Genoppte Felder oder gefurchte Linien am Boden: An Bushaltestellen und Bahnsteigen kennt solche Leitsysteme jeder. Nun sollen sie blinden und sehbehinderten Menschen die Orientierung auch im Kornhaus erleichtern.
Kempten – „Es ist ein altes, ehrwürdiges Haus mit vielen Besonderheiten, die man berücksichtigen muss“, sagte Regine Ahr vom Amt für Gebäudewirtschaft im Beirat für Menschen mit Behinderung.
Die Markierungen aus Edelstahl führen von der Kreuzung an der Salzstraße rechts am Brunnenbogen entlang zum Haupteingang. Von dort laufen die Linien zu Garderobe bzw. Infopoint – wo auch die Hilfen für Menschen mit Höreinschränkungen ausgegeben werden – zum Südflügel, zum Aufzug sowie zum Treppenhaus. Wie ein Kreuz mit einer T-Kreuzung liegt das Muster auf dem Boden im Erdgeschoss.
„Achtung, hier kann man abbiegen!“, das signalisieren jeweils 40 mal 40 Zentimeter große Noppenfelder. 30 mal 60 Zentimeter sind die Felder groß, wenn sie Garderobe, Aufzüge und Treppen ankündigen. Ähnlich läuft die Erschließung ab Eingang Nord, der auch eine barrierefreie Klingel besitzt und das Foyer im 1. Obergeschoss.
Nicht-öffentliche Bereiche sind ausgenommen
Ausgespart von diesem Leistsystem sind die nicht-öffentlichen Bereiche, das Innere der Säle mit ihrer Bestuhlung sowie Stellen mit denkmalgeschütztem Dielenboden, wie das Foyer vor dem kleinen Saal. „Es ist aber immer eine Person vor Ort, die helfen kann“, sagte Ahr. Außerdem könne zusätzlich eine Ansage im Aufzug auf die Gegebenheiten aufmerksam machen.
Die Treppen sind markiert an den ersten und letzten Stufen, darüber hinaus flankieren sie durchgehende Handläufe, an denen man eine Profilschrift ertasten kann. Auf diese Weise wissen blinde und sehbehinderte Menschen, in welchem Stockwerk sie sich gerade befinden. Entlang der denkmalgeschützten Treppe Nord schwingt sich der Handlauf an der Innenseite hinauf.
Optische und taktile Hilfen
Auf den zahlreichen Orientierungsschildern erhält jedes Stockwerk eine eigene Farbe. Aus dem Beirat kam die Anregung, das Farbspektrum zur besseren Unterscheidung noch größer zu wählen. Und in Rücksprache mit dem Beiratsvorsitzenden Waldemar Ruf verzichtet man nun darauf, auch die an den Eingängen an Stelen vorgesehenen Stockwerkspläne mit einem tastbaren Plan zu ergänzen. „Manchmal funktioniert das gar nicht so gut, man wird schmutzig und nass“, erklärte Regine Ahr den Grund. „Die Stele ist nicht barrierefrei und wir können sie gar nicht nutzen“, so Ruf, „deshalb würde ich sie gar nicht anzeigen.“
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Dr. Dominik Spitzer (FDP) befürchtete, dass das Bodenleitsystem zu nah am Brunnen platziert sei, weil der Wind meist aus Westen blase und die Menschen mit Sehbehinderung nassgespritzt werden könnten. Und was ist mit der anderen Brunnenseite?, wollte er wissen. Wiedemann erklärte, dass es schon wichtig sei, an der Brunnenkante auf die Gefahr aufmerksam zu machen. Der Abstand der Rillen zum Brunnen betrage 30 bis 50 Zentimeter.
Wer von der Wartenseestraße her komme, orientiere sich an der Hauskante und biege bereits vorher links Richtung Haupteingang ab, so dass auf dieser Seite entlang des Brunnens keine Rillen nötig seien.
Die Mitglieder im Beirat für Menschen mit Behinderung diskutierten auch, was es mit der vom Haupteingang direkt zum Zaun verlaufenden Markierung auf sich hat. Wer von Norden herkomme, stoße auf diese Linie und könne sich so orientieren und ins Kornhaus gelangen. Wer sich auskenne, könne es auf diese Weise wieder verlassen und wer nicht, wird zur Kreuzung geleitet, so Ruf.
Auf Anraten Spitzers wird geprüft, ob der Behindertenparkplatz von der Kornhausrückseite zum anderen nach vorne verlegt werden kann.
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