Neuer Direktor am Gymnasium: Teamplayer und Lateiner aus Leidenschaft

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Der Neue: Wichtiger als ein aufgeräumter Schreibtisch war Gymnasiums-Direktor Thomas Wendl an seinen ersten Arbeitstagen das Gespräch mit Kollegen, Mitarbeitern und Schülern. © Sabine Hermsdorf-Hiss

Thomas Wendl leitet seit 24. Februar das Geretsrieder Gymnasium. Der 41-Jährige kehrte an seine alte Wirkungsstätte zurück - er war selbst einige Jahre Schüler.

Geretsried – Nicht alle persönlichen Sachen hat er bisher ausgepackt, und sein Schreibtisch ist auch noch nicht so, wie er ihn gerne hätte, nämlich aufgeräumt. Doch Thomas Wendl war es wichtiger, in diesen ersten Tagen möglichst viele Mitarbeiter, Lehrer, Schüler und Elternvertreter persönlich kennenzulernen. Seit Beginn des zweiten Halbjahres, also seit 24. Februar, ist der 41-Jährige Direktor des Gymnasiums Geretsried (GymGer). Im Interview mit unserer Zeitung spricht der ehemalige Schüler des Gymnasiums auch über Ideen die er gerne umsetzen möchte.

Herr Wendl, an einem naturwissenschaftlich-technologischen und neusprachlichen Gymnasium sind Sie als Lateiner eher ein Exot. Was begeistert Sie an der „toten Sprache“?

Da muss ich gleich widersprechen. Latein ist alles andere als eine tote Sprache. Mit Latein kann ich mir als Schüler ganz unterschiedliche Bereiche, ja Welten, erschließen, nicht nur die antike. Doch auch diese ist für die Schülerinnen und Schüler nach meiner Erfahrung sehr spannend: Vieles von ihr ist uns vertraut, anderes ist uns völlig fremd, wie zum Beispiel die Sklaverei im Alten Rom. Die eingehende Auseinandersetzung mit Texten im Lateinunterricht fördert zudem die Sensibilität für Sprache ganz allgemein. Sie lehrt uns, wie man formuliert, mit welcher Zielsetzung man etwas ausdrückt oder auch, wie man manipuliert. Schließlich ist Latein eine sehr ästhetische Sprache. Ich persönlich gehe gerne analytisch vor. Ich mag es, Dinge zu zerlegen und sie wieder zusammenzusetzen – so funktioniert Latein.

Ist katholische Religionslehre auch so eine Herzensangelegenheit für Sie?

Das Fach Religionslehre ist inhaltlich enorm vielseitig. Ein zeitgemäßer Religionsunterricht, wie ihn der Lehrplan Plus verlangt, muss einiges im Blick haben, zum Beispiel die Lebenswelt der Schüler und die aktuellen Fragen der Gesellschaft. Es ist ein zentrales Anliegen sowohl des katholischen als auch des evangelischen Religionsunterrichts und des Ethikunterrichts, dass die Schüler ihre eigene, reflektierte Position zu religiösen Fragestellungen entwickeln können.

Werden Sie Zeit finden, Ihre Lieblingsfächer zu unterrichten?

In diesem Halbjahr nicht, aber ab dem nächsten Schuljahr möchte ich auf jeden Fall einige Stunden unterrichten. Der Kontakt zu den Schülerinnen und Schülern ist mir ganz wichtig, und der Unterricht ist eine sehr gute Möglichkeit, um auch als Schulleiter mit ihnen unmittelbar ins Gespräch zu kommen. Schließlich sind die Schüler aller Grund unserer täglichen Arbeit und müssen daher immer im Zentrum unseres Tuns stehen.

Sie haben in Ihrem ersten Elternbrief geschrieben, dass Sie in etliche Klassen gegangen sind, um sich persönlich vorzustellen, aber auch, um sich einen Eindruck von der Atmosphäre an der Schule zu verschaffen. Wie ist Ihr erster Eindruck?

Ich habe die Jugendlichen gefragt, was ihrer Meinung nach besonders ist am GymGer, was ihnen gefällt und auch was besser werden könnte. Ich empfand die Schüler als sehr aufgeschlossen. Mein Gesamteindruck war ein bewusstes „Ja, wir gehen gerne auf diese Schule“.

Und wie wurden Sie vom Lehrerkollegium aufgenommen?

Ebenfalls sehr offen und herzlich. Es ist ein im Durchschnitt erstaunlich junges Kollegium mit vielen engagierten Frauen und Männern, die Lust haben, mitzugestalten. Die Sekretärinnen, mein Stellvertreter Kilian Krywalski und das ganze Schulleitungsteam unterstützen mich, wo sie können.

Was ist das für ein Gefühl, als Direktor durch seine alte Schule zu laufen?

Es hat den Vorteil, dass ich mich nicht erst groß zurechtfinden muss. Die Raumbezeichnungen haben sich zwar geändert, aber ich weiß, wo die Aula ist oder wo zum Beispiel die Musiksäle und die Kunsträume sind.

Haben Sie schöne Erinnerungen an Ihre Gymnasialzeit in Geretsried?

Aber ja! Sonst wär’ ich doch nicht hier. Jede Schulzeit hat ihre schattigen und ihre hellen Momente. Bei mir überwogen am Gymnasium Geretsried eindeutig die hellen.

Der von Ehemaligen und der Schulfamilie oft beschworene „Spirit“ des GymGer – existiert der wirklich?

Die Schule war und ist eine sehr liberale und innovative Schule. Das Handeln ist orientiert an der individuellen Entwicklung jedes Schülers und jeder Schülerin. Ein Beispiel dafür ist die Einführung der Lernlandschaften im Jahr 2017 für selbst organisiertes Lernen. Das ging damals rasch und problemlos. Auch, dass beim Weihnachtskonzert schon die Fünftklässler der Musizierklasse von unserem Musiklehrer Alfred Menzinger, die erst seit zweieinhalb Monaten ein Instrument gelernt hatten, auftreten durften, zeugt vom Geist der Schule: Man traut den Kindern und Jugendlichen etwas zu. Als Schüler war mir dieser „Spirit“ vielleicht nicht so bewusst. Aber ich habe es schon damals geschätzt, dass wir als progressive Schule über ein Sprachlabor verfügten, dass es die Möglichkeit zu einem Schüleraustausch in Chile gab und vieles mehr.

Sie haben einige Zeit im Kultusministerium gearbeitet und kennen von daher auch die Schulpolitik. Fällt es Ihnen dadurch leichter, Entscheidungen „von oben“ zu akzeptieren und umzusetzen?

Ja. Die Entscheidungen, die das Ministerium fällt, sind keine leichtfertigen, ganz im Gegenteil: Den Entscheidungen liegen – das weiß ich aus eigener Erfahrung – intensive Abwägungs- und Abstimmungsprozesse zugrunde. Ich trete der Aussage, vom Kultusministerium werde bisweilen „etwas Seltsames“ verordnet, ganz klar entgegen. Alles hat sein Für und Wider, alles braucht seine Zeit bei der Umsetzung. Nicht zu vergessen: Es gibt oftmals Rahmenbedingungen, die eingehalten werden müssen, wie länderübergreifende Vereinbarungen. Reformen sind immer eine Anpassung an die jeweiligen Umstände.

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Haben Sie schon Ideen und Vorstellungen, was Sie am GymGer gerne umsetzen würden?

Dafür ist es noch viel zu früh. Ich habe natürlich eine gewisse Vorstellung, wodurch sich eine gute Schule auszeichnet. Das meiste hier läuft sehr, sehr gut. Das Angebot an Fächern und Kursen ist toll, die Zusammenarbeit mit dem Elternbeirat und dem Förderverein ist konstruktiv, Probleme werden klar angesprochen. Es wird Veränderungen geben in der Zukunft, denn wir müssen mit der Zeit gehen, zum Beispiel im Bereich Digitalisierung. Ich sehe das als Chance zur Weiterentwicklung. Es ist meine Überzeugung, dass jede wirkungsvolle Veränderung von der ganzen Schulgemeinschaft getragen werden muss. Ich bin da ein Teamplayer.

Seit über zehn Jahren ist das Schulzentrum eine einzige Baustelle. Was können Sie den Eltern der künftigen Fünftklässler, die an diesem Freitag zum Info-Abend kommen werden, an Perspektiven aufzeigen? Werden ihre Kinder irgendwann einen Unterricht ohne störende Bauarbeiten erleben?

Ich kann den Kindern an ihrem ersten Schultag im September auf jeden Fall mit auf den Weg geben, dass sie die Schule einmal ohne Kran und ohne Gerüst verlassen werden (lacht). Aber im Ernst: So lange wird es nicht mehr dauern. Wenn alles glatt läuft, ist in zwei bis drei Jahren Schluss. Der Eingangsbereich soll schon Ende dieses Jahres fertig sein. Er wird ähnlich schön wie das Entree der Realschule. Darauf freue ich mich. Dass der Landkreis als Sachaufwandsträger so viel Geld in seine Schulen steckt, ist ein Zeichen großer Wertschätzung. Positiv ist auch, dass man den Schulen bei den Planungen ein starkes Mitspracherecht einräumt. Wir können zum Beispiel bei der Gestaltung der Fachräume unsere Erfahrung und unser Wissen einbringen.

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Verraten Sie uns zum Schluss noch, was Sie in Ihrer Freizeit gerne machen?

Meine Kinder sind noch sehr jung – da bleibt nicht allzu viel Freizeit (lacht). Wenn ich frei habe, mache ich eigentlich alles gerne, was draußen stattfindet. Ich bin ganz froh, dass ich eine halbe Stunde von Geretsried entfernt wohne. Auf der Hin- und Rückfahrt habe ich so täglich ein wenig Zeit für mich, zum Nachdenken oder auch zum Abschalten.

Lebenslauf

Thomas Wendl folgt wie berichtet auf Christoph Strödecke nach, der nach Markt Indersdorf gewechselt ist. Wendl, der in Buchberg bei Gelting aufwuchs, und mit seiner Frau und den vier gemeinsamen kleinen Kindern im Landkreis Weilheim-Schongau lebt, besuchte das Geretsrieder Gymnasium selbst von der fünften bis zur elften Jahrgangsstufe. Sein Abitur machte er dann aber, wegen der Leistungskurswahl, in Icking. Wendl studierte Latein und katholische Religionslehre für das Lehramt am Gymnasium. Sein Referendariat absolvierte er am Gymnasium Leopoldinum in Passau und am Gymnasium in Icking. Er unterrichtete am Erasmus-Grasser-Gymnasium in der Landeshauptstadt München und am Staffelsee-Gymnasium in Murnau. Dazwischen war er fünf Jahre lang pädagogischer Mitarbeiter im Kultusministerium. Zuletzt war er stellvertretender Schulleiter am Gabriel-von-Seidl-Gymnasium in der Nachbarstadt Bad Tölz.

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