Für Kandidatur bei der Europawahl: EVP zwingt von der Leyen auf konservativere Linie
Die EU-Kommissionspräsidentin soll zur Spitzenkandidatin der EVP ernannt werden. Doch inhaltlich driften von der Leyen und ihre Partei auseinander.
Bukarest – Ursula von der Leyen (CDU) strebt eine zweite Amtszeit als EU-Kommissionspräsidentin an. Die frühere Verteidigungsministerin will nach der Europawahl zwischen dem 6. und 9. Juni ihren Posten behalten und weiter die politischen Geschicke der Europäischen Union anleiten. Am Donnerstag (7. März) soll von der Leyen auf dem EVP-Parteitag in Bukarest zur Spitzenkandidatin für die bevorstehende Wahl ernannte werden. Doch im Wahlprogramm der Europäische Volksparteien ist die Handschrift der Kommissionspräsidentin kaum zu erkennen. Von der Leyen muss bei mehreren Punkten Rückschläge einstecken.
Von der Leyen erhält Gegenwind aus den eigenen Reihen – EVP-Abkehr vom „Green Deal“
Am deutlichsten zeigt sich das mit Blick auf den europäischen „Green Deal“ – von der Leyens Vorzeigeprojekt. Bis 2050 will die CDU-Politikerin damit die EU klimaneutral machen und somit für die Zukunft rüsten. Doch grüne Akzente treffen offenbar nicht nur in Deutschland nicht den Zeitgeist konservativer Politiker. Auch die EVP geht in ihrem Wahlprogramm erst einmal wieder auf Distanz zu den Forderungen. In dem Programm heißt es, der Green Deal dürfe die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen nicht einschränken und die Landwirtschaft nicht gefährden.
Die Positionierung zeigte sich auch in den vergangenen Monaten im EU-Parlament, als EVP-Abgeordnete gegen Gesetzesvorlagen der EU-Kommission gestimmt hatten. Mangels Unterstützung sah sich von der Leyen etwa gezwungen, Vorschläge für weniger Pestizide zurückzuziehen.

EVP-Programm zur Europawahl: von der Leyen soll „Kontrolle über die Migration“ behalten
In dem rund 23-seitigen Wahlprogramm, mit dem Titel „Unser Europa, eine sichere und gute Heimat für die Menschen“, schlägt die EVP bei der Migrationspolitik ebenfalls eine härtere Gangart an. Europa müsse wieder „Kontrolle über die Migration“ erhalten, heißt es in dem Manifest unter Anspielung auf die mehr als eine Million Asylanträge, die im vergangenen Jahr in den 27 EU-Ländern, Norwegen sowie der Schweiz gezählt wurden.
Im Programm enthalten ist auch ein Passus zu Asylverfahren in „sicheren Drittstaaten“. Eine Forderung, die in Deutschland vor allem aus den Reihen der Unionsparteien gestellt wird. „Wer in der EU Asyl beantragt, könnte auch in einen sicheren Drittstaat überstellt werden und sich dort dem Asylverfahren unterziehen“, heißt es in dem Wahlprogramm der EVP, ähnlich wie in dem Entwurf zum neuen CDU-Grundsatzprogramm. „Bei positivem Ausgang gewährt der sichere Drittstaat dem Antragsteller Schutz vor Ort“, schreibt die EVP.
Die Regelung würde den erst im Dezember 2023 verabschiedeten EU-Asylpaket noch einmal deutlich verschärfen. In diesem war erstmals das Stellen von Asylanträgen an der EU-Außengrenze vorgesehen. Kritiker, vor allem von der politischen Linken, warfen den Konservativen bereits in den vergangenen Monaten vor, sich mit den Forderungen rechtspopulistischen Kräften anzubiedern. EVP-Chef Manfred Weber wies die Vorwürfe vor dem Parteitag zurück. „Es gibt für uns eine klare Brandmauer gegenüber allen Rechtsradikalen auf dem Kontinent“, schrieb der CSU-Politiker in einem Beitrag auf X.
EVP schreibt von der Leyen zur Europawahl 2024 konservativeren Kurs vor
Am Donnerstagmittag sollen die rund 2000 Delegierten von der Leyen zur Spitzenkandidatin ernennen. Gegenkandidaten gibt es nicht, weswegen die Wahl der Kommissionspräsidentin als sicher gilt. Von der Leyen muss dann im Wahlkampf und nach der Europawahl im Juni das konservative Programm umsetzen, das ihre Partei ihr vorgeschrieben hat.
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EVP-Chef Weber stellte sich zuletzt jedoch öffentlich hinter von der Leyen. „Ursula von der Leyen ist unsere Spitzenkandidatin, und alle programmatischen Positionen der Europäischen Volkspartei werden von Ursula von der Leyen geteilt“, stellte Weber während des Parteitags noch einmal unmissverständlich klar. Dies gelte selbstverständlich auch für das Europawahl-Manifest. (fd mit Material von afp)