Alarmierend hohe Zahl an Insolvenzen im Baugewerbe: „Betriebe und Arbeitsplätze in Gefahr“
Die Baubranche in Deutschland steckt in einer tiefen Krise. Insolvenzen und Jobverluste nehmen dramatisch zu. Das zeigt das Beispiel aus einem Bundesland.
Hannover – Die Baubranche in Deutschland befindet sich in einer der tiefsten Krisen seit 50 Jahren, und auch für 2024 zeichnet sich keine Erholung ab. Rolf Buch, CEO von Vonovia, dem größten Immobilienunternehmen Deutschlands, warnte vor einer Verschärfung der Situation: „Wir stehen vor einer Welle von Pleiten“. Aktuelle Daten des Statistischen Landesamtes Niedersachsen bestätigen diese düstere Prognose. Demnach verzeichnete das „Baugewerbe“ zwischen Januar und Juni 2024 einen Anstieg der Insolvenzen um 53,7 Prozent.
Die Bauindustrie in Niedersachsen sieht sich mit einer Verschärfung der Krise konfrontiert: „Betriebe und Arbeitsplätze in Gefahr“. Nach einem schwierigen Jahr sind die Aussichten für das laufende Jahr nicht besser. Die Aufträge sind stark zurückgegangen, während die Baupreise hoch bleiben und der Immobilienmarkt stagniert. Die Auswirkungen sind deutlich: Im ersten Halbjahr 2024 verzeichnete Niedersachsen eine Welle von Insolvenzen in der Baubranche. Laut dem Landesamt für Statistik Niedersachsen (LSN) in Hannover stieg die Zahl der Insolvenzanträge insgesamt um 35,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Zahl an Insolvenzen im Baugewerbe steigt dramatisch an
Christian Staub, Präsident des Baugewerbe-Verbands Niedersachsen BVN, erklärte gegenüber IPPEN.MEDIA: „Die schlechte Lage am Wohnungsbaumarkt wird jetzt spürbar, was auch dazu führt, dass die Insolvenzen zunehmen“. Staub fügte hinzu: „Der Baugewerbe-Verband Niedersachsen weist seit Langem immer wieder darauf hin, dass durch die Baukrise perspektivisch Betriebe und somit Arbeitsplätze in Gefahr sind – die steigenden Insolvenzen sind ein Indikator dafür.“
Die Pleitewelle in der Bauwirtschaft Niedersachsens ist durch dramatisch gestiegene Zahlen gekennzeichnet. Zwischen Januar und Juni 2024 wurden insgesamt 904 Insolvenzanträge von Unternehmen bei den niedersächsischen Insolvenzgerichten eingereicht, während es im gleichen Zeitraum 2023 nur 669 waren. Dabei entfiel mit 186 Verfahren jede fünfte Insolvenz auf den Wirtschaftsbereich „Baugewerbe“. Dies entspricht einem überdurchschnittlich starken Anstieg um 53,7 Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr 2023. Bereits im März meldete ein bekanntes Hausbau-Unternehmen aus Niedersachsen Insolvenz an.
Mit dem Anstieg der Insolvenzen im Baugewerbe stieg auch die Zahl der bedrohten Arbeitsplätze: Während 2023 noch 375 Arbeitnehmer in 121 Betrieben betroffen waren, sind es in den ersten sechs Monaten dieses Jahres bereits 1.159 Beschäftigte, deren Arbeitsplatz bedroht ist, ein Plus von 209 Prozent, so kreiszeitung.de.
Forderungen an insolvente Bauunternehmen schießt in die Höhe
Die Forderungen an die insolventen Bauunternehmen haben sich 2024 auf 325 Millionen verzehnfacht. Die offenen Außenstände beliefen sich im Jahr 2023 laut Auskunft des Statistischen Landesamtes noch auf 31,6 Millionen Euro, im ersten Halbjahr 2024 waren es bereits gute 325,7 Millionen Euro – gut zehnmal so viel.
BVN-Chef Staub hofft jedoch, dass der dramatische aktuelle Rückgang der Baugenehmigungen von rund minus 24 Prozent gegenüber dem Vorjahr mittelfristig gestoppt wird: „Impulse wie die NBauO oder auch der Gebäudetyp E sollten zu Auftragssteigerungen im niedersächsischen Baugewerbe führen, sodass weitere Insolvenzen verhindert werden.“
Bereits im April hatte die Landesregierung in Niedersachsen eine Beschleunigung des Bauens angekündigt und versprochen, das Bauen im Bundesland einfacher, schneller und günstiger zu machen. Eine drastische Entbürokratisierung am Bau soll damit einhergehen.