Der Brauch des Frauentragens im Pfarrverband Maria Tading: Maria wandert von Haus zu Haus
Die Heilige Maria ist zu Weihnachten zu Gast in vier Pfarreien. Ein altehrwürdiger bayerischer Brauch.
Forstern/Buch/Pastetten – Nächstenliebe, Hilfsbereitschaft, Freundschaft: Wichtige Werte, die besonders an Weihnachten in Erinnerung gerufen werden. Eine gemeinschaftliche Einstimmung in den Advent war im Pfarrverband Maria Tading wieder das Frauentragen. Analog zur Weihnachtsgeschichte, begab sich die schwangere Maria in den vier Pfarreien Forstern, Pastetten, Buch am Buchrain und Hohenlinden auf Herbergssuche. Den ganzen Dezember über haben die vier Statuen der Gottesmutter bei verschiedenen Gläubigen eine nächtliche Bleibe gefunden, ehe sie am Folgetag zur nächsten Unterkunft weitergezogen sind. Wir haben die Marienfiguren auf ihrem Weg durch den Pfarrverband begleitet.
Der Brauch des Frauentragens ist in Bayern weit verbreitet und wird in vielen Dörfern und Pfarreien praktiziert. Er bezieht sich auf die Situation, als Josef und seine schwangere Verlobte Maria in Bethlehem keine Unterkunft fanden und Jesus in einer Krippe geboren wurde.
Im Pfarrverband Maria Tading wurde das Frauentragen 2019 initiiert – als Teil des Festprogramms „300 Jahre Wallfahrtskirche Mariä Himmelfahrt Tading“. In den Folgejahren musste der Brauch aufgrund der Pandemie aussetzen, erinnert Dagmar Haberzettl-Ficklscherer. Sie ist Vorsitzende des Pfarrgemeinderats Hohenlinden und hat die Arbeitsgruppe Frauentragen in diesem Jahr geleitet. 2022 lief der Brauch wieder etwas schleppend an, und es waren nur zwei Marienfiguren unterwegs. „Dieses Jahr hat jede Pfarrei wieder eine eigene Bogenberger Muttergottes“, erklärt Haberzettl-Ficklscherer.
Wer sich beteiligten wollte, konnte sich bei Ansprechpartnern und Pfarrgemeinderäten der vier Gemeinden anmelden. Die registrierten Personen wurden dann informiert, wann die Madonna bei ihnen nächtigen wird und an wen sie die Statue danach weitergeben sollen.
Feierlicher Start der Wanderschaft der Marienfiguren war am ersten Advent. Beim Familiengottesdienst in Tading wurde auch die Weihnachtsgeschichte thematisiert. Die vier Marienfiguren wurden an Vertreterinnen aus den vier Gemeinden übergeben und gesegnet. „Maria wandert jetzt von Haus zu Haus. Nehmt sie bei euch auf und gebt ihr eine Herberge“, so der Appell von Pfarrer Christoph Stürzer.
Am ersten Abend ging die Marienfigur in der Gemeinde Forstern nach Karlsdorf zu Theresia Ganghofer. Die 64-Jährige ist in der dritten Periode Pfarrgemeinderatsmitglied und seit 2022 Vorsitzende. Mit ihrem Mann Richard (67) betreibt sie eine Landwirtschaft im Nebenerwerb. Ganghofer hat auch 2019 und 2022 beim Frauentragen teilgenommen und sagt: „Ich bin immer die Erste.“
Der Besuch der Madonna ist bei den Ganghofers Anlass für ein Familientreffen. Eingeladen werden die fünf Kinder samt deren eigener Familien. Wegen der starken Schneefälle am ersten Adventswochenende konnten heuer aber nur Tochter Maria und Sohn Markus mit ihren Familien kommen.

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Nicht nur für Ganghofer, auch für Kinder und Enkel ist der Besuch der Muttergottes ein besonderes Ereignis und inzwischen Tradition. Gemeinsam sitzen sie im weihnachtlich dekorierten Wohnzimmer, die Marienfigur steht auf dem Esstisch neben dem Adventskranz. Aus dem vom Pfarrverband ausgegebenen Begleitheft zum Frauentragen hat sich die Familie bereits eine Andacht ausgesucht. Außerdem singen sie „Wir sagen euch an den lieben Advent“. Beliebtes Abschlussritual ist eine Brotzeit, erklärte die Familie lachend, heuer: Ofenkartoffeln mit Kochsalami.
Die Pfarrgemeinderatsvorsitzende freut sich über die Anwesenheit ihrer Liebsten – und der Madonna: „Was die Maria alles auf sich genommen hat – das war schon nicht einfach.“ Auch in der heutigen Zeit hätten es nicht alle Menschen leicht, eine Herberge zu finden. Imponiert habe Ganghofer auch, dass Maria „fest an ihre Berufung geglaubt hat“. Die Geschichte zeige, dass man „nicht immer einfach nein sagen darf“. Ihre älteste, in Harthofen lebende Tochter flüstert daraufhin: „Die Mama war schon immer ein Muttergottes-Fan.“ Kein Wunder also, dass besagte Tochter ebenfalls den Vornamen Maria trägt.
Die Regel des Frauentragens besagt, dass man die Marienfigur am Folgetag zur nächsten Herbergsstation begleitet. Die Übergabe kann beliebig, aber gerne feierlich gestaltet werden, so die Vorgabe des Pfarrverbands. Wie im Vorjahr liegt Marias zweite Unterkunft in Forstern bei Ganghofers Bekannten in Bocköd. „Der Empfang ist dort immer nett“, erzählt sie. Neben dem Vaterunser wollen sie gemeinsam ein „Gegrüßet seist du, Maria“ beten und sich unterhalten.
In den vier Pfarrverbandsgemeinden haben sich heuer nicht nur gläubige Privatpersonen für das Frauentragen registriert. So war die Madonna auch zu Besuch bei Weihnachtsfeiern, beim Seniorennachmittag, bei der Marianischen Männerkongregation und bei Katholischen Frauengemeinschaften. Und auch einige Kindergärten haben sich angemeldet – wie die Kita Rosengarten in Buch am Buchrain. Erzieherin Annemarie Kastl, die bis vor Kurzem in Buch die Kinder- und Jugendgottesdienste mitorganisiert hat, erfuhr von der Aktion von der Bucher Ansprechpartnerin Agathe Bernhard.

Die Kindertagesstätte hat zum ersten Mal teilgenommen. „Wir haben es im Team besprochen, die Idee hat allen gefallen“, erklärt Kastl. Wichtig war den Erzieherinnen eine gemeinsame Einstimmung, denn die Marienfigur blieb gleich drei Tage lang in der Kita. Das Thema lautete: „Der Weg nach Weihnachten“. Im Foyer wurde ein Tisch aufgebaut, der den Weg von Josef und Maria nach Bethlehem zeigt. Kinder durften dann je eine der vier Kerzen anzünden. Die Marienfigur stand mittendrin, gemeinsam wurde außerdem das vorab einstudierte Lied „Leise leise kommt die Weihnachtszeit“ gesungen.
Um die 50 Kinder waren bei der Einstimmung anwesend. „Es war sehr besinnlich“, erzählt Kastl. „Die Kinder haben aktiv mitgemacht bei der Gestaltung und waren alle richtig ruhig.“ Danach ist die Muttergottes von Gruppe zu Gruppe gewandert, wo Marias Anwesenheit ebenfalls thematisiert wurde und alle Kinder sie aus der Nähe sehen wollten. „Manche haben im Morgenkreis dann auch schon nach der Maria gefragt.“ Das Rosengarten-Team ist mit der Teilnahme am Frauentragen sehr zufrieden. Kastl kann sich vorstellen, wieder mitzumachen, und kann den Brauch anderen Kitas nur empfehlen.
Besonders begehrt war die Madonna in Hohenlinden: Von 3. bis 20. Dezember war sie durchgehend unterwegs. In den drei anderen Pfarrverbandsgemeinden war die Nachfrage etwas geringer, doch es gab dort auch kurzfristigere Anfragen von Privatpersonen. „Gerade älteren Personen ist das sehr wichtig, und sie nehmen sich auch die Zeit für eine gemeinsame Andacht“, sagt Haberzettl-Ficklscherer.
Sie ist mit dem Frauentragen 2023 zufrieden und sagt: „Ich hoffe, dass auch die anderen Pfarreien nächstes Jahr weitermachen wollen.“ Freuen würde sich Haberzettl-Ficklscherer, wenn sich dann noch mehr junge Familien anmelden würden. Sie begrüßt, dass sich auch Kindergärten beteiligt haben. „Über die Kinder kommt es in die Familien, und vielleicht können wir diese dann noch mehr animieren.“ Die vier Marienfiguren kommen zur Christmette zurück in die Kirchen der vier Pfarreien.