Lehards in Dietramszell: Riesenspaß – auch auf kleiner Kutsche
Der positive Trend setzt sich fort: 2000 Zuschauer und 38 Gespanne waren am Samstag bei der Dietramszeller Lehards-Wallfahrt dabei.
Bis vor 15 Jahren ging es mit Lehards in Dietramszell stetig bergab. In den schwierigsten Zeiten beteiligten sich kaum mehr als zehn Gespanne. Doch seither hat sich einiges getan. Lehards lockt auch Pferde und Gespanne aus umliegenden Orten und Landkreisen an. Bei traumhaftem Wetter bestaunten am Samstagnachmittag um die 2000 Zuschauer die 38 sehenswert geschmückten Kutschen und Wagen. „Eine sehr schöne Anzahl“, kommentierte Lehards-Lader Hans Kanzler. „Gott sei Dank hat sich das in den vergangenen Jahren sehr positiv entwickelt.“
Schwierige Zeit in den 1960er-Jahren
Lehards hat in Dietramszell eine lange Tradition, am Samstag war es schon die 360. Auflage der Wallfahrt mit Bittgängen, Gottesdienst, Umritt, Jahrmarkt und Festzelt. Zwischenzeitlich hatte es ziemlich düster ausgesehen. Die Rösser verschwanden nach und nach von den Höfen, in den 1960er-Jahren führte Lehards in Dietramszell nur ein Mauerblümchen-Dasein. „Gott sei Dank haben wir es geschafft, durch diese Zeit zu kommen“, sagt Kanzler. Seither geht es aufwärts, und dies hat nach seiner Ansicht vor allem zwei Gründe. So gebe es auf den Höfen wieder mehr Rösser, und er selbst übernahm vor 15 Jahren das Amt des Lehards-Laders: „Früher hat man nur gewartet, wer kommt, ist aber nicht aktiv geworden. Jetzt laden wir dagegen alle persönlich ein, als Zeichen der Wertschätzung.“ Darüber hinaus sei die Organisation gestrafft worden, von der Gemeinde gebe es ebenso gute Unterstützung wie von Dekan Thomas Neuberger: „Der steht voll dahinter“, sagt Kanzler.
Wallfahrt ist Rückkehr zu den eigenen Wurzeln
Was motiviert Menschen, sich an der Wallfahrt zu beteiligen? „Für mich ist es eine Rückkehr zu meinen Wurzeln“, sagt Johann Kornbichler vom Trachtenverein Grünwald. „Mein Vater stammt aus Zell.“ Für die Kornbichlers ist es eine Familienangelegenheit – auf dem Wagen saßen auch Johann Kornbichlers Brüder, seine Frau, ihre Tochter und ihr Sohn sowie der Schwager als Vereins-Musiker. „In unserem Verein haben wir eine tragende Rolle“, sagt Kornbichler schmunzelnd. Es werde für Trachtenvereine aus dem Landkreis München-Land immer schwieriger, Teilnehmer an Wallfahrten zu gewinnen. Früher seien die „Isartaler“ auch bei Lehards in Bad Tölz und Benediktbeuern dabei gewesen, heutzutage nicht mehr.

„Vor richtig großen Pferden hätte ich bloß Angst“
Unübersehbar einen Riesenspaß hatten Katharina Piel und Annelies Höfner-Bauer auf der kleinen Kutsche hinter ihren beiden Shetland-Ponys. Die beiden strahlten mit der Sonne um die Wette: „Ich als alte Frau sitze auf so einer kleinen Kutsche. Ich schäme mich fast ein bisserl“, sagt Höfner-Bauer lachend. „Aber vor richtig großen Pferden hätte ich bloß Angst.“ Eigentlich müssten mit solch einer kleinen Kutsche Kinder fahren, findet sie. „Aber es geht auch ums Halten, wenn die Ponys unruhig werden.“ Für sie sei es eine Ehre, in Dietramszell dabei sein zu dürfen – und die Ponys mit Blumen zu schmücken. Sie sei in dieser Hinsicht „bewandert“ und wisse, wie man mit Blumen umgeht: „Sobald es eine Gelegenheit gibt, lege ich los“, erzählt sie. „Bei Hochzeiten, wenn die Kinder heiraten, gibt's für die Mama kein Halten mehr.“
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Begeistert von den intelligenten Shetland-Ponys
Katharina Piel sagt, sie nehme den Weg von ihrem Hof in Ellbach nach Dietramszell auf sich, weil es ihr Freude bereite und weil sie von ihren Ponys „total überzeugt“ sei: „Sie sind sehr intelligent, viel intelligenter als die größeren Pferde.“ Drei- bis viermal wöchentlich sei sie mit ihrem Gespann unterwegs. Früher sei sie immer mit ihren Kindern bei Lehards in Dietramszell dabei gewesen, doch diese seien ausgezogen. Und so ist Piel nun schon seit fünf Jahren mit Höfner-Bauer unterwegs.

Beim Gottesdienst ist die Kirche voll besetzt
Ihren Segen bekamen die Gespanne um Piel, Höfner-Bauer und Kanzler von Hans-Georg Platschek. Der Münchner Domkapitular kennt sich in Dietramszell – und vor allem im Kloster – bestens aus, „da ich im Ordinariat für Orden und Geistliche Gemeinschaften zuständig bin“. Abgesehen davon stamme der Dietramszeller Pfarrer Thomas Neuberger aus Moosburg, wo Platschek längere Zeit als Pfarrer tätig war. Auch in Moosburg habe es eine jährliche Segnung für „große und kleine Tiere aller Art“ gegeben. In seiner Predigt erinnerte Platschek an den Bau der Dietramszeller Kirche vor 250 Jahren: „Ich bemühe mich, mich kurzzufassen“, sagte er lächelnd mit Blick auf die voll besetzte Kirche, in der viele Gläubige sich mit Stehplätzen zufriedengeben mussten oder sogar vor der Türe zuhörten.

Weihe dauerte vor 250 Jahren „etwas länger“
Die Weihe habe „etwas länger“ als heutzutage gedauert. Der Weihbischof sei schon am Vortag angereist, habe mit Asche ein Kreuz durch die ganze Kirche gelegt und mit griechischen und lateinischen Buchstaben das Alphabet geschrieben: „Wahrscheinlich waren bei der Weihe schon Ihre Ur-Ur-Ur-Ur-Großmutter und ihr Ur-Ur-Ur-Ur-Großvater dabei“, sagte Platschek. Äußerlich habe sich zwar seither einiges geändert: „Aber wenn man lacht oder weint, wenn man Angst hat, wenn man seine Partnerin oder seinen Partner leidenschaftlich liebt oder um Angehörige trauert – alles, was das Menschsein ausmacht, hat es damals schon gegeben. Der Mensch bleibt Mensch und Gott bleibt der Schöpfer. Jeder muss schauen, wie er seinen Zugang dazu findet.“