende Entscheidung beim Stadtrat der Stadt Wolfratshausen.

„Dass hier gegen baurechtliche Vorgaben verstoßen wurde, ist wohl unumstritten“, räumt Stüwe in seinem offenen Brief ein. „Allerdings lässt die juristische Situation durchaus zu, andere Wege zu finden als den Abriss der Gebäude“, meint der Kommunikationswissenschaftler. Für die BIWOB stehe „das Gemeinwohl im Vordergrund“. Denn angesichts von Wohnungsnot sei es „nicht nachvollziehbar, Wohnraum zu vernichten“. Die „breite Masse der Menschen“ würde es als „absurd“ betrachten, „fertige Häuser abzureißen“. Stüwe: „Wir können und wollen uns nicht vorstellen, dass politische Entscheidungsträger offen für die Vernichtung real existierenden Wohnraums eintreten. Und im vorliegenden Fall liegt die ausschlaggebende Entscheidung beim Stadtrat der Stadt Wolfratshausen.“

Bürgermeister betont: „Es gibt für die Häuser keine Baugenehmigung“

Das stimme nicht, betont Bürgermeister Heilinglechner im Gespräch mit unserer Zeitung. Eine Duldung könne nur das Landratsamt, konkret die Untere Bauaufsichtsbehörde genehmigen. Nach Rücksprache mit dem Kreisbauamt werde er aus diesem Grund den offenen Brief des BIWOB-Sprechers nicht an die Stadträte weiterleiten. Andernfalls könne dies zu einer „Irreführung“ der Mandatsträger führen. Heilinglechner kündigt an, die Stadträte im Rahmen einer „Bekanntmachung“ über den Sachverhalt informieren zu wollen. An seiner grundsätzlichen Meinung zur Causa Isarspitz habe sich nichts geändert: „Egal ob Frauenhäuser, eine Flüchtlingsunterkunft, ein SOS-Kinderdorf oder ein anderer sozialer Zweck: Es gibt für die Häuser keine Baugenehmigung.“

Nichtsdestotrotz kämpfen Stüwe und seine Mitstreiter für die Duldung der drei Einfamilienhäuser. „Ganz klar“ sei, dass den wirtschaftlichen Interessen des Bauherrn und der Eigentümerin nicht nachgegeben werden dürfe. Der BIWOB-Sprecher bietet Bürgermeister und Stadtrat an, dass die Fachanwälte in den Reihen der Bürgerschafts-Initiative der Kommune „helfen, das Problem gemeinsam zu lösen“.

Den nächsten Zug macht das Verwaltungsgericht München

Nach Ansicht von Rathauschef Heilinglechner muss die Kommune kein Problem lösen. Die Flößerstadt sei nicht Herrin des Verfahrens. Den nächsten Zug mache das Verwaltungsgericht München. Doch einen Termin, wann über die Einsprüche des Bauherrn und der Eigentümerin der drei Schwarzbauten am Isarspitz gegen die erteilten Abrissanordnungen entschieden wird, gibt es noch nicht. (cce)

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