Klimaschutz: Grünfläche statt Baustelle in Starnberg

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Diese Fläche zwischen Bahnlinie und Riedener Weg war bis vor einigen Jahren noch dicht bewachsen. © Privat

Die Stadt Starnberg schiebt Überlegungen einen Riegel vor, ein mehrere tausend Quadratmeter großes Grundstück zwischen Riedener Weg und Bahnlinie zu bebauen. Die Fläche soll stattdessen dauerhaft eine private Grünfläche bleiben und somit Klimaschutz, Wasserwirtschaft und Hangsicherung dienen.

Starnberg – Das große Grundstück zwischen dem Riedener Weg und der Bahnlinie, südlich des Sportplatzes des TSV Starnberg, war in diesem Jahr schon einmal Gesprächsthema im Starnberger Stadtrat. In der Februar-Sitzung drückten Anwohner des Riedener Weges in der Bürgerfragestunde ihre Besorgnis aus, dass durch umfangreiche Rodungsarbeiten der Hang instabil werden könnte, der hinter ihren Grundstücken steil in die Tiefe abfällt. In der jüngsten Sitzung des Starnberger Bauausschusses stand die Zukunft der mehrere tausend Quadratmeter großen Fläche nun ganz offiziell auf der Tagesordnung.

Grundstück ist offiziell nicht erschlossen

Die Stadtverwaltung schlug vor, einen Bebauungsplan für das Grundstück aufzustellen – „mit dem Ziel der Sicherung der Fläche als private Grünfläche aufgrund ihrer Funktionen für den Klimaschutz, die Wasserwirtschaft und die Hangsicherung“, wie es im Beschlussvorschlag hieß. Die Stadt will damit Bepflanzungen und den Erhalt von Bäumen sichern. Außerdem soll dort auch weiterhin Niederschlagswasser versickern können. Damit wollen die Verwaltung und der Bauausschuss, der dem Vorschlag mit 10:2 Stimmen folgte, einer möglichen Bebauung dort einen Riegel vorschieben.

Es handelt sich bei dem Grundstück nach Angaben der Verwaltung um eine ehemalige Kiesgrube mit einer an manchen Stellen bis zu elf Meter hohen und sehr steilen Böschung. Das Grundstück verfügt über keine gesicherte Erschließung und ist im Planfeststellungsbeschluss für den Bahnhof Nord aus dem Jahr 1995 erfasst. „Darin ist es als Ausgleichsfläche festgesetzt und demzufolge dahingehend zu entwickeln bzw. in seinem natürlichen Zustand zu erhalten“, hieß es in der Beschlussvorlage. Allerdings wurde vor 30 Jahren offenbar vergessen, eine bahnbetriebliche Nutzungsbindung zugunsten des Freistaats Bayern einzutragen.

Die Stadt schreibt dem Grundstück „sowohl in ökologischer Hinsicht als auch für das örtliche Grünflächen- und Niederschlagswassermanagement“ eine große Bedeutung zu. Zum Beispiel dient die Mulde als Retentionsraum für Niederschlagswasser aus der Blumensiedlung, das dort versickern oder verdunsten kann. Und der Baumbestand wirke sich hinsichtlich Klimaschutz und Feinstaubbindung positiv auf die Lebensqualität im näheren Siedlungsbereich aus.

Forstamt lehnt Antrag auf Rodung ab

Die beschriebene Idylle hat in den vergangenen Jahren allerdings deutlich gelitten, denn: „Die gesamte Fläche war bewaldet, ehe der Eigentümer um das Jahr 2020 herum am Muldengrund die Rodung von circa 4000 Quadratmetern Waldfläche vornahm“, schreibt die Stadt. Seitdem interessieren sich nicht nur die Anwohner, sondern auch das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Weilheim und das Forstrevier Starnberg für die Fläche.

Eigentümer Jochen Kirschner macht keinen Hehl daraus, dass er das Grundstück langfristig anderweitig nutzen möchte. Er habe in der Zwischenzeit einen Antrag auf Rodung gestellt, den habe das AELF jedoch abgelehnt, sagt er im Gespräch mit dem Starnberger Merkur. Vor etwa vier Wochen habe er den ablehnenden Bescheid bekommen. „Dagegen haben wir Widerspruch eingelegt.“ Es ist gut möglich, dass ein Gericht letzten Endes darüber entscheiden muss.

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Bereits im April hatte Kirschner im Starnberger Rathaus eine informelle Anfrage für die Zulässigkeit einer Freiflächenfotovoltaikanlage auf dem Grundstück gestellt. Flächen innerhalb von 200 Metern zu Bahnlinien gelten dafür als privilegiert. Aber: „Die Stadt will das nicht“, sagt Kirschner. Die PV-Anlage sei mittlerweile vom Tisch, dafür könne er sich auf der Fläche günstigen Wohnraum vorstellen. „Es gibt einen direkten Zugang zum Bahnhof Nord, die Baugrube ist quasi schon vorhanden, es muss nichts gespundet und auch keine Tiefgarage gebaut werden“, betont Kirschner. All das reduziere die Kosten. Nach der Entscheidung des Ausschusses wolle er nun aber zunächst einmal abwarten.

UWG-Stadtrat Gaßner ärgert sich über die Bahn

Ein Aufstellungsbeschluss verdeutlicht das planerische Interesse der Stadt. Bis sich daraus aber auch wirklich ein rechtskräftiger Bebauungsplan entwickelt, kann es Jahre dauern. „Das Grundstück ist nicht erschlossen, und die Topografie lässt in dieser Senke keine ordentliche Bebauung zu“, sagte Ludwig Jägerhuber (CSU) in der Ausschusssitzung. Dr. Franz Sengl (Grüne) bescheinigte dem Eigentümer ein „recht hemdsärmeliges Vorgehen“ und wunderte sich, warum die Stadt erst jetzt darauf reagiere. Einzig Franz Heidiniger (BLS) wollte ein Bauvorhaben nicht grundsätzlich ablehnen. „Fußläufig zum Bahnhof, das finde ich nicht so abwegig“, sagte er.

Prof. Otto Gaßner (UWG) stimmte zwar wie Heidinger gegen den Beschlussvorschlag, allerdings aus ganz anderen Erwägungen. Gaßner sieht nämlich die Deutsche Bahn am Zug. „Die eigentliche Schweinerei ist, dass sie das Grundstück verkauft hat.“ Noch vor ein paar Jahren sei es dort „ökologisch ganz toll und wild“ gewesen. „Und eigentlich kommt dort ja auch niemand hin“, sagte Gaßner. Das Eisenbahnbundesamt sei schon informiert, erklärte Stadtbaumeister Stephan Weinl. Für ihn war die Sache klar: „Es ist Wahnsinn, was dort passiert.“

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