Scholz und Taurus, Macrons Ukraine-Truppen – Weber sieht „Versagen europäischer Spitzenpolitiker“

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Scholz und Taurus, Macrons Ukraine-Truppen – Weber sieht „Versagen europäischer Spitzenpolitiker“

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Vor dem EVP-Parteitag übt Manfred Weber massive Kritik an Scholz und Macron. Im Interview stellt er klare Forderungen zu Europas Reaktion auf die russische Gefahr.

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen (CDU) nimmt die nächste Hürde, um für fünf weitere Jahre an der Spitze der Brüsseler Schaltzentrale zu bleiben: Die Europäische Volkspartei (EVP) will die 65-Jährige am Donnerstag (7. März) zu ihrer Spitzenkandidatin für die Europawahl küren. Vor dem Parteitag in Bukarest sprachen wir mit Manfred Weber (CSU), dem Fraktions- und Parteichef der europäischen Konservativen.

Herr Weber, vor der letzten EU-Wahl wählte Sie der EVP-Kongress zum Spitzenkandidaten – Kommissionspräsidentin wurde aber Ursula von der Leyen. Wie viel Sinn machen solche Veranstaltungen?

Weber: Das war 2019 eine Niederlage für die europäische Demokratie. Aber es ist abgehakt. Wir als EVP stehen zum Prinzip des demokratischen Europas. Siegreiche Spitzenkandidaten müssen später auch ins Amt kommen.

Die CSU gilt nicht als Fanclub von Frau von der Leyen. Wie kann man sie im Wahlkampf am besten verstecken?

Weber: Sie hat als Kommissionschefin gemeinsam mit uns als EVP-Fraktion Europa in sehr, sehr schwierigen Phasen zusammengehalten. Erst in der Coronakrise, dann nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine. Skeptiker sollten wissen: Wenn nicht Ursula von der Leyen Präsidentin wird, dann haben wir Chaos in Brüssel und die Grünen das Vorschlagsrecht für den deutschen Kommissar.

Gefahr durch Putin vor der Europawahl – „Man spürt, dass Deutschland nicht stark geführt wird“

Sie ist das kleinste Übel?

Weber: Nein, sie hat Europa gut geführt. Wir haben bei der Gesetzgebung erfolgreich gearbeitet, beispielsweise bei der Digitalisierung. Wir sind der erste Kontinent, der ein Gesetz für Künstliche Intelligenz auf den Weg gebracht hat. Und wir sind die Partei des Green Deals. Wir zeigen, wie man Klimaschutz und Wirtschaftswachstum zusammenbringt. Ich bin stolz auf das, was wir geschafft haben.

Die Bundeswehr lässt sich abhören. Die Ampel blockiert Gesetzesabmachungen. Was bekommt man als Deutscher derzeit in Brüssel zu hören?

Weber: Mit dieser Bundesregierung hat man einen schweren Stand. Die Berliner Verunsicherung ist wahrnehmbar. Man spürt, dass Deutschland nicht stark geführt wird. Das lähmt Europa – dabei müssten wir jetzt entschlossene Antworten auf die Gefahr durch Wladimir Putin geben.

European Parliament plenary session in Strasbourg
Manfred Weber, Partei- und Fraktionschef der Europäischen Volkspartei © JULIEN WARNAND

Sind wir gegenüber Russland noch immer zu naiv?

Weber: Wir waren lange Zeit extrem naiv. Ich hatte früh gewarnt. Nun müssen wir zügig und konsequent die richtigen Lehren ziehen. Das heißt: so stark sein, dass Putin keinen Gedanken daran verschwendet, uns herauszufordern.

EVP-Chef Weber: „Macron und Scholz haben den Westen gespalten“

Wie ernst nehmen Sie die jüngsten Drohungen?

Weber: Wir müssen leider alles ernst nehmen, was aus Moskau kommt. Aber wir dürfen nicht aus Angst und Verunsicherung heraus handeln. Die einzige Botschaft, die Putin versteht, ist, wenn wir Stärke zeigen. Das gilt auch vor dem Hintergrund der US-Wahl. Wir müssen einkalkulieren, dass Donald Trump wieder ins Amt kommt. Deshalb müssen wir uns wehrhaft machen. Die Zeit drängt.

Konkret?

Weber: Der europäische Pfeiler der Verteidigung muss schnell ausgebaut werden. Wir brauchen eine Standardisierung von Waffensystemen und gemeinsame Beschaffung von Rüstungsgütern sowie einen Verteidigungskommissar. Eine gemeinsame Cyber-Defence und ein europäischer Raketenabwehrschirm wären notwendig.

Diese Forderungen haben Sie schon seit Jahren. Warum passiert denn nichts?

Weber: Wir erleben leider ein Versagen europäischer Spitzenpolitiker. Olaf Scholz spaltet seine eigene Regierung mit seinen politisch falschen Aussagen zu den Taurus-Raketen. Dazu kommt Emmanuel Macron, der mit seiner Forderung nach Bodentruppen alle irritiert. Frankreich wäre damit Kriegsteilnehmer. Beide haben in der vergangenen Woche den Westen gespalten. Wir brauchen aber solide Führung.

„Putin wurden genügend Angebote gemacht“

Als Friedenskanzler trifft Scholz sicher den Nerv vieler Deutschen. Kann die Union mit der Forderung nach Taurus-Lieferungen Wahlen gewinnen?

Weber: Die Union war historisch immer auf der richtigen Seite. Denken Sie an die Wiederbewaffnung nach dem Zweiten Weltkrieg oder den Nato-Doppelbeschluss. Auch heute liegen wir richtig. Putin wurden im Lauf der Jahre genügend Angebote sozialdemokratischer Appeasement-Politik gemacht – Gerhard Schröder lässt grüßen. Putin hat nicht angenommen. Diese Ansätze sind gescheitert.

Wo ist Ihre rote Linie?

Weber: Wir müssen die Ukraine mit aller Kraft unterstützen, dürfen aber nicht selbst zur Kriegspartei werden. Unser Ziel ist es, den Frieden in der EU zu sichern.

Interview: Christian Deutschländer und Mike Schier

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