Altkleider sammeln lohnt sich nicht

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Erding
  4. Erding

Kommentare

Dieses Jahr noch ein Erfolgsmodell: In Dorfen profitierte die Aktion Rumpelkammer noch von einem Altvertrag. © (HERBERT MOSER)

Nahezu im ganzen Landkreis müssen KLJB und DLRG Altpapier- und Altkleidersammlungen abblasen.

Erding – Wirtschaftlich sind es in vielen Bereichen schwierige Zeiten. Die Entwicklung trifft nun auch Wertstoffsammlungen, die doch nur einem guten Zweck zugutekommen sollen. Der Markt für Altkleider und Altpapier ist kein einfacher mehr. Vereinzelt haben kürzlich Sammlungen stattgefunden, die groß angelegte Aktion Rumpelkammer der Katholischen Landjugendbewegung (KLJB) im Landkreis ist jedoch größtenteils ins Wasser gefallen. Die Wartenberger DLRG hat ihre seit Jahrzehnten durchgeführte Sammelaktion in der Gemeinde nach dem jüngsten, schlechten Ergebnis bis auf Weiteres eingestellt.

85 Euro Erlös sind einfach zu wenig

„Die Preise für Altpapier und -kleider sind am Fallen und werden sich auf absehbare Zeit leider nicht erholen, sagt der Verwerter, an den wir die Wertstoffe liefern“, berichtet die Wartenberger DLRG um ihren Vorsitzenden Jürgen Hartmann. Nachdem der Altkleiderpreis gegenüber dem Frühjahr um 90 Prozent eingebrochen sei – für Altpapier sei er schon immer niedrig gewesen –, sei die Sammlung „alles andere als lukrativ gewesen“, so die DLRG. „Es ist das erste Mal seit 1992, dass wir mit der Sammlung weniger als 250 Euro erzielen konnten.“

Der Erlös der Sammlung Mitte Oktober lag brutto nur noch bei gut 85 Euro – im Frühjahr waren es noch gut 440 Euro, im Jahr 2023 bei den beiden DLRG-Aktionen im Frühjahr und Herbst über 3000 Euro. „Nach Abzug der Kosten für Sprit und Säcke bleiben uns von dieser Herbstsammlung unterm Strich weniger als 50 Euro. Hätte uns die Metzgerei Simeth die Brotzeit für die Helfer in Rechnung gestellt, wäre uns eventuell sogar ein Verlust entstanden“, bilanziert Hartmann.

Bitter für die Wasserretter: Der Erlös der Sammlung fließt stets in die eigene Arbeit und Kleidung, etwa für den Wachdienst am Thenner See.

Blaue Tonne und Billigklamotten

Die im Landkreis längst etablierte blaue Tonne spielt beim Papier eine Rolle. Als weitere Hintergründe der Abwärtsspirale vermutet KLJB-Kreisvorsitzender Sebastian Weber: „Die Währungskurse sind schlecht, die Transportkosten steigen.“ Und dann seien da noch die Online-Bestellung von Klamotten: „Lieber a Graffe für wenig Geld als was Gebrauchtes“, beschreibt Weber die Tendenz in der Gesellschaft.

Der 25-Jährige aus Thal in der Gemeinde Kirchberg organisiert die zweimal im Jahr vielerorts im Landkreis stattfindende Aktion Rumpelkammer. Die KLJB-Ortsgruppen sammeln im Frühjahr und Herbst zum Beispiel im Dorfener und Taufkirchener Raum, in Reichenkirchen, Hörlkofen, Nieder- und Oberding, Walpertskirchen oder Isen. Die von den Bürgern am Straßenrand abgelegten Zeitungen oder Kleidungsstücke werden an ein Unternehmen verkauft. Mit dem Erlös werden Projekte rund um den Globus unterstützt. Der Großteil geht laut KLJB-Homepage in Entwicklungsländer.

Vor gut einem Monat sollte es wieder so weit sein. Doch: „Anfang September hat sich unser Abnehmer für Altkleider aus Freiburg gemeldet.“ Die unschöne Nachricht: Die Firma habe bereits volle Lager, sie könne die Kleidung nicht gut vergüten. Mittlerweile sei der Altkleidermarkt „dicht: Ein Absatz der Ware ist nicht mehr möglich“. Das könne bis Mitte 2025 anhalten. „Ein Wechsel zu einem anderen Anbieter wird kaum möglich sein, weil ja alle unter Druck sind.“

Immerhin konnte die Aktion Rumpelkammer im Bereich Dorfen kürzlich stattfinden. Laut Weber bestand hier noch ein besserer Altvertrag. Federführend ist Herbert Moser, der früher schon als Ministrant mitgeholfen hat. Seit 1969 gebe es die Aktion bereits. Sicher habe die blaue Tonne beim Papier zur Entwicklung beigetragen, meint Moser. „Früher hat der Landkreis ein bisserl aufgestockt“, blickt er auf die Zeiten vor der Tonne zurück. Und was die Altkleider angeht, findet er: „Die Ware wird auch immer schlechter.“

Kolping setzt auf eigene Recyclingfirma

Von der aktuellen Entwicklung überrascht gibt sich Claus Rüdiger, der Sammlungsbeauftragte der drei Kolpingsfamilien Erding, Altenerding und Klettham, die im Stadtgebiet immer für Einrichtungen vor Ort, aber auch für Kolpingsprojekte über die Landkreisgrenzen hinaus Altkleider und -papier zusammentragen. Allerdings war die letzte Sammlung bereits im Frühjahr, sie findet nur einmal im Jahr statt.

„Sie ist heuer nicht schlecht gelaufen“, erinnert sich Rüdiger. Kolping setze dabei unter anderem auf seine eigene Recyclingfirma. Für kommendes Jahr, am 26. April, habe man den Volksfestplatz bei der Stadt Erding bereits gebucht.

Im Frühjahr ist auch die Aktion Rumpelkammer noch gut gelaufen, sagt Weber, der optimistisch bleiben will und auf kommendes Jahr hofft, aufgrund der Lage wohl aber erst im Herbst. „Bis jetzt war es sonst eigentlich immer rentabel“, sagt er. Selbst in einem schlechteren Jahr seien 1000 bis 2000 Euro übrig geblieben.

Die Wartenberger DLRG zieht dagegen einen Schlussstrich und bedankt sich bei Sammlern, Spendern und Helfern. Und sie hätte eine Bitte: „Wenn Sie uns weiterhin unterstützen wollen, können Sie das am besten mit einer Spende“, schreiben die Lebensretter im gemeindlichen Mitteilungsblatt. Und mit Galgenhumor: „Wenn jeder nur einen Euro spendet, übertreffen wir vermutlich die 85,60 Euro der letzten Sammelaktion deutlich.“

Derweil hofft Weber: „Die EU-Gesetzgebung könnte voraussichtlich kommendes Jahr manche Schwierigkeit lösen und eine Perspektive bieten.“ Vielleicht steigt dann ja auch die DLRG wieder mit ins Boot.

Auch interessant

Kommentare