Übergabe wie aus dem Bilderbuch
Seit mehr als zehn Jahren verleiht die gwt Starnberg mit dem Wirtschaftsforum Landkreis Starnberg den Wirtschaftspreis. Die Ausschreibung stand heuer unter dem Motto: „Ich bin dann mal weg... – wie Unternehmen ihre Nachfolge erfolgreich gestalten“. Die Gebrüder Klarwein GmbH in Weßling gehört zu den Finalisten.
Weßling – Üblicherweise präsentieren sich Unternehmen gerne mit schicken Büros, großen Foyers, am besten noch mit Kunst an den Wänden. Bei der Gebrüder Klarwein GmbH in Weßling ist das anders. Dort sitzen alle, Chefs und Mitarbeitende, in schlichten Containern, umgeben von Kies- und Erdbergen, vor den Fenstern donnern Lkw und Radlader vorbei. Vielleicht ist das auch eines der Geheimnisse der Familie Klarwein, die eine bilderbuchmäßige Firmenübergabe in die nun vierte Generation am 1. Oktober offiziell abgeschlossen hat. Geschäftsführer sind dann die Kinder Karin (36), Andreas (39) und Christian (42).
Die drei Kinder von Anneliese (63) und Karl Heinz Klarwein (72) sind natürlich schon viel länger im Unternehmen aktiv, die Anfänge reichen bis hinein in die Teenagerjahre. „Ich hab‘ mir in den Ferien mein Geld in der Firma verdient“, erinnert sich Andreas Klarwein in einem Pressegespräch mit der ganzen Familie in einem Besprechungsraum in den Firmencontainern. Alles ganz normal und angenehm einfach. An der Wand hängt ein großes Bild von einer imposanten Baugrube in München, im Glasschrank stapeln sich Modelle von Radladern. Ab 1. Oktober ist auch Schwester Karin offiziell Mitgeschäftsführerin, die Brüder sind es schon seit 2017, und auch für Karin ist es nur eine Formalie, weil sie grundsätzlich schon seit 2012 dabei ist, die Brüder sogar seit 2006.
Karl Heinz Klarwein stieg 1970 in dritter Generation in das 1912 gegründete Unternehmen ein. Damals saßen Klarwein und Sohn noch in Forstenried. Mit seinem Bruder Erwin gründete Karl Heinz Klarwein 1982 die Gebrüder Klarwein GmbH. Mit dem Umzug 2003 auf die vier Hektar große Fläche bei Weßling trennten sich die Brüder, Erwin blieb in München. „Ein Kiesgrubengelände war immer mein Traum“, sagt Karl Heinz Klarwein heute. Dennoch waren die ersten Jahre schwer, die Klarweins mussten Schulden aufnehmen. „Das war damals eine starke Last, sie haben Mut bewiesen“, sagt Tochter Karin. 25 Angestellte gab es 2003. Heute sind es 100.
Interessen der Kinder schnell erkennbar
Als die Kinder aus dem Gröbsten raus waren, stiegt Anneliese Klarwein in die Firma ein und machte die Buchhaltung. „Sie ist mit dem Baby auf dem Arm zu Kunden und hat Angebote abgegeben“, sagt Karl Heinz Klarwein. Die Kinder erinnern sich an Eltern, die immer arbeiteten, alles Geld in die Firma steckten. Und nichts fern hielten von den Kindern. „Immer ehrlich sein“, das antwortet Mutter Anneliese auf die Frage, was sie Eltern rät, die sich eine Nachfolge durch ihre Kinder wünschen. „Es gehörte alles zu unserem Leben dazu und war selbstverständlich“, fügt Karl Heinz Klarwein hinzu. „Und ich hab ihnen immer das Für und Wider erklärt.“
Dabei schauten die Eltern auch genau auf ihre Kinder. „Man hat früh gesehen, welche Fähigkeiten jeder hat“, sagt Vater Klarwein. „Aber wir haben es ihnen nicht angeschafft“, betont seine Frau. Andreas Klarwein erinnert sich, dass er schon als Bub auf dem Gelände unterwegs war, die Lkw faszinierend fand, mitfahren durfte. Schnell war klar, dass er Kraftfahrzeugtechniker lernen wollte. Auch Christian Klarwein saß als Bub im Lkw, befasste sich früh mit Zahlen und studierte schließlich Betriebswirtschaft. Karin Klarwein hat einen Abschluss in Umwelt- und Bauingenieurwesen.
Heute sind die komplexer werdenden Arbeitsbereiche aufgeteilt. Christian Klarwein, den sein Bruder Andreas als „lebendigen Taschenrechner“ bezeichnet, kümmert sich um Auftragsbeschaffung, effiziente Durchführung und technische Leitung. Andreas organisiert Fuhrpark, Personal, Tagesorganisation und Schüttgutvermarktung sowie das Marketing. Karin ist für Projektkontrolle, kaufmännisches Personal sowie Standortplanung und -entwicklung verantwortlich.
Einmal im Monat tagt der Familienrat. Natürlich sind die Eltern noch im Geschäft. „Wir dürfen noch“, sagt Anneliese Klarwein mit einem Augenzwinkern. Gerade erst haben die Klarweins eine kaufmännische Leitung eingestellt. „Das war ein Prozess für uns, jemanden zu finden, dem wir Vertrauen schenken“, gesteht Karin Klarwein. Die Mutter soll es entlasten, Karl Heinz Klarwein ist ja offiziell längst Rentner, aber natürlich noch präsent.
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Eine große Recyclinganlage ist im Genehmigungsverfahren, 2028 soll sie gebaut werden. Recycling, Altlastensanierung, Erdarbeiten, Kiesgrubenbetrieb, Substrateherstellung für den Straßenbau – angesichts der Aufgabenbereiche scheint die Verteilung der Arbeit Sinn zu ergeben. „Es gibt in unserem Bereich viel Potenzial“, fasst Andreas Klarwein zusammen. Dennoch wolle das Unternehmen gesund wachsen, „wir sehen Wachstum nicht als Selbstzweck“.