Bei den Johannitern in der Haubenschloßstraße finden Kinder, die den Tod einer geliebten Person verarbeiten müssen, nun einen geschützten Ort. Unter der Leitung von Trauerbegleiterin Viviana Boy gibt es regelmäßig Gruppenstunden. Im Februar ist das Angebot an den Start gegangen, nun wurden die Räume mit Gästen und Förderern eingeweiht.
Kempten – „Oftmals wenden sich Angehörige an uns, die sich ernsthaft Sorgen machen“, erklärt Viviana Boy, die Leiterin des neuen Lacrima-Zentrums in Kempten. Warum ist das Kind auf einmal ängstlich? Warum will es plötzlich wieder im Elternbett schlafen? Warum nässt es wieder ein? Warum ist mein Kind so wütend? Das können Fragen sein, die Kinder nach dem Tod einer engen Bezugsperson mit Begleitung zum Angebot der Johanniter bringen.
„Kinder tun sich schwer, mit Angehörigen zu sprechen“, erklärt Boy, „sie haben Angst, sie noch trauriger zu machen, und ziehen sich zurück.“ Eine erste Beruhigung für die Nächsten ist oft schon die Botschaft, dass die Trauerwege so verschieden sein können wie die Menschen selbst. „Kinder trauern übers Tun“, erklärt die Trauerbegleiterin.
„Pfützentrauer“ – Pausen für die Trauer
Das merke sie auch in den Gruppenstunden. Dabei hätten die Kinder ganz eigene Ressourcen, wie zum Beispiel Trauerpausen, die die Erwachsenen oftmals verlernt hätten: „Die Kinder spielen und plötzlich sagen sie, ‚der Papa ist tot und ich bin traurig‘, dann widmen sie sich wieder ihrem Bagger.“
Zu Lacrima können sie mit allen ihren Gefühlen kommen und sie verarbeiten. Im Zwei-Wochen-Rhythmus treffen sich die Kleinen unter der Obhut von ehrenamtlichen Trauerbegleitern. Im Februar ist eine Gruppe für Sechs- bis Zwölfjährige eröffnet worden, eine weitere startet in diesen Tagen. Eine Jugendgruppe ist im Aufbau.
Bei der Einweihung zeigten die Ehrenamtlichen die Räume: Im Foyer findet normalerweise die Begrüßung mit Handpuppe Lacrima statt. Dann geht es für die Kinder in den Toberaum, wo sie sich nach ihrem Schultag bei Kreisspielen auspowern können. Die Angehörigen haben in einem Zimmer im Obergeschoss die Möglichkeit, sich über die Trauer der Kinder auszutauschen.
Nach der Einstiegsphase findet das Kerzenritual im „Jugendraum“ statt: Jedes Kind zündet eine Kerze an und erzählt, wem sie gewidmet ist. Dann kann es um ein bestimmtes Thema wie „Wut“ gehen. „Hier haben wir zum Beispiel ein passendes Bilderbuch angesehen, Wutbälle gebastelt, sie an der Wand des Toberaums ausprobiert, um anschließend im Ritualraum Ermutigungskarten zu lesen“, erzählt Boy. Zwischen den festen Ritualen zu Beginn, in der Mitte und am Ende eines Treffens kann ein solches Thema im Zentrum stehen oder die Kinder bewegen sich frei in den Räumen.
In der Schnupperstunde basteln alle zusammen eine Kerze für Rituale zu Hause. „Rituale sind unglaublich wichtig“, sagt Boy, „wir würden dazu raten, individuelle Rituale zu Hause zu etablieren.“
Auch die Eröffnungsfeier wurde mit Ritualen zelebriert. Boy zerschnitt eine mächtige rote Schleife am Eingang, Pfarrerin Michaela Kugler sprach den Segen und für Gaumenfreuden sorgten Häppchen und Getränke. Das Trio „Kaiserinnenschmarrn“ erfreute die Feiernden.
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Betroffene Familien und Interessierte am Ehrenamt können sich unter Tel. 0831/52157 202 oder per Mail an lacrima.kempten@johanniter.de an die Johanniter wenden. Weitere Infos gibt es im Netz unter www.johanniter.de/kempten/lacrima
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