Geretsrieder Starkbierfest mit Fastenpredigt: „Wie Nockherberg dahoam“

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Umrahmt von viel Grün: Ludwig Schmid alias Bruder Barnabas nahm in seiner Fastenpredigt so manchen Politiker aufs Korn. Auch die noch etwas karge Neue Mitte Geretsrieds war ein Thema. © Hans Lippert

Zweimal volles Haus: Die Gartenberger Bunkerblasmusik und Bruder Barnabas haben bei ihrem 19. Starkbierfest wieder das Publikum begeistert.

Geretsried – Im Starkbierfest-Wettkampf der Nachbarstädte hatte Wolfratshausen in diesem Jahr mit einem vielbejubelten Singspiel ordentlich vorgelegt. Aber die Gartenberger Bunkerblasmusik und Fastenprediger Bruder Barnabas nahmen die Vorlage auf und legten ihrerseits einen starken Auftritt nach. Bei der 19. Auflage ihres Starkbierfests (im 20. Jahr seines Bestehens) schwappte im bis (fast) auf den letzten Platz gefüllten Saal der Ratsstuben der Gerstensaft in großen und kleinen Krügen und die Stimmung von der Bühne rasch aufs Publikum über.

Buh-Rufe für Absage des Bürgermeisters

Nur einer, auf den sich viele gefreut hätten, ließ sich das fröhliche Spektakel entgehen. Der für Rathauschef Michael Müller reservierte Platz am Biertisch vor der Bühne blieb leer. „Das letzte Vorzimmer hat gestern Mittag auf die Einladung vom 12. Januar mitgeteilt, dass es einige Terminüberschneidungen gäbe, der Bürgermeister aber eine schöne Veranstaltung wünsche und schöne Abende“, ließ Bruder Barnabas später wissen – begleitet von Buh-Rufen des Publikums. Es sollte die einzige Unmutsbekundung an diesem Abend sein.

Voll besetzt war der Ratsstubensaal beim Starkbierfest der Gartenberger Bunkerblasmusik.
Voll besetzt war der Ratsstubensaal beim Starkbierfest der Gartenberger Bunkerblasmusik. © Hans Lippert

Zu dem Zeitpunkt hatte Ludwig Schmid seine Klarinette bereits abgestellt und war in seine braune Kutte und die Rolle des Fastenpredigers Bruder Barnabas geschlüpft. Die ansonsten sehr zahlreich erschienene politische Prominenz aus den Gemeinden der Umgebung und den Mitgliedern des Geretsrieder Stadtrats bot genügend Stoff, sie der Reihe nach, mal mehr mal weniger scharf zu derblecken.

Da brauchens in Wolfratshausen gar nicht so frech singen: Es fährt kein Zug nach Geretsried. So sicher ist des in Wolfratshausen auch ned, ob a Zug kommt.

Dabei gab es eine Premiere, den Besuch „einer feschen, blonden Frau“, Ickings Zweite Bürgermeisterin Claudia Roederstein, womit „zum ersten Mal in 20 Jahren jemand aus Icking da ist“, wie Barnabas erfreut feststellte. Der angedrohte „gesammelte Spott aus 20 Jahren, alles, was uns zum Thema Icking bewegt hat“, beschränkte sich auf ein Schulterzucken des Predigers. Nicht immer fand er nette Worte. „Die Aufgabe vom zweiten Bürgermeister ist: Nix falsch machen, wenn der erste nicht da ist“, wandte er sich an Sonja Frank (wie Müller in Abwesenheit). „Am besten gar nichts machen, nur schön lächeln. Sonja, Du bist eine sehr gute zweite Bürgermeisterin.“

Amüsierten sich: (v. li.) Landtagsabgeordneter und Vize-Landrat Thomas Holz, Bundestagsabgeordneter Karl Bär, Dritter Landrat Klaus Koch, Eglings Bürgermeister Hubert Oberhauser und sein Amtskollege aus Münsing, Michael Grasl.
Amüsierten sich: (v. li.) Landtagsabgeordneter und Vize-Landrat Thomas Holz, Bundestagsabgeordneter Karl Bär, Dritter Landrat Klaus Koch, Eglings Bürgermeister Hubert Oberhauser und sein Amtskollege aus Münsing, Michael Grasl. © Hans Lippert

Da war Barnabas schon voll in seinem Element. Frotzelte über Königsdorfer Geschäfte mit dem Münchner Christbaum und Glühweinstandl („a richtige Gemeinschaftsleistung der Glühwein. Saufen für die Dorfgemeinschaft“), foppte den zweiten stellvertretenden Landrat Klaus Koch ob seiner Treue zum Starkbierfest: „Du gehörst ja hier fast schon zum Inventar, seit Jahrzehnten quasi. Des sieht man Dir auch an.“ Beim Anblick des Eglinger Bürgermeisters Hubert Oberhauser fühlte er sich an ein Schiebepuzzle erinnert: „Irgendwie hab ich des Gefühl, das ihr Eure Straßenbaustellen und Ortsdurchfahrtssperrungen im Gemeindegebiet nur so hin- und herschiebt. Aber macht weiter so. Jede Absperrbake, die bei Euch steht, kann nicht mehr in der Egerlandstraße aufgestellt werden.“ Das Publikum quittierte es mit johlendem Applaus.

Vergleich mit Singspiel in Wolfratshausen

Überhaupt waren Zuhörerinnen und Zuhörer konzentriert bei der Sache. Hatte Barnabas doch eingangs dezent darauf hingewiesen, wie sich jeder den Abend schöner gestalten könne. „So ein Singspiel hat natürlich mehr Action, ist schön plakativ und lebt von der Emotion“, war auch ihm der Erfolg des Starkbierfestes in Wolfratshausen nicht verborgen geblieben. Aber: „Bei so einer Fastenpredigt, da muss ma zuhören. Und mitdenken, damit ma’s versteht“, mahnte Barnabas. „Schon klar, dass so mancher in Wolfratshausen war, aber heute hier fehlt.“ Deswegen versuche er auch, „komplexe Sachverhalte und Zusammenhänge möglichst einfach darzustellen. Damit auch die Politiker das mal verstehen“. Das kam an. „Ich fand die Predigt sehr pointiert und auf den Punkt“, zeigte sich eine Geretsriederin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, angetan. „Ich finde, das Publikum hat das sehr gut verstanden und ist gut mitgegangen.“

Publikum fordert Zugabe von den Plattler-Burschen

Das Mitgehen machten auch die Musikantinnen und Musikanten auf der Bühne den Starkbierfest-Fans leicht. Roland Hammerschmied (der zu Beginn des Abends explizit darauf hingewiesen hatte, dass es sich beim Starkbierfest um eine Veranstaltung der Bunkerblasmusik handele und nicht ein Fest der Stadt Geretsried sei) und seine Combo lieferten schon früh am Abend mit einem flotten Dixie-Block einen ersten musikalischen Höhepunkt. Bei dem legte rasch jeder, der mit seinem Starkbiergulasch, Schweinebraten, Schnitzel oder Wurstsalat noch nicht fertig war, Messer und Gabel aus der Hand.

Zünftige Schuhplattler-Einlage: (v. li.) Die drei Burschen Simon Hammerschmied, Florian Chudalla und Marius Hammerschmied von der Gartenberger Bunkerblasmusik beherrschen nicht nur ihre Instrumente, wie man sieht.
Zünftige Schuhplattler-Einlage: (v. li.) Die drei Burschen Simon Hammerschmied, Florian Chudalla und Marius Hammerschmied von der Gartenberger Bunkerblasmusik beherrschen nicht nur ihre Instrumente, wie man sieht. © Hans Lippert

Beinahe frenetischen Beifall gab’s für eine frühe Showeinlage der „Holzhackerbuam“ Florian Chudalla, Simon und Marius Hammerschmied, die mit einer Schuhplattler-Einlage erste „Zugabe, Zugabe“-Rufe provozierten. Mit der Geretsried-Hymne „Dir Geretsried die Treue“, verabschiedete sich die Kapelle in die Predigtpause, aus der sie mit dem Stadion-Mitsingklassiker „Sweet Caroline“ grandios zurückkehrte.

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Als Klarinettistin Sarah Dreyer zu vorgerückter Stunde ans Mikrofon trat und die Frontfrau gab, gab es kein Halten mehr: Bei Partyklassikern wie „Westerland“, „Ham kummst“, „Er gehört zu mir“ oder „I will survive“ stiegen nicht nur die jungen Leute im Publikum auf die Bänke. Weiter ging’s noch eine Spur heftiger, als die Blasmusiker mit den AC/DC-Hammern „Yo shook me all night long“, „Highway to Hell“ und Status Quos „Rockin’ all over the world“ abrockten – ehe sie das Publikum mit der Bayernhymne ziemlich genau um Mitternacht wieder von den Bänken holten. Feierabend! Schade. Die schönste Beschreibung des Abends lieferte eine Besucherin, die zwar schon seit zwölf Jahren in Geretsried lebt, aber diesen Samstagabend zum ersten Mal das Starkbierfest live erlebte: „Schon cool das Ganze. Das ist wie Nockherberg dahoam.“

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