"Darüber denkt Trump gerade nach": Insider erklärt Iran-Plan des US-Präsidenten
John Bolton ist gerade auf großer Medien-Tour. Der ehemalige Sicherheitsberater von Donald Trump in dessen erster Amtszeit hat gleich mehreren deutschen Medien Interviews gegeben, in denen er über die möglichen Pläne des US-Präsidenten im Iran-Konflikt spricht. Dabei gibt er interessante Einblicke, wie Trump in der aktuellen Lage ticken könnte.
Im "Spiegel" schilderte der Insider, wie die vergangenen Tage aus der Perspektive des US-Präsidenten wohl abgelaufen sind. "Ich glaube nicht, dass Trump an dem Plan beteiligt war", sagte er über den israelischen Angriff am vergangenen Freitag. "Jetzt ist er in einer schwierigen Lage: Er wollte mit Iran verhandeln. Er wird den Israelis gesagt haben, dass er nicht will, dass sie angreifen. Und dann haben sie es trotzdem getan."
Eigentlich hat Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu seinen Verbündeten damit brüskiert. Immer wieder hatte Trump versprochen, die USA aus Kriegen herauszuhalten. Manche Beobachter und auch Bolton spekulieren, dass er es mit diesem Kurs auf den Friedensnobelpreis abgesehen hat – so wie ihn einst Barack Obama erhalten hat. Zudem ist Trumps Verhältnis zu Netanjahu nicht besonders innig.
Bolton über Trumps Iran-Kalkül: "Will wieder vor die Welle kommen"
Warum also ist der US-Präsident mittlerweile zur Linie übergegangen, dem Iran mit harschen Worten zu drohen und eine Kriegsbeteiligung in den Raum zu stellen? Ex-Sicherheitsberater Bolton hat im "Spiegel"-Interview eine einfache Antwort dafür: Trump sei am Freitagmorgen ausgestanden "und sah wohl, dass die Operation ziemlich erfolgreich war. Die Aktienkurse legten zu. Also sagte er, dass er Israel unterstütze, der Angriff exzellent sei."
Zwar glaubt Bolton, dass Trump nach wie vor ein Atomdeal mit dem Iran lieber wäre. "Aber vor allem will er wieder vor die Welle kommen. Es ärgert ihn maßlos, dass er das Geschehen gerade nicht anführt. Vermutlich deswegen ist er so überstürzt vom G7-Gipfel in Kanada abgereist."

Im Interview mit dem "Stern" wird Bolton noch deutlicher. Ob es eine Rolle spiele, dass es aktuell so wirkt, dass Netanjahu Trump in den Schatten stellt? "Genau darüber denkt Trump gerade nach", so Bolton. Der Präsident mache sich große Sorgen, "dass Netanjahu einen großen Sieg erringen könnte". Und weiter: "Falls Israel einen militärischen Sieg einfährt, will Trump die Lorbeeren dafür einheimsen."
Trump von Republikanern unter Druck gesetzt
Bolton bringt noch einen anderen Grund ins Spiel, warum Trump möglicherweise nun doch ein militärisches Eingreifen im Iran in Betracht zieht. Die Mehrheit der Republikaner und selbst MAGA-Anhänger würden nichts davon halten, sich aus dem Konflikt herauszuziehen.
"Republikaner und echte Trump-Anhänger wollen Israel unterstützen und sie wollen keinesfalls, dass der Iran Atomwaffen bekommt", erklärte Bolton im Gespräch mit dem "Stern". "Vor einigen Wochen hat ein Großteil der Republikaner im Kongress in einem Brief an Trump gefordert, keinesfalls Iran die Anreicherung von Uran zu erlauben. 52 von 53 republikanischen Senatoren haben unterschrieben und 177 von 220 Abgeordneten."
Trump hat jetzt zwei gegensätzliche Alternativen
Zur Frage, wie Trump nun weiter vorgehen wird, präsentiert Bolton dem "Stern" zwei Alternativen. Die eine: "Netanjahu hat Trump um bunkerbrechende Bomben gebeten. Es ist gut möglich, dass Trump dieser Bitte nachkommt." Das sei auch problemlos möglich, die USA hätten 26 Luftbetankungsflugzeuge in den Nahen Osten geschickt. "Amerikanische B2-Bomber könnten von der Offutt Air Force Base in Nebraska starten, in der Luft betankt werden, den Iran bombardieren und nach Nebraska zurückfliegen."
Zum anderen hält der Ex-Trump-Berater es auch für gut möglich, dass der Präsident das genaue Gegenteil tut und eine große Konferenz mit Israel und dem Iran einberuft, um einen Deal zu machen. Beide Alternativen seien möglich, denn Trump "springt einfach von einer Sache zur nächsten".
Dem "Handelsblatt" sagte Bolton, dass auf Grundlage seiner Erfahrung aus der ersten Trump-Amtszeit eher keinen Einsatz der US-Streitkräfte anordnen wird. "Es sei denn, der Iran greift amerikanische Stützpunkte in der Region an oder blockiert die Meeresstraße von Hormus. Soll heißen: Aus einer defensiven Position heraus wären Militärschläge denkbar."
Bolton: Trump hat Nationalen Sicherheitsrat schwer beschädigt
Letztlich ist sich Bolton aber bewusst, dass Trump seine Meinung auch schnell ändern kann. Dem "Stern" erklärte er, dass es für ihn in seiner Anfangszeit als Sicherheitsberater schwer zu verstehen gewesen, dass Trump keiner außenpolitischen Doktrin folge.
Auch das ist ein Grund, warum Trump und Bolton sich entzweit haben. Bolton gilt als "Falke", also als ein Politiker, der von militärischen Lösungen für außenpolitische Probleme überzeugt ist. Trumps Strategielosigkeit – oder je nach Sichtweise auch Pragmatismus – hat den Ex-Sicherheitsberater zu einem scharfen Kritiker des US-Präsidenten gemacht. So ist es einerseits wenig verwunderlich, dass er Trump als erratischen Politiker darstellt, andererseits kennt er ihn aus nächster Nähe.
Zudem kennt Bolton die Strukturen in der US-Regierung – die seiner Meinung nach gerade zerbröckeln. Trump habe den Nationalen Sicherheitsrat schwer beschädigt. "Er hat quasi alle Mitarbeiter entlassen", erklärte er dem "Stern". Es gehe eigentlich darum, alle unterschiedlichen Teile der Regierung zusammenzubringen, um dem Präsidenten Informationen zu liefern, damit er eine fundierte Entscheidung treffen kann. Trump entscheide aber lieber aus dem Stegreif.