Merz behauptet: Europa hat keine Lust mehr auf „stundenlang schweigenden“ Scholz
Europa „hat einfach keine Lust mehr“, Olaf Scholz zu treffen – meint Friedrich Merz. Der CDU-Kanzlerkandidat macht dem Bundeskanzler zahlreiche Vorwürfe.
Berlin - Friedrich Merz hat die Europapolitik der deutschen Regierung als „Totalausfall“ bezeichnet. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sei in der EU politisch isoliert, schrieb Merz nun in seinem Newsletter „MerzMail“: „Man muss es leider so sagen: Die Mehrzahl der europäischen Staats- und Regierungschefs hat einfach keine Lust mehr, den deutschen Bundeskanzler zu treffen, der entweder stundenlang schweigend dasitzt oder belehrend die Welt erklärt“, behauptete der CDU-Kanzlerkandidat. Auch Sicherheitsexperte Christian Mölling warnt vor einer zunehmenden Isolierung Deutschlands.
Als Beispiel nannte Merz den Besuch des französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Polen. Dort beriet er sich mit dem polnischen Premier Donald Tusk über die Ukraine-Politik. „Wieder nicht dabei: der deutsche Bundeskanzler“, so Merz. Der CDU-Chef hatte sich zuletzt für eine Europa-Kontaktgruppe ausgesprochen, um die Ukraine im Kampf gegen das imperialistische Russland von Präsident Wladimir Putin besser zu unterstützen.
Merz wirft Scholz-Regierung „zur Schau gestelltes Desinteresse“ vor
Weiter kritisierte der Christdemokrat das „zur Schau gestellte Desinteresse“ der Bundesregierung an der europäischen Politik. Das schade Deutschland und entwickele sich zunehmend zur Belastung der europäischen Politik.

Merz bezog sich auf die Wiedereröffnung der Kathedrale Notre-Dame vor über einer Woche in Paris, als Macron mit Wolodymyr Selenskyj und Donald Trump über den Ukraine-Krieg gesprochen hatte. „Der deutsche Bundeskanzler war eingeladen, aber er hatte offenbar keine Lust, nach Paris zu reisen“, schrieb Merz.
Merz wirft Bundesregierung einen „faktischen Ausfall“ vor
Der CDU-Chef unterstellte der Bundesregierung einen „faktischen Ausfall“ der deutschen Mitwirkung an europäischer Gesetzgebung. Die ständige deutsche Enthaltung in den Räten nenne man in Brüssel mittlerweile „German Vote“.
Zahlreiche Regierungsmitglieder – wie Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) – würden zu den Räten gar nicht hinfahren. Laut Merz habe es von der Bundesregierung in den vergangenen drei Jahren keine Initiative in Brüssel gegeben – etwa in der Flüchtlings- oder Wirtschaftspolitik.
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Angesichts der steigenden SPD-Umfragewerte zeigte sich Merz gelassen. Er habe mit einem Aufschwung der Sozialdemokraten gerechnet, erklärte der Unionspolitiker im Podcast Table.Briefings. Die Union sieht er weiterhin stabil – trotz leichter Zustimmungsverluste. (Jan-Frederik Wendt)