Krankenhausplanung: Kreistag kritisiert Gesundheitspolitik von Bund und Land – „Unverschämtheit“
So freundlich wie im letzten Kreistag wurde die Geschäftsführung der Krankenhaus Weilheim-Schongau GmbH schon lange nicht mehr bei ihren Auftritten im Gremium behandelt. Der Unmut richtet sich stattdessen gegen die Gesundheitspolitik in Bund und Land.
Landkreis – „Ich bin positiv überrascht, wie gut das Gesundheitszentrum in Schongau funktioniert“, sagte Andreas Schmid (BfL/Peiting) in der Debatte über den Bericht der Geschäftsführung. Er habe als Kassenpatient einen Facharzttermin gebraucht. Da warte man ja gern mal ein paar Monate. Im SOGesund habe er binnen acht Tagen einen Termin bekommen und werde hervorragend behandelt. „Dazu noch eine leichte Anfahrt und keine langwierige Parkplatzsuche“, lobte er. Marianne Porsche-Rohrer (CSU/Schongau) pflichtete ihm bei.
Hans Mummert (SPD/Penzberg) hatte derweil reichlich Wut im Bauch. „Es kann nicht angehen, dass wir jetzt die Staatsregierung loben, dass sie einen 7-Punkte-Plan für die Krankenhausplanung vorgelegt hat“, schimpfte er. Das sei die ureigenste Aufgabe des bayerischen Gesundheitsministeriums. Dass man diese erst jetzt anfange wahrzunehmen, sei „eine Unverschämtheit, weil man die Krankenhäuser und die Landkreise bislang damit alleingelassen hat“.
Da fühlte sich Susann Enders (Freie Wähler/Weilheim) durchaus angesprochen. Schließlich ist sie nicht nur Landtagsabgeordnete, sondern auch Generalsekretärin der Freien Wähler, die gemeinsam mit der CSU seit 2018 den Freistaat regiert. Sie sehe deutliche Kritik an der Politik des Bundes und des Freistaats beim Umgang mit den Krankenhäusern, so Enders. „Und das ist berechtigt“, ergänzte sie.
Erst kürzlich habe sie sich mit einem offenen Brief an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach gewendet. „Ich habe nicht mal eine Antwort bekommen, obwohl ich sogar ein Foto von mir und Pflegekräften beigelegt habe“, so Enders. „Null Erkenntnis, null guter Wille“ sei bei Lauterbach erkennbar.
Landrätin übt Kritik an Vorgehen des Freistaats in Sachen Krankenhäuser
Auch auf Landesebene sei es schwierig gewesen, das Thema aufs Tapet zu bringen, räumte Enders ein. In ihrer Funktion als gesundheitspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion habe sie schon 2018 in engem Kontakt mit dem Gesundheitsministerium gestanden. „Da hatte ich intern mit der damaligen Gesundheitsministerin Melanie Huml intensiv darüber verhandelt, dass der Freistaat seine Aufgabe in der Krankenhausplanung übernehmen muss“, berichtet sie.
Zuvor hatte Landrätin Andrea Jochner-Weiß scharf kritisiert, dass das Land nicht festlege, welches Krankenhaus welche Rolle im Freistaat übernehmen soll. Stattdessen sollen Landräte und Geschäftsführer konkurrierender Krankenhäuser sich abstimmen, wer künftig welche Spezialisierung übernehmen soll. „Das bringt doch nichts. Keiner will den Blinddarm, jeder will die Hüfte“, so die Landrätin.
Die Kritik sei bekannt, meinte Enders. Der Ausbruch der Corona-Pandemie habe damals die Gespräche mit dem Gesundheitsministerium unterbrochen: „Da hatten wir alle andere Sorgen.“ Jetzt habe sie allerdings maßgeblich am 7-Punkte-Plan der Landesregierung mitgewirkt. Insbesondere zwei Punkte seien ihr wichtig gewesen, berichtete Enders. Zum einen, dass eine „Matrix zur Vorhaltung von Rettungsmitteln“ erstellt werde. Das bedeute, dass der Freistaat festlege, wo überall Notaufnahmen erhalten bleiben müssen, damit die Rettungszeiten eingehalten werden können.
Meine news
Ebenso wichtig sei ihr gewesen, dass der Freistaat auf die Rückzahlung von Fördermitteln verzichte, wenn im Zuge der Krankenhausreform Nutzungsänderungen an Krankenhäusern erfolgen. „Das rettet uns in Schongau, ansonsten hätten bei der Transformation in ein Gesundheitszentrum Millionenrückzahlungen und damit die Pleite gedroht“, so Enders.
Enders fordert: Krankenhausreform schnellstmöglich durchwinken
Sie appellierte an den Freistaat, die vom Bundestag beschlossene Krankenhausreform schnellstmöglich durchzuwinken und nicht den Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat einzuschalten. „Sonst droht mindestens ein weiteres halbes Jahr Verzögerung und die Mittel fließen später“, warnte sie. Jetzt müsse die Reform schnellstmöglich in Kraft treten und Geld fließen, dann könne weiterverhandelt werden.
Diesbezüglich machte sich Peter Erhard (CSU/Böbing) wenige Illusionen. „Die Politik wird uns erst unterstützen, wenn die kalte Marktbereinigung erfolgt ist“, meinte er mit Blick auf die zahlreichen Krankenhauspleiten in Deutschland, die derzeit gemeldet werden. Da werde erst eingeschritten, wenn sich die Zahl der überlebenden Krankenhäuser deutlich reduziert habe. „Das müssen wir überstehen. Und die Chancen stehen gut: Medizinisch sind wir voll auf dem richtigen Weg, der Kreistag steht hinter dem Krankenhaus und seinen Mitarbeitern, das nötige Geld steht bereit.“
Emotionale Reaktion des Geschäftsführers
Kerstin Engel (Grüne/Penzberg) wollte wissen, warum auch der Krankenhaus-Standort in Weilheim immer noch mehr als fünf Millionen Euro Verluste mache. Schließlich müsse er doch von der Schließung des Schongauer Krankenhauses profitiert haben. Von Geschäftsführer Thomas Lippmann wollte sie wissen, wie sich das Unternehmen nach 2027 konkret entwickeln solle, wenn die Krankenhausreform abgeschlossen ist.
Übrigens: Alles aus der Region gibt‘s auch in unserem regelmäßigen Schongau-Newsletter. Und in unserem Weilheim-Penzberg-Newsletter.
„Eine Prognose geht nicht, es gibt keinerlei Infos, alles ist vollkommen unklar“, antwortete dieser hörbar aufgeregt. Sein Stellvertreter Claus Rauschmeier setzte hinzu: „Ich bin ganz froh, dass Herr Lippmann die Emotionen abgeräumt hat, dann kann ich jetzt zum ersten Teil der Frage kommen.“ Von der Schließung des Schongauer Krankenhauses hätten insbesondere die Krankenhäuser in Landsberg und in Weilheim profitiert. „Da können wir froh und dankbar sein, dass wir in Weilheim tatsächlich 220 Betten statt der 160 haben, die im Krankenhausplan stehen.“ Er rechne damit, dass Weilheim nach der Anerkennung als Versorger der Notfallstufe II mehr Planbetten bekomme. Damit wären auch Zuschüsse und höhere Einnahmen verbunden.